In den Armen des Spions
Tagebuch,
es gibt wenig zu berichten bis auf die Anspannung, die uns alle in ihrem Griff hält. Alexandria mag zwar eine berühmte alte Stadt sein, aber ich habe bislang nur wenig davon zu sehen bekommen. Seit unserer Expedition zum Markt gestern, haben wir die Herberge nicht mehr verlassen. Auf dem Dach sind rund um die Uhr zwei Wachposten.
Nur Gareth und Mooktu sind die Einzigen, die hinausgehen, aber sie tun das stets zu zweit, patrouillieren in den umliegenden Straßen und halten nach Sektenanhängern Ausschau, die sich zu einem Angriff sammeln. Bislang hat es noch keinen Alarm gegeben, aber sie haben viel zu viele Männer durch die Menge schlüpfen sehen, um irgendwem von uns zu erlauben, dass wir in unserer Wachsamkeit auch nur eine Sekunde nachlassen.
ln solch angespannter Atmosphäre war es unmöglich, die entstehende Verbindung zwischen Gareth und mir zu erforschen. Ich habe nicht gefragt, aber ich hoffe, eine Schebecke ist ein Wasserfahrzeug von vernünftiger Größe, das uns eine gewisse Ungestörtheit verschafft, in der wir unser bislang nicht öffentlich gemachtes Werben weiterentwickeln können.
Bis wir Alexandria verlassen haben, bleibt mir nichts anderes übrig, als zu warten.
E.
Im ersten Morgengrauen verließen sie die Herberge und gingen ruhig durch die stillen Straßen zum Hafen. Mullins hatte die ausgezeichnete Idee, ihre Reisetruhen - solide, unverkennbar englische Truhen - gegen einfachere aus Holz auszutauschen, die ebenso solide waren, aber auch eindeutig arabisch, und die Jemal in seinem Lagerraum herumstehen hatte. Sie hatten alle die Vorteile, die das mit sich brachte, erkannt und hatten dementsprechend fleißig daran gearbeitet, alle Hinweise auf englische oder auch nur europäische Herkunft aus ihrem Erscheinungsbild zu tilgen. Die kleine Gruppe, die an jenem Morgen an den Docks eintraf, an denen schon mehrere Schiffe zum Auslaufen mit der Morgenflut bereit gemacht wurden, war von den anderen nicht zu unterscheiden, die darauf warteten, an Bord zu gehen.
Gareth, der die landestypische Kopfbedeckung aus großen Stofftüchern trug, die glücklicherweise weite Teile seines Gesichts verdeckten, führte sie ohne erkennbare Eile den Kai entlang. Seine ganze Haltung erweckte den Eindruck, als gehörte ihm irgendwo ein kleines arabisches Königreich.
Der Rest von ihnen folgte in der gewohnten Ordnung. Als Gareth an einer Gangway stehen blieb, hochblickte und den Kapitän beim Namen rief, drehte Emily rasch den Kopf und betrachtete das Schiff - und es gelang ihr nur mit einiger Mühe, sich ein Stöhnen zu verkneifen.
Eine Schebecke war deutlich kleiner als ein Schoner.
Und zudem mit Waren beladen.
Wo, zum Teufel, sollten sie nur alle Platz finden?
Die Frage hallte in ihrem Kopf wider, als der Kapitän Gareth förmlich an Bord willkommen hieß und dann alle Übrigen aufforderte, ebenfalls an Deck zu kommen.
Dort bestätigten sich Emilys Befürchtungen. Die drei mit Burkas verhüllten Frauen wurden unter Deck gebracht - zu einer einzelnen Kabine am Heck, in der drei Hängematten aufgespannt waren. Es blieb nicht viel Raum übrig.
Kurz darauf folgte auch ihr Gepäck. Sobald das auf dem Boden stand und ihnen gerade genug Raum ließ, von der Tür zur Hängematte und zu dem kleinen Bullauge zu gehen, kämpfte sich Emily aus ihrer Burka und schaute sich noch einmal um, sowie die Tür sich geschlossen hatte. Aber auch ohne die durch den Schleier behinderte Sicht bot sich ihr kein ermutigenderer Anblick.
»Hier ist ja noch nicht einmal Platz genug, um sich irgendwo hinzusetzen!«
Männer! Das Wort dachte sie mit all der Verachtung, die sie im Moment für das andere Geschlecht empfand. Dorcas runzelte die Stirn. Arnia murmelte etwas. Emily hatte noch nicht einmal genug Platz, um empört auf und ab zu laufen.
Das Schiff durchlief eine Art Beben; Emily umklammerte den Türrahmen. Dann begriff sie, dass sie ausliefen, und begab sich, wobei sie sich an den Hängematten festhielt, zum Bullauge. Sie spähte hinaus und sah, wie die Hafenanlage zurückwich - und das erstaunlich rasch.
»Wenigstens scheint das Ding hier schnell vorwärtszukommen.«
Sie, Dorcas und Arnia hatten strikte Anweisung, unter Deck zu bleiben, um die Chance zu verringern, dass sie von ihren Häschern erkannt wurden, die mit Sicherheit alle auslaufenden Schiffe von den beiden Landzungen am Ende des riesigen Hafens aus beobachteten.
Sobald die Schebecke weiter draußen in der Bucht freiere Gewässer erreichte, musste der
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