In den Fängen der Macht
sich selbst, dass er es zuließ, sich darüber zu ärgern.
»Warum war er bereit, an Mr. Trace Waffen zu verkaufen, Sir?«, fragte Deverill mit Unschuldsmiene.
»Sympathisierte er mit der Sache der Konföderierten?«
»Nein«, antwortete Casbolt. »Ich wusste nicht, dass er einer der beiden Seiten den Vorzug gegeben hätte. Das Einzige, was ich von ihm in dieser Hinsicht hörte, war, dass er Traurigkeit empfand, dass es wegen dieser Differenzen zum Krieg kommen musste. In den vorangegangenen Monaten hatte er gehofft, der Konflikt könnte durch Verhandlungen zu lösen sein. Er stimmte dem Verkauf zu, weil Mr. Trace vorstellig wurde und erpicht auf die Waffen war. Trace verteidigte seine Überzeugungen nicht. Er sagte lediglich, der Süden wolle sich die Freiheit erhalten, über sein eigenes Schicksal und seine Regierungsform selbst zu bestimmen, aber wenig mehr als das. Es war Mr. Breeland, der versuchte, ihn davon zu überzeugen, dass seine Sache den Verkauf der Waffen an die Union weit mehr rechtfertigte als irgendetwas anderes.«
»Also erhielt Mr. Trace den Zuschlag nur, weil er der Erste war?«, folgerte Deverill.
»Ja. Als Beweis seines Vertrauens hinterlegte er die Hälfte des Kaufpreises. Die zweite Hälfte der Bezahlung sollte bei Lieferung der Waffen und der Munition geleistet werden.«
»Breeland aber versuchte, Mr. Alberton dazu zu überreden, sein Versprechen zu brechen und ihm die Gewehre zu verkaufen?«
»Ja. Er war äußerst hartnäckig… es grenzte bereits an Unerfreulichkeit.«
Casbolts Gesicht drückte Bedauern aus, fast schon einen Selbsttadel, als ob er die Tragödie hätte vorhersehen müssen.
Schnell griff Deverill seine Worte auf. »Welcher Art von Unerfreulichkeit? Bedrohte er jemanden?«
»Nein… nicht, soweit ich weiß.« Casbolts Stimme war leise, seine Gedanken konzentrierten sich auf die tragische Vergangenheit. »Er beschuldigte Daniel, die Sklavenhaltung zu favorisieren, was dieser natürlich nicht tat. Breeland vertrat sein Anliegen leidenschaftlich, sowohl die Abschaffung der Sklaverei als auch den Erhalt der Union sämtlicher Staaten Amerikas, ungeachtet deren eigener Wünsche. Häufig kam er auf seine Überzeugung – seine Obsession – zu sprechen, dass dem Süden die Unabhängigkeit, er nannte es die ›Sezession‹, nicht gestattet werden dürfte. Ich gestehe, ich kenne den Unterschied nicht.« Nun huschte ein schwaches Lächeln über sein Gesicht.
Deverill riss die Augen weit auf. »Ich auch nicht, um aufrichtig zu sein.« Andeutungsweise zeigte er auf die Anklagebank, aber er sah nicht hinauf. »Aber zum Glück ist das auch nicht unsere Sorge.« Damit vergaß er das Thema. »Bei seinen Versuchen, Mr. Albertons Entscheidung bezüglich der Waffen rückgängig zu machen – suchte er ihn in seinen Geschäftsräumen auf oder zu Hause, wissen Sie das?«
»Beides, wie er mir erzählte, aber ich selbst weiß, dass er öfter in Albertons Haus vorstellig wurde, denn bei einem halben Dutzend von Gelegenheiten war auch ich anwesend. Er wurde stets freundschaftlich empfangen, und er akzeptierte dies.«
Wieder warfen einige der Geschworenen Breeland hasserfüllte Blicke zu.
»Es hat etwas ganz besonders Verabscheuungswürdiges an sich, am Tisch eines Mannes zu speisen, aufzustehen und ihn anschließend zu ermorden. Jede Gesellschaft verabscheut solches Verhalten«, sagte Deverill versonnen und mit leiser Stimme, dennoch darauf bedacht, bis in die letzte Ecke des Saales gehört zu werden.
Der Richter warf Rathbone einen kurzen fragenden Blick zu. Er hätte Widerspruch gegen den irrelevanten Kommentar einlegen können, doch er war lediglich in juristischer Hinsicht irrelevant, und das wussten jeder Mann und jede Frau im Gerichtssaal. Er hätte dadurch nur seine eigene Verzweiflung verraten, also schüttelte er leicht den Kopf.
Casbolt seufzte und schauderte ein wenig. »Nicht so sehr, wie ich es verabscheuen müsste.« Seine Stimme klang gepresst. Obwohl er mehrere Meter von ihm entfernt saß, war Rathbone, der zu dem Mann im Zeugenstand emporsah, von dessen Gefühlen bewegt. Sie waren zu aufrichtig, als dass jemand daran hätte zweifeln können oder nicht von ihnen berührt gewesen wäre.
Im Saal wurden Äußerungen des Mitgefühls laut. Eine Frau zog die Nase hoch. Einer der Juroren schüttelte bedächtig den Kopf und sah zu Merrit auf der Anklagebank hoch.
Rathbone wandte den Kopf, um Judith anzusehen, aber ihr Gesicht wurde von ihrem Schleier verdeckt. Er bemerkte,
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