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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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jenem Abend auf, bevor Sie die Nachricht von Mrs. Alberton erhielten? Sie sagten, Sie hätten mit Freunden zu Abend diniert?«
    »Ja, in Lord Harlands Haus am Eaton Square. Ich fürchte, die Gesellschaft zog sich weit länger hin als erwartet. Ich kam erst kurz nach drei Uhr morgens nach Hause. Daher war ich auch noch wach, als der Bote kam.«
    »Verstehe. Vielen Dank.« Mit einer schwungvollen Geste wandte Deverill sich an Rathbone und lud ihn mit einem Wink ein, die Befragung fortzusetzen.
    Casbolt hatte nichts vorgebracht, was Rathbone in Frage stellen wollte, nichts, was er noch klarzustellen wünschte. Rathbone hätte das Verfahren gerne in die Länge gezogen, in der Hoffnung, Monk würde noch auf Informationen stoßen. Doch Deverill würde es auf jeden Fall bemerken, vielleicht sogar auch die Geschworenen.
    Er erhob sich halb von seinem Platz. »Ich habe keine Fragen an den Zeugen, Euer Ehren.«
    »Gut. Dann ziehen wir uns zur Mittagspause zurück«, sagte der Richter düster.
    Rathbone hatte den Gerichtssaal kaum verlassen, als er Judith Alberton und Hester auf sich zukommen sah.
    Philo Trace war nur wenige Schritte von ihnen entfernt, aber er näherte sich ihnen nicht. Rathbone schoss die Frage durch den Kopf, welchen Part genau Philo Trace in dem Waffenhandel gespielt hatte. Könnte er derjenige gewesen sein, der versucht hatte, Alberton zu erpressen, sodass dieser sich geweigert hatte, mit Breeland Verhandlungen zu führen… weil er es nicht gewagt hatte? War Monk der Katalysator gewesen, der Alberton dazu gebracht hatte, seine Meinung zu ändern? Es war nur der Anflug einer Idee, aber er wollte sie nicht aus den Augen verlieren.
    »Sir Oliver?« Judith stand vor ihm. Er hörte die Angst in ihrer Stimme.
    »Bitte, machen Sie sich keine Sorgen, Mrs. Alberton«, sagte er mit größerem Vertrauen, als er es tatsächlich verspürte. Dies war Teil seines Berufes, und er war schon so oft gezwungen gewesen, es einzusetzen: Menschen in verzweifelten Situationen Trost zuzusprechen, ihnen Mut und Hoffnung zu geben, obwohl er nicht wusste, ob es gerechtfertigt war. »Wir werden unsere Chance bekommen, wenn Mr. Deverill alles in seiner Macht Stehende getan hat. Ich bin nicht sicher, ob ich Mr. Breelands Unschuld beweisen kann, aber bei Merrit ist es viel einfacher. Verlieren Sie den Mut nicht.«
    »Die Uhr«, sagte sie schlicht. »Wenn Merrit nicht dort war, wie kam sie dann auf den Hof des Lagerhauses? Sie war doch so stolz darauf, und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sie freiwillig aus der Hand gegeben hätte.«
    »Können Sie sich vorstellen, dass sie lügt, um Breeland zu schützen?«, fragte er behutsam. Er konnte nicht umhin, Hester einen Moment lang anzusehen. In ihren Augen entdeckte er das ungestüme Bedürfnis zu helfen und die Bestürzung, weil sie nicht wusste, wie.
    »Ja«, entgegnete Judith. »Sir Oliver… ich befürchte, ich hätte Mr. Monk nicht losschicken sollen, um sie zurückzubringen. Habe ich sie jetzt womöglich zum Tode verurteilt –« Ihre Stimme brach.
    Hester verstärkte ihren Griff um Judiths Arm, wollte ihr damit Kraft geben. Aber sie konnte ihr nicht widersprechen und keine Worte des Trostes finden.
    »Nein«, log Rathbone. Er hörte die Überzeugung in seiner Stimme und empfand die Angst, das Gegenteil bewiesen zu bekommen, wie einen Stich ins Herz. Doch er war an das Risiko gewöhnt, an Regelverstöße und daran, Vertrauen in das Schicksal zu haben, weil es alles war, was er im Moment hatte. »Nein, Mrs. Alberton. Ich glaube nicht, dass Merrit sich mehr als jugendlicher Torheit schuldig machte. Es tut mir sehr Leid, dass ich vielleicht gezwungen sein werde, zu demonstrieren, dass der Mann, den sie liebt, ihrer in keinster Weise würdig ist. Sie wird dies als sehr hart empfinden. Wenig im Leben ist bitterer als das Zerplatzen der Illusionen. Sollte es so weit kommen, bedarf sie Ihres Trostes. Dann müssen Sie stark sein. Es wird nicht mehr lange dauern bis zu dem Zeitpunkt.«
    Judiths Gesichtsausdruck konnte er nicht sehen, aber ihre Gefühle, ihr Versuch, sich zu beherrschen, und ihre Angst klangen aus ihrer Stimme.
    »Natürlich. Ich danke Ihnen, Sir Oliver.« Es war ihm schmerzlich bewusst, dass sie eigentlich noch etwas sagen und ihn um etwas bitten wollte, was er ihr nicht zu geben vermochte. Sie zögerte noch einen Moment, dann wandte sie sich langsam ab. Nachdem sie einen oder zwei Schritte gemacht hatte, stand sie Philo Trace gegenüber. Sie musste seinen

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