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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Ihnen. Bitte kommen Sie und nehmen Sie Platz. Sind Sie hungrig? Hatten Sie seit Ihrer Ankunft Gelegenheit, sich etwas auszuruhen?«
    Sie nahmen dankbar an, berichteten ihr aber nicht, wie mühsam die Reise tatsächlich gewesen war. Sie waren mitten in einem exzellenten Dinner, als Robert Casbolt eintraf und geradewegs in den Speisesaal marschierte, ohne darauf zu warten, von einem Lakaien angemeldet zu werden. Er warf einen Blick über die versammelte Gesellschaft, doch seine Augen blieben an Judith haften.
    Ohne überrascht zu sein, sah sie zu ihm auf, als ob er häufiger auf diese Weise erscheinen würde.
    Hester bemerkte den Anflug von Ärger in Philo Trace’ Gesicht, den er im nächsten Augenblick jedoch bereits wieder unterdrückt hatte, aber sie konnte ihn verstehen.
    Wenn Casbolt den Ausdruck bemerkt hatte, so gab er dies wenigstens nicht zu verstehen.
    »Sie ist in Sicherheit und wohlauf«, sagte Judith als Antwort auf seine unausgesprochene Frage.
    Seine Augen verdüsterten sich, und er konnte die Vorahnung darin nicht verbergen. »Wo ist sie?«
    Judiths Mund wurde schmal. »Die Polizei verhaftete sie. Breeland natürlich ebenfalls.«
    »Sie haben Breeland!« Er stutzte. Zum ersten Mal sah er nun Monk ins Gesicht, Philo Trace ignorierte er immer noch. »Sie brachten ihn tatsächlich zurück? Mein Kompliment! Wie haben Sie ihn dazu gebracht?«
    »Mit vorgehaltener Pistole«, erwiderte Monk trocken. Casbolt unternahm keinen Versuch, seine Bewunderung zu verbergen. »Das ist wahrhaftig bemerkenswert! Ich gestehe, Sie unterschätzt zu haben. Ich gebe zu, wenig Hoffnung gehabt zu haben, Sie könnten Erfolg haben.« Er wirkte überwältigt. Er zog sich einen freien Stuhl heran und nahm Platz. Lächelnd winkte er das Angebot des Lakaien ab, ihm Speisen und Wein zu bringen. Er wendete den Blick nicht von Monk ab. »Bitte erzählen Sie, was geschehen ist. Ich bin höchst begierig darauf, alles zu erfahren.«
    Er bat nicht um Judiths Erlaubnis, aber vermutlich wusste er, dass sie noch erpichter darauf war als er selbst.
    Monk begann den Bericht über ihre Abenteuer, straffte die Geschichte, soweit es möglich war, aber häufig unterbrachen ihn Judith oder Casbolt und baten um mehr Details, sprachen ihm ihr Lob aus oder brachten ihre Erschütterung über die Gefahren zum Ausdruck, denen sie ausgesetzt gewesen waren. Judith war insbesondere von der schwierigen Lage des amerikanischen Volkes bekümmert, das sich in diesem schrecklichen Kriegszustand befand. Sie schien bereits lebhafte, aber nur unvollständige Berichte über die Schlacht am Bull Run in den Zeitungen gelesen zu haben, die bestätigten, dass es ein schreckliches Gemetzel gewesen war.
    Monk erzählte so wenig wie möglich davon, ohne jedoch den Inhalt seines Berichtes zu verstümmeln. Judith wurde mit jedem Augenblick gespannter. Einmal wurde ihr Gesicht weich, als Monk kurz von Merrits Hilfe bei der Vorbereitung der Ambulanzen für die Verwundeten sprach.
    »Es muss schrecklich gewesen sein… nicht auszudenken!«, sagte sie mit belegter Stimme.
    »Ja…« Er bot nicht an, ihr mehr darüber zu erzählen, aber als Hester sein Gesicht beobachtete, den Glanz seiner glatten, sonnenverbrannten Haut über den Wangen, wusste sie, dass es mehr sein eigener Schmerz war, den er nicht erneut durchleben wollte, und es ihm weniger darum ging, Judith den Schmerz zu ersparen.
    Hester hatte gesehen, wie ihn das Grauen überwältigt hatte, wie ihm die eigene Hilflosigkeit den Glauben an sich selbst geraubt hatte. Dasselbe hatte sie verspürt, als sie zum ersten Mal eine Schlacht gesehen hatte, doch für sie war dieses Gefühl nicht so schlimm gewesen, da sie wenigstens über medizinisches Wissen verfügte und eine Funktion auszufüllen hatte. Sie konnte sich auf den Menschen konzentrieren, dem sie helfen, wenngleich vielleicht nicht retten konnte. Es war nicht immer der Erfolg, der es ihr erträglicher gemacht hatte, es war vielmehr die Fähigkeit, wenigstens den Versuch unternehmen zu können.
    »Nahm Breeland denn an der Schlacht nicht teil?«, fragte Casbolt mit ungläubigem Blick.
    »Doch. Genau dort fanden wir ihn.«
    »Und er kam dennoch mit Ihnen?« Casbolt zog voller Unverständnis die Stirn in Falten. »Aber warum? Das hätte er doch bestimmt verhindern können! Ich kann einfach nicht glauben, dass ihn sein eigenes Volk dem englischen Recht überantwortete.«
    »Die Union verlor die Schlacht«, erwiderte Monk, ohne eine weitere Erklärung anzubieten. Er sagte

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