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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Virginia und Nord-Carolina aus. In der Zwischenzeit hatte man zum Schütze Washingtons Befestigungsanlagen errichtet.
    Heute war Dienstag, der fünfundzwanzigste Juni. Wenn seither irgendetwas Gravierendes passiert sein sollte außer den gelegentlichen Gemetzeln, dann hatten die Nachrichten darüber England noch nicht erreicht. Dies dauerte stets zwischen zwölf Tagen und drei Wochen, je nach Wetterlage und Art der Strecken, die die Neuigkeiten zuerst auf dem Landweg hinter sich bringen mussten.
    Er sah einen leeren Hansom und winkte, sein Rufen übertönte den allgemeinen Lärm. Als der Kutscher das Pferd anhielt, nannte ihm Monk die Adresse der Polizeiwache in Clerkenwell. Er hatte sich bereits überlegt, wie er die Sache anpacken wollte. Er nahm nicht an, Alberton oder Casbolt hätten ihn angelogen, obwohl es natürlich in der Vergangenheit Kunden gegeben hatte, die dies getan hatten, und zweifellos würde es solche wieder geben. Doch sogar die Menschen mit den reinsten Absichten machen oft Fehler, vergessen wichtige Fakten oder machen sich schlichtweg ein unvollständiges Bild und interpretieren es vor dem Hintergrund eigener Hoffnungen und Ängste.
    Die Droschke hielt vor der Polizeiwache. Monk stieg aus, bezahlte die Fahrt und ging hinein. Selbst jetzt, fünf Jahre nach dem Unfall und mit einem vollkommen neu aufgebauten Leben, überkam ihn immer noch eine Welle der Angst, dass das Unbekannte zurückkehren und ihn an all die Dinge erinnern könnte, die er über sich selbst entdeckt hatte. Von Anfang an hatte er immer wieder Momente der Vertrautheit, Augenblicke der Erinnerung erlebt, die verflogen, ehe er sie einordnen hatte können. Ein Großteil seines Wissens stammte aus Beweisstücken und Schlussfolgerungen. Er hatte seine Heimat Northumberland verlassen, war nach London gegangen und hatte dort eine Karriere als Handelsbankier begonnen. Er hatte für einen Mann gearbeitet, der bis zu seinem Ruin durch ein Verbrechen, dessen er nicht schuldig war, sein Freund und Mentor gewesen war. Doch Monk hatte ihm nicht helfen können, seine Unschuld zu beweisen. Dieser Vorfall war die treibende Kraft gewesen, dass er sich aus der Welt der Finanzen zurückzog und in den Polizeidienst eintrat.
    Mehr als genügend Entdeckungen hatten offenbart, dass er ein brillanter Polizist gewesen war, aber mit einer skrupellosen, manches Mal gar grausamen Ader. Untergebene hatten seine spitze Zunge gefürchtet, die den Schwächeren und den mit weniger Selbstvertrauen Gesegneten gegenüber allzu eilfertig mit Kritik und Spott gewesen war. Dies war etwas, was er verabscheute und wofür er sich schämte, wenngleich er das nur sich selbst eingestand. Ein spontanes Naturell war eine Sache, hohe Ansprüche an Courage und Ehrenhaftigkeit zu stellen ist gut, aber von einem Mann mehr zu verlangen, als dieser zu leisten in der Lage ist, ist nicht nur zwecklos, sondern grausam und schlussendlich gar destruktiv.
    Jedes Mal, wenn er eine ihm nicht bekannte Polizeiwache betrat, war er sich der Möglichkeit bewusst, mit einer neuerlichen Erinnerung an sich selbst konfrontiert zu werden, die er verabscheute. Er fürchtete sich vor dem Wiedererkennen. Doch er weigerte sich, sich davon in Fesseln legen zu lassen. Er ging durch die Tür und trat an den Schreibtisch.
    Der Sergeant war ein großer Mann mittleren Alters mit dünnem Haar. Sein Gesicht drückte nichts weiter aus als höfliches Interesse.
    Monk stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
    »Morgen, Sir«, sagte der Sergeant freundlich. »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Guten Morgen«, erwiderte Monk. »Ich brauche Informationen über einen Vorfall, der sich vor einigen Monaten in Ihrer Gegend zutrug. Einem Freund von mir droht die Verwicklung in einen Skandal. Bevor ich etwas unternehme, um ihn zu schützen, möchte ich mir bezüglich der Fakten Sicherheit verschaffen. Ich möchte alles erfahren, was aufgezeichnet wurde.« Er lächelte.
    »Aber nur von untadeligen Quellen.«
    Die höfliche Skepsis des Sergeanten wurde von einem gewissen Verständnis abgelöst.
    »Verstehe, Sir. Und um welchen speziellen Vorfall handelt es sich?« In seinen Augen blitzte ein Ausdruck auf, als ob er bereits eine leise Ahnung hätte, wenigstens bezüglich seiner Natur, wenngleich nicht, um welches Ereignis es sich genau handelte.
    Monk lächelte entschuldigend. »Um den Tod von Alexander Gilmer in der Little Sutton Street. Ich bin sicher, Sie haben darüber Berichte und es gibt jemanden, der die

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