In den Fängen der Macht
sein Notizbuch heraus und blätterte es durch.
»Zwischen acht Uhr und Mitternacht am achtundzwanzigsten September letzten Jahres. Wird Ihr Freund wegen Gilmers Tod erpresst?«
»Nein, wegen der Tatsache, dass er ihm Geld gab, was Anlass zu Missinterpretationen gibt.«
»Niemand gab ihm viel Geld, dem armen Teufel.« Walters zuckte die Achseln. »Steckte ziemlich tief in Schulden. Dachte, es hätte einer seiner Gläubiger sein können, der ihn verprügelte, um ihn zu lehren, dass er in Zukunft prompter zurückbezahlt. Wir gingen jedenfalls hin und verhörten den Mann, den wir in Verdacht hatten.« Er lächelte und bleckte dabei seine Zähne. Es war eigentlich mehr ein Fletschen, trotzdem lag ganz deutlich Vergnügen darin. »Packten ihn ein bisschen hart an«, fügte er hinzu.
»Aber er sagte, Gilmer hätte alles zurückbezahlt, was er ihm schuldete. Hab ihm natürlich keinen Augenblick lang geglaubt, aber der Bastard konnte unbestreitbar beweisen, wo er die betreffende Nacht verbracht hatte. Verbrachte sie nämlich im Gefängnis! War das einzige Mal, dass es mir Leid tat, ihn dort zu wissen!«
»Wissen Sie, wie viel Gilmer ihm schuldete?«, fragte Monk. Er wusste genau, wie viel Alberton Gilmer angeblich gegeben hatte.
»Nein. Warum?«, fragte Walters schnell. »Wissen Sie etwas darüber?«
Monk lächelte ihn an. »Vielleicht. Wie viel war es?«
»Sagte ich doch, ich weiß es nicht. Aber es müssen über fünfzig Pfund gewesen sein.«
Alberton hatte fünfundsechzig bezahlt. Monk freute sich unvernünftigerweise darüber. Erst jetzt erkannte er, wie sehr er sich gewünscht hatte, Alberton würde aufrichtig sein.
»Stellt Sie das zufrieden?« Walters starrte ihn an.
»Nein«, erwiderte Monk. »Es bestätigt nur, was ich dachte. Mein Freund behauptete, diese Summe bezahlt zu haben, und nun sieht es so aus, als stimmte es.«
»Warum tat er das überhaupt?«
»Aus Mitgefühl«, entgegnete Monk prompt. »Denken Sie, er hätte es für geleistete Dienste bezahlt? Den Jungen möchte ich kennen, der so viel verlangt!«
Walters grinste. Seine Augen wurden groß. »Sieht aus, als ob sich hier ein anständiger Mann in eine böse Situation manövriert hätte.«
»Ja, so sieht es aus, nicht wahr?«, nickte Monk. »Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe.«
Walters erhob sich. »Hoffe, dass es sich als richtig erweist«, sagte er freundlich. »Es würde mich freuen, wenn ihm jemand geholfen hätte… wer auch immer es war.«
»Kannten Sie ihn, als er noch lebte?« Langsam erhob sich Monk ebenfalls.
»Nein. Ich habe die Einzelheiten erst erfahren, als wir die Umstände seines Todes untersuchten. Habe viel zu viel damit zu tun, in Sachen Prostitution zu ermitteln, damit die Weiber kein öffentliches Ärgernis erregen.« Er zuckte die Achseln. »Na ja, meistens wäre es den Vorgesetzten ohnehin lieber, wir würden der Prostitution nicht so viel Aufmerksamkeit zukommen lassen, aber auf keinen Fall sollten wir Namen und Adressen aufnehmen.«
Er brauchte nicht weiter zu erklären, was er meinte.
»Aber lassen Sie es mich wissen, wenn Sie herausfinden, wer ihm das angetan hat, würden Sie das tun?«
»Das werde ich«, versprach Monk und bahnte sich zwischen den Stapeln von Papieren hindurch seinen Weg zur Tür. »Weil ich will, dass Sie ihn zu fassen kriegen, und weil ich es Ihnen schuldig bin.«
Es war früher Nachmittag und viel zu heiß, um noch als angenehm empfunden zu werden, als Monk vor dem großen Haus in Kensington ankam, das Lawrence Fitz-Alans Atelier war. Die mittsommerliche Hitze prallte auf die Bürgersteige und vibrierte in Schwaden, die die Bilder tanzen ließen. Die Rinnsteine waren trocken, und der Geruch des nicht aufgekehrten Pferdedungs lag in der Luft.
Das Hausmädchen, das die Tür öffnete, war bemerkenswert hübsch, und Monk fragte sich sogleich, ob Fitz-Alan auch sie auf Leinwand bannte. Er hatte sich bereits entschieden, wie er an den Künstler herantreten wollte, und empfand wegen seiner Lügen keinerlei Gewissensbisse. Es war zwar ungerecht, aber vielleicht hatte er, basierend auf Walters Zorn, eine Abneigung gegen Fitz-Alan gefasst.
»Schönen Nachmittag«, sagte er so charmant er konnte, wohl wissend, wie wirksam dies sein konnte, schließlich hatte er es oft genug angewandt. »Ich hege den innigen Wunsch, ein Portrait meiner Frau malen zu lassen, daher kam ich natürlich zu dem besten Künstler, den ich kenne. Darf ich hoffen, Mr. Fitz-Alan so schnell wie möglich zu sprechen, denn
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