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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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worden.
    »Tja, der arme Teufel«, sagte dieser zu Monk. »Der war wirklich am Ende. Dünn wie ein Rechen und weiß wie der Tod. Ich wusste, dass er sterben würde.« Sein narbiges Gesicht war von Mitleid verzerrt, während er in einem üppig gepolsterten Sessel in seinem überfüllten Empfangssalon saß. Er war ein außergewöhnlich hässlicher Mann mit einem buckligen, missgebildeten Körper, aber mit wunderschönen Händen. Wer oder was er unter anderen Umständen geworden wäre, würde Monk niemals erfahren, aber der Gedanke beschäftigte ihn kurz. War er in dieses Metier hineingezogen worden, oder hatte er es aus Gier selbst gewählt? Monk beschloss, sich für die erste Möglichkeit zu entscheiden.
    »Hat er Ihnen irgendetwas über sich selbst erzählt?«, forschte Monk nach.
    Der Mann sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Monk hatte ihn nicht nach seinem Namen gefragt. »Ein wenig«, antwortete er. »Von welchem Interesse ist das für Sie?«
    »Hat er für Sie gearbeitet?«
    »Wenn es ihm einigermaßen gut ging… was nicht oft der Fall war.«
    Monk verstand, war aber dennoch enttäuscht.
    »Er kümmerte sich um die Wäsche«, fuhr der Mann bitter fort. »Was haben Sie gedacht?«
    Zu seiner Verwunderung errötete Monk.
    Der Mann lachte. »Von dem Schlag war er nicht«, sagte er mit fester Stimme. »Man kann zwar Jungen ändern, aber in dem Alter, in dem Gilmer war, ist es schon schwieriger und außerdem, so wie er aussah – wie der Tod und immer Blut hustend –, hätte ihn ohnehin kein Kunde gewählt. Ob Sie’s glauben oder nicht, ich habe ihn aufgenommen, weil er mir Leid tat. Ich konnte ja sehen, dass es nicht von langer Dauer sein würde. Er hatte sowieso schon viel zu viel zu erleiden gehabt.«
    »Irgendeine Ahnung, wer ihn so verprügelt hatte?« Monk versuchte, den Zorn in seiner Stimme zu unterdrücken, aber es misslang ihm.
    Leicht argwöhnisch betrachtete ihn der Mann. »Warum? Was würden Sie dann unternehmen?«
    Es hatte keinen Sinn, nicht vollkommen aufrichtig zu sein. Der Mann hatte seine Gefühle ohnehin bereits durchschaut. »Hängt davon ab, wer es ist«, erwiderte er.
    »Es gibt mehrere Leute, die sich glücklich schätzen würden, ihm das Leben schwer zu machen, wer immer es auch war.«
    »Angefangen mit Ihnen, hm?«
    »Nein, ich bin nicht der Erste, aber ich stehe irgendwo in der Reihe. Er hatte mit vielen der Künstler Streit, für die er arbeitete. War es einer von ihnen?«
    »Das nehme ich an«, nickte der Mann bedächtig. »Doch er stritt sich nicht richtiggehend mit ihnen. Der Erste wurde seiner überdrüssig und warf ihn hinaus. Für eine Weile fand er es profitabler, Frauen zu malen. Der Zweite konnte es sich nicht leisten, ihn zu behalten. Der Dritte und der Vierte verlangten Dienste von ihm, wie ich sie anbiete – zu einem hohen Preis. Er war nicht gewillt, also warfen sie ihn auf die Straße. Und zu der Zeit schwand sein gutes Aussehen bereits, und er wurde krank und kränker.«
    »War es einer von denen?«
    Der Mann studierte Monk aufmerksam, sein Gesicht düster, die Wangenknochen hervortretend, die Nase breit und die Augen vollkommen ausdruckslos.
    »Warum? Wollen Sie ihn umbringen?«
    »Nicht so schnell«, entgegnete Monk. »Es gibt da einen Polizeisergeant, der sich eine langsame Rache wünscht… getreu dem Gesetz.«
    »Und Sie würden es ihm sagen, damit er sie ausüben könnte?«
    »Ja, das würde ich. Wenn ich sicher wäre, den Richtigen gefunden zu haben.«
    »Ein Kunde von mir hatte eine Vorliebe für ihn gefasst und wollte ein Nein als Antwort nicht akzeptieren. Ich hätte ihn ja selbst grün und blau geschlagen, aber das kann ich mir nicht leisten. Wenn das bekannt wird, bin ich raus aus dem Geschäft und meine Jungs mit mir.«
    »Name?«
    »Garson Dalgetty. Vornehmer Fatzke, aber im Grunde ein anständiger Kerl. Warnte mich, er würde mich ruinieren, wenn ich Hand an ihn legte. Und dazu wäre er wahrhaftig fähig!«
    »Ich danke Ihnen. Ich werde nicht verlauten lassen, woher ich diese Information habe. Aber dafür erwarte ich einen Gefallen von Ihnen.«
    »Ach? Warum überrascht mich das nicht?«
    »Weil Sie kein Narr sind.«
    »Welchen Gefallen?«
    Monk grinste. »Nichts, was mit Ihrem Gewerbe zu tun hätte! Ich möchte wissen, ob Gilmer Ihnen von jemandem erzählte, der ihm Geld gab, um seine Schulden zu bezahlen, und ich meine als Geschenk und nicht als Bezahlung.«
    Der Mann wirkte überrascht. »Also wissen Sie davon?«
    »Ja, der Mann, der es ihm gab,

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