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In den Armen des Schotten

In den Armen des Schotten

Titel: In den Armen des Schotten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Chapman
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Tempo, damit der Schlitten beim rauen Übergang vom See zum festen Boden keinen Schaden nahm. Dann folgte sie einem gewundenen Pfad zum Weg für Schneemobile.
    Maine verfügte über ein erstaunlich gut ausgebautes Wegenetz für Schneemobile, das viele der im Winter unbenutzten Forstwege nutzte. Diese »Autobahnen« waren der ganze Stolz der örtlichen Schneemobil-Clubs, die sie instand hielten. Diese Wege waren fast genauso breit und häufig sogar ebener als die Straßen, auf denen Autos fuhren.
    Man kam eindeutig schneller auf ihnen voran.
    Megan blieb an einer Kreuzung stehen, schaute, ob ein Schneemobil kam, und bog dann auf die Schneemobilstraße ab, auf der sie auf fünfunddreißig Meilen pro Stunde beschleunigte. Sie konnte Jack immer noch in ihrem Rückspiegel sehen und fragte sich, wie es ihm wohl gefiel, nur hinterherzufahren. Wenn ein Mann der Besitzer eines Schneemobils war, das bis zu neunzig Meilen pro Stunde beschleunigen konnte, dann bedeutete das eigentlich, dass er eine Bleifußmentalität haben musste. Hatte Jack die?
    Natürlich. Schließlich hatte er sich nicht ohne Grund einen derart beeindruckenden Flitzer gekauft!
    Großer Gott! Sah er in ihr etwa so ein naives Schneehäschen, das einem Mann, der eine solche Rakete fuhr, sofort vor die Füße sank?
    Nein. Jack kannte sie besser.
    Litt er dann vielleicht unter dem Komplex, ein kleiner Mann zu sein?
    Megan schnaubte etwas undamenhaft. Jack mochte vielleicht zehn Zentimeter kleiner sein als die Männer in ihrer Familie, aber er wirkte keineswegs so, als versuche er irgendjemandem etwas zu beweisen. Sich drei Tage in Folge zusammenschlagen zu lassen – dazu kam noch der Kuchen, den Camry ihm ins Gesicht geschleudert hatte –, war nicht gerade das, was man als beeindruckend bezeichnen würde.
    Megan ertappte sich dabei, dass sie jetzt schneller fuhr, und merkte, dass der Druck von ihrer Blase ausging. Verdammt. Da waren sie gerade mal eine halbe Stunde unterwegs, und schon musste sie pinkeln. Sie fuhr weiter, bis sie einen wenig benutzten Weg entdeckte, der nach rechts abbog. Nach hundert Metern fuhr sie an den Rand und stellte den Motor ab.
    Jack blieb direkt hinter ihr stehen. Megan nahm ihren Helm ab, stieg von ihrem Schlitten und ging zu ihm hin. »Ich muss mal kurz für kleine Mädchen«, erklärte sie. »Stell den Motor ab, damit wir hören, wenn jemand kommt.«
    Er nahm seinen Helm ab, sah sie mit gerunzelter Stirn an und meinte: »Warum hast du nicht daran gedacht, ehe wir aufgebrochen sind?«
    »Hab ich ja. Aber versuch mal, eine längere Strecke zu fahren, wenn ein Baby auf deiner Blase sitzt.«
    Sein Blick richtete sich auf ihren Bauch, und sein eben noch genervter Gesichtsausdruck wandelte sich zu einem Grinsen. »Oh, daran habe ich überhaupt nicht gedacht.« Er streckte die Hand aus, um den Schlüssel seines Schneemobils zu drehen, doch dann hielt er inne und sah sie an. »Bist du dir sicher, dass man den Motor einfach abstellt? Sollte man die Dinger nicht besser ein paar Minuten im Leerlauf anlassen?«
    Megan streckte die Hand aus und stellte seinen Schlitten ab. »Es ist genau umgekehrt, Jack. Wenn du einen starken Motor wie diesen zu lange im Leerlauf lässt, kann er überhitzen. Du bist doch in Medicine Lake aufgewachsen … warum weißt du dann nichts über Schneemobile?«
    »Grand-père gehörte der alten Schule an. Wir sind überall mit Schneeschuhen hingegangen. Mit sechzehn hatte ich ein Schneemobil, aber es war älter als ich und gab innerhalb eines Monats seinen Geist auf. Es liegt wahrscheinlich immer noch dreißig Meilen nördlich von Medicine Lake im Wald.«
    »Du hast Camry und mir erzählt, dass dein Urgroßvater starb, als du fünfzehn warst, und danach vom Jugendamt betreut wurdest.«
    »Ich habe auch erzählt, dass ich wieder weggelaufen bin.« Er sah sie grinsend an. »Weil sie mich dort auch das erste Mal nicht gefunden hatten, bin ich geradewegs dorthin zurückgegangen, wo Grand-père und ich gelebt hatten. Die Bewohner von Medicine Lake führten die Sozialarbeiter, die nach mir suchten, in die Irre und gaben mir seltsame Jobs, damit ich mich über Wasser halten konnte. So bin ich auch an den Schlitten gekommen. Ich habe ihn für ein bisschen Herumdoktern bekommen.«
    Megan sah ihn aus schmalen Augen an. »Du hast auch gesagt, du hättest die Gabe deines Urgroßvaters nicht geerbt.«
    »Aber ich hatte seine Kräuter geerbt. Und ich hatte ihn oft genug begleitet, wenn er sich um die Kranken gekümmert hat.

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