In den Armen des Spions
weises. Er und seine Leute würden bald schon wieder fort sein, aber der Bey würde bleiben und über diese Leute herrschen.
Der Bey befragte kurz die übrigen Anwesenden, dann entließ er sie. Während sie hintereinander aus der Halle gingen, erleichtert, einer Bestrafung entkommen zu sein, kam der Bey zurück zu Gareth, der mit den anderen noch in der Eingangshalle stand.
Der Blick des Beys glitt über die drei Frauen, die alle unter ihren Burkas verborgen waren, dann sah er Gareth an.
»Diese Dame, die Nichte des Gouverneurs, sie reist mit Ihnen?«
Gareth nickte.
»Es ist meine Pflicht, sie auf der Heimreise nach England vor den Anhängern des Kultes zu beschützen.«
»Gut.« Der Bey legte Gareth eine Hand auf die Schulter. »Kommen Sie, gehen wir ein kleines Stück spazieren.« Er schaute zu den Frauen. »Und wenn es nicht gegen Ihre Regeln verstößt, wie es, glaube ich, nicht der Fall ist, kann die betreffende Dame uns begleiten?«
Ohne eine Sekunde zu zögern, hob Emily ihre Burka an und schlug den Stoff vor ihrem Gesicht zurück, machte einen Schritt vor und knickste.
»Eure Exzellenz.«
Der Bey schien von der anmutig bezeigten Ehrerbietung angetan. Er verneigte sich im Gegenzug.
»Ich bin entzückt, Ihre Bekanntschaft zu machen.« Galant bot er ihr den Arm. »Das macht man so, nicht wahr?«
Emily lächelte und legte ihre Hand auf seinen Arm.
»Ganz recht, Eure Exzellenz.«
»Gut.« Mit einem Blick zu Gareth winkte der Bey ihn zu sich. »Kommen Sie - wandeln Sie mit mir durch den Kreuzgang.«
Gareth schaute vielsagend zu dem Rest ihrer Gruppe, er wartete stumm.
Seinem Blick folgend hob der Bey eine Hand.
»Ihre Leute dürfen in die Unterkunft zurückkehren. Ich werde ihnen Wachen mitschicken, und der Hauptmann wird Sie und Ihre Dame dann nachher persönlich durch die Stadt begleiten.«
Gareth neigte den Kopf.
»Danke.«
Während Mooktu und die übrigen Mitglieder der kleinen Reisegesellschaft mit den Wachen die Halle verließen, ging Gareth mit Emily und dem Bey, der sie durch einen wunderbar verzierten Torbogen in den gefliesten Kreuzgang führte, der um einen Innenhof verlief.
Sie schlenderten unter den Säulen entlang, während der Bey ihnen verschiedene Skulpturen und Mosaike zeigte, die sie pflichtschuldig und auch ganz aufrichtig bewunderten. Sobald sie den Innenhof einmal umrundet hatten, brachte der Bey sie in einen kleinen Salon, von dem man den Brunnen im Hof sehen konnte und winkte sie zu weichen Sitzpolstern. Sobald sie Platz genommen hatten, kam er auf den Punkt.
»Ich muss Sie um einen kleinen Gefallen bitten - eine unbedeutende Gefälligkeit, wenn Sie sich dazu bereitfinden können, sie mir zu erfüllen.« Er schaute von Gareth zu Emily und wieder zurück. »Ich hoffe, im nächsten Jahre mehreren europäischen Herrscherhäusern einen Besuch abzustatten, und wie es die europäische Sitte ist, möchte ich, dass meine Gattin - meine Hauptfrau, die Begum - mich begleitet. Und mein vertrautes Gefolge ebenfalls. Allerdings hat bis auf mich selber, wobei das aber viele Jahre her ist, als ich noch ein junger Mann war, keiner hier Erfahrung mit europäischen Manieren. Und keine Erfahrung aus jüngster Zeit.« Er machte eine Pause, dann sah er Gareth an. »Ich hatte gehofft, ich könnte Sie morgen mit Beschlag belegen und Sie und Ihre Dame zum Dinner am Abend einladen, damit Sie uns - mir, der Begum und denjenigen, die mich auf der Reise begleiten werden - erklären und zeigen, wie man sich an europäischen Tafeln benimmt.«
Gareth blinzelte kurz überrascht, dann schaute er zu Emily - las ihre Überraschung und die Neugier in ihren Augen. Er schaute den Bey an und neigte förmlich den Kopf.
»Es ist uns eine Freude, Ihnen zu Gefallen zu sein, Eure Exzellenz.«
17. November 1822
Abends
ln meinem Zimmer im Gasthaus in Tunis
Liebes Tagebuch,
ich kritzele nur rasch ein paar Zeilen nieder, denn ich habe nicht viel Zeit, weil ich gleich anfangen muss, mich für das, was vermutlich das seltsamste Dinner meines Lebens sein wird, fertig zu machen. Der Bey wünscht, dass Gareth und ich sein Gefolge darin unterweisen, wie man sich in höheren Kreisen in Europa bei Tisch verhält. Da der Bey der Herrscher dieser Stadt ist, war es unmöglich, ihm seine Bitte abzuschlagen.
Heute Nachmittag, nachdem er den Vormittag damit verbracht hat, nach dem Kapitän zu suchen, den Laboule für die Fahrt nach Marseille empfohlen hat, bislang leider ohne Erfolg, hat Gareth sich mit mir
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