In Den Armen Des Normannen
»Ich dachte, dass Andre vielleicht ein wenig Gesellschaft beim Essen haben wollte, da er all die Festlichkeiten unten verpasst.«
»Das ist eine nette Geste, Edyth. Ich bin sicher, Andre würde sich über ein wenig Gesellschaft freuen.« Andres Augen hatten aufgeleuchtet, als er Edyth gesehen hatte. Sie hatte sich große Mühe gegeben und eine sehr hübsche blassrosa Tunika mit dem dazu passenden Unterkleid ausgewählt. Er sah sie an und sagte: »Edyth, Euer Haar sieht aus wie Silber im Mondlicht. Würdet Ihr wirklich meine Gesellschaft den Freuden unten in der Halle vorziehen?«
Lillyth lächelte vor sich hin, als sie ging. Die beiden hatten nicht einmal bemerkt, dass sie gegangen war.
Zum Abendessen kleidete sich Lillyth sehr sorgfältig, sie gab sich viel Mühe, ihr Haar kunstvoll mit Bändern zu frisieren, die sie in ihre Locken flocht. Sie zog ein limonengrünes Seidenkleid an, das für einen Winterabend nicht wirklich passend war, doch die große Menschenmenge in der Halle unten zusammen mit dem riesigen Feuer im Kamin würde es erstickend heiß machen. Sie beeilte sich, als sie feststellte, dass es schon ziemlich spät war. Im Flur kam sie an ihrer Mutter vorbei, die ein schwer beladenes Tablett trug.
»Lady Mortain hat Migräne, deshalb dachte ich, es wäre wohl besser, wenn sie in ihrem Zimmer zu Abend isst.«
»Kann ich dir irgendwie helfen, Mutter?«, fragte Lillyth.
»Nein, Kind, sie hat mehr als genug Ladys bei sich, die bereit sind, ihr jeden Wunsch zu erfüllen, aber ich will verdammt sein, wenn ich zulasse, dass sie meine Küche übernehmen.«
»Du beeilst dich besser, damit du nach unten kommst, Mutter, denn sonst wird alles aufgegessen sein.« Lillyth lachte.
Sie betrat die Halle und stellte fest, dass bereits alle Platz genommen hatten. Ihr Blick ging sofort zu Guy, und sie erstarrte vor Entsetzen, als sie feststellte, dass Simonette neben ihm an ihrem eigenen Platz saß. An Lillyt h s Platz! Wie konnte er sie nur so beleidigen? Sie hob stolz den Kopf und ging langsam aber entschlossen an Roberts rechte Seite. Sie lächelte ihn strahlend an, als er aufstand und ihr auf den Platz seiner Frau half. Bier und Wein flössen in Strömen, und Lillyth beobachtete voller Verachtung, dass Guy sein Trinkhorn immer wieder auffüllte.
»Ich besitze einige Becher, die ich Euch gern schenken würde«, meinte Robert. »Ich trinke nicht so gern aus diesen Trinkhörnern. Das einzige Problem wird sein, sie in all dem Gepäck zu finden, aber keine Angst, ich werde einen der Diener dazu abstellen, alles zu durchsuchen, bis er sie gefunden hat.«
»Danke, Sire.« Sie lächelte ihn an.
»Nein, keine Förmlichkeiten, bitte, Lillyth. Dies ist Wein aus meinen eigenen Weinbergen, den wir heute Abend trinken.«
»In diesem Fall werde ich noch etwas davon nehmen«, meinte sie und trank, bis sie ein wenig beschwipst war. Die Menschen in der Halle waren in einer ausgelassenen Stimmung. Die Stimmen und die Musik wurden immer lauter, ein oder zwei Mal brach auch ein Streit aus, meistens, weil zu viel Alkohol getrunken wurde. Die Männer und Frauen gaben sich ganz und gar ihrem Vergnügen hin, was normalerweise in der Halle von Guy de Montgomery nicht üblich war. Der Tanz begann, und die Tische wurden beiseite geschoben, um mehr Platz zu bekommen. Sobald Guy Simonettes Hand nahm und sie auf die Tanzfläche führte, ergriff Lillyth Roberts Hand und zog ihn aus der Halle. Ihre Flucht war erfolgreich, Guy würde erst nach einer Weile bemerken, dass sie nicht mehr da waren. Sie würde gerade lange genug wegbleiben, um ihn ordentlich zu quälen!
Sie lächelte Robert an. »In der Halle war es so unerträglich heiß und stickig. Ich dachte schon, ich würde ohnmächtig werden. Ihr habt doch nichts dagegen, wenn wir einen kleinen Spaziergang machen, oder?«
»Schönen Frauen lasse ich immer ihren Willen«, versicherte er ihr. »Wohin sollen wir gehen?«
»Das ist mir gleichgültig! Wir wollen unsere Umhänge holen und zu den Pferden gehen, danach können wir uns die Falken ansehen, dann werden wir auf den Wachturm klettern, und ich werde Euch die Aussicht zeigen.«
»Aber es ist dunkel.« Er lachte laut auf.
»Genau!«, meinte sie und zwinkerte ihm übertrieben zu.
Sie entwendeten ein paar Umhänge, die hinter der Tür hingen und verschwanden dann in der Nacht, wie zwei Verschwörer. Der Schnee fiel jetzt dicht, und Lillyth hob das Gesicht, damit die Schneeflocken darauf fielen. Sie lief hinüber zu den Ställen. »Ihr
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