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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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Männern gut zurecht, weil er unbeschwert war von irgendwelchen gesellschaftlichen Barrieren, die ihn, den künftigen Offizier, davon hätten abhalten können, sich mit einfachen Matrosen anzufreunden.
    Mit 25 war Shackleton Offizier der Handelsmarine, ein selbstsicherer, gesprächiger Mann mit einem Faible für den Dichter Browning, den er ad infinitum zitieren konnte. Seine Offizierskollegen mochten ihn, obwohl sie in ihm einen untypischen Offizier sahen. Da er eine Chance witterte, Ruhm und möglicherweise auch das Vermögen zu erwerben, das ihm helfen könnte, Emily Dorman zu gewinnen, die Frau, an die er sein Herz gehängt hatte, bewarb er sich bei Scotts Expedition, obwohl er keinen besonderen Wunsch hegte, in die Antarktis zu fahren, und sich auch kaum für die wissenschaftliche Forschung interessierte. Zunächst wurde seine Bewerbung abgelehnt. Doch er verfügte in sogar noch höherem Maß als Scott über die Fähigkeit, andere Menschen zu bezaubern, und befreundete sich mit Cedric Longstaff, dem Sohn des stillen und freundlichen Sponsors der Expedition. Das Ergebnis war, dass Longstaff senior anfragte, ob für diesen charismatischen Offizier eine Stelle gefunden werden könnte. Armitage stellte einige Nachforschungen an; die Antwort fiel allgemein positiv aus, und Shackleton hatte es geschafft. In Hochstimmung nahm er Urlaub und meldete sich bereit.
    Shackleton sollte auf der Suche nach dem Südpol eine entscheidende Rolle spielen, aber er gehörte niemals zu Scotts engstem Kreis. Ganz anders dagegen Edward Adrian Wilson, der Mann, der über ein Jahrzehnt später an der Seite Scotts sterben sollte, in »seinen Augen einen tröstenden blauen Hoffnungsblick«. 8 Im Laufe der Jahre ist Wilson wahrscheinlich der am wenigsten kritisierte und am meisten bewunderte der Männer gewesen, die den Südpol erreichten. Er wurde 1872 in Cheltenham in eine Familie hinein geboren, deren Stammbaum auf väterlicher Seite viele Quäker aufweist. Das Motto der Familie lautete res non verba , »Taten, nicht Worte« – eine Einstellung, die er von ganzem Herzen guthieß. Er war Abstinenzler mit einer angeborenen Abneigung gegen Rohheit und Vulgarität, aber kein Musterknabe. Er besaß ein feines Gespür für das Lächerliche und eine stille Kraft, die die Menschen anzog. Er wurde von vielen seiner Kameraden als Freund und Mentor betrachtet. Er verabscheute Selbstmitleid, reagierte aber auf die wirklichen Probleme anderer paradoxerweise immer mit Sympathie und Verständnis. Er war ein entschiedener Asket, was sich in seiner großen, schlanken, adlergleichen Gestalt widerspiegelte, die ein Freund sogar mit der eines Vollblutpferdes verglich.
    Von seiner Mutter als das klügste und lustigste ihrer Kinder beschrieben, legte er schon im Alter von drei Jahren ein ungewöhnliches Zeichentalent an den Tag. Mit sieben entwarf und zeichnete er Weihnachtskarten, was er ein Leben lang beibehielt. Sein frühestes Sammelalbum enthielt Bilder von Arktisforschern, und aus orangefarbenem Papier fertigte er seine eigene Mitternachtssonne an. Seine andere Leidenschaft galt dem Sammeln – er hortete Muscheln und Fossilien, Schmetterlinge und getrocknete Blumen und verkündete als Neunjähriger, dass er Naturforscher werden würde. Er kaufte sich Instrumente zum Enthäuten und Ausstopfen von Tieren.
    Es machte ihm großen Spaß, sich in der Natur aufzuhalten, die ihn in eine Art spiritueller Verzückung versetzte. Manchmal lag er, in eine Pferdedecke eingewickelt, unter dem Sternenhimmel und lauschte dem Gesang der Vögel. Später, als er in der antarktischen Ödnis an Schneeblindheit litt, erinnerte ihn das Geräusch seiner durch den Schnee zischenden Skier daran, wie er in seinem geliebten Gloucestershire durch die fetten, saftigen Wiesen mit den Glockenblumen streifte. So groß war seine Passion für die Natur, dass er als Medizinstudent in London seine Zimmer mit Weiden-, Haselnuss-, Erlen-, Tannen- und Birkenzweigen ausschmückte. Von seinem Vater ermuntert, gewöhnte er sich an, alles, was er sah, zu beobachten, zu notieren und zu skizzieren, und er verfügte wirklich über eine scharfe Beobachtungsgabe.
    Im Cheltenham College, wo er wegen seiner roten Haare »Ginger« genannt wurde, war er ein guter Sportler. Er war zwar kein glänzender Schüler, aber fasziniert von den Naturwissenschaften, und er kam gut genug voran, um mit einem Stipendium an das Gonville and Caius College in Cambridge zu gehen und sich dort auf das Bachelor-Examen in

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