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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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eine Pistole gezückt, hätte sie leicht jemand aus der Menge überwältigen können, der tapfer genug war, und auch naiv genug, um Breeland für das Opfer einer Entführung zu halten. Ob die Tatsache, dass sich Merrit immer noch bei ihnen befand, ihn an der Flucht hinderte, war etwas, worauf Monk sich ungern verlassen würde. Breeland könnte sich vor sich selbst damit rechtfertigen, dass die Sache der Union von größerer Wichtigkeit war als das Leben einer Frau, wer immer diese auch sein mochte. Er wäre vermutlich sogar überzeugt, dass sie aufzugeben ein persönliches Opfer war. Oder er könnte annehmen, dass sie nicht eines Vergehens angeklagt und schon gar nicht für schuldig befunden werden würde.
    Könnte es etwa sein, dass sie tatsächlich unschuldig war?
    Aber das alles tat nichts zur Sache, denn Lanyon war mit zwei Constables hier, und Breeland wurde verhaftet und in Handschellen abgeführt.
    »Und Sie, Miss Alberton?«, sagte Lanyon, wobei sich auf seinem langem Gesicht ein Ausdruck der Verlegenheit und des Bedauerns breit machte.
    Das Licht in Merrits Augen erstarb, und ihre Schultern sackten herunter. Monk bemerkte, dass sie sich auf Breeland konzentriert und sich gestattet hatte, ihre eigenen Probleme zu vergessen.
    Breeland bewegte seine Schultern, als ob er, wäre er frei gewesen, sie berühren und auf irgendeine Weise trösten wollte. Doch er trug bereits Handschellen.
    Es war Hester, die den Arm um das Mädchen legte.
    »Wir werden alles tun, um dir die beste Hilfe zukommen zu lassen«, sagte sie laut und deutlich. »Zunächst werden wir zu deiner Mutter gehen und ihr berichten, dass du am Leben bist und dass es dir relativ gut geht. Im Moment lebt sie ja in völliger Ungewissheit über dein Schicksal.«
    Merrit schloss die Augen, und Tränen quollen unter ihren Lidern hervor. So nahe an ihrem Zuhause war es schwieriger, mutig zu sein, und der Schmerz wurde schärfer. Bisher hatten all ihre Gedanken Breeland gegolten. Vielleicht hatte sie nicht einmal über ihre Mutter nachgedacht. Doch jetzt, mit den vertrauten englischen Stimmen um sich herum, den altbekannten Gerüchen der Heimat, war das Abenteuer vorüber, und die lange Abrechnung hatte begonnen.
    Sie versuchte zu sprechen, um Hester zu danken, doch sie vermochte es nicht, ohne die Kontrolle über sich zu verlieren. Also schwieg sie.
    Über Lanyons Schulter hinweg sah Monk, dass sich eine Gruppe Menschen bildete, die alle voller Neugier zu ihnen herüberstarrten. Lanyon bemerkte Monks Blick und sah ihn entschuldigend an.
    »Wir machen uns wohl besser auf den Weg«, sagte er hastig.
    »Bevor sie erraten, wer Sie sind. Es gibt hier eine ganze Menge böses Blut.«
    »Böses Blut?«, fragte Hester, die nicht sofort begriff, wovor er sie warnte.
    Lanyon senkte die Stimme und zog die Augenbauen zusammen. »In den Tageszeitungen, Ma’am. Es wurde eine Menge über Mr. Albertons Tod geschrieben und über Ausländer, die hierher kommen und junge Mädchen zum Mord anstiften und so weiter. Ich denke, wir sollten sie so schnell wie möglich wegbringen.« Er achtete darauf, sich nicht umzusehen, während er sprach, doch Monk hatte bereits bemerkt, dass die Menschenmenge dichter wurde und die Gesichter sich verfinsterten. Einer oder zwei Männer starrten sie bereits unverblümt an. Sie schienen näher zu kommen.
    »Das ist abstoßend!« Hester war wütend, und ihre Wangen überzogen sich mit Zornesröte. »Bis jetzt ist noch nicht einmal jemand angeklagt, geschweige denn verurteilt worden!«
    »Wir können es hier nicht auf einen Kampf ankommen lassen«, erwiderte Monk scharf. Er hörte selbst, wie sich seine Stimme hob, und er dachte daran, wie schnell die Situation zur gewaltsamen Auseinandersetzung eskalieren konnte. Er hatte Angst um Hester. Ihre Entrüstung könnte sie vergessen lassen, auf ihre eigene Sicherheit zu achten, und der Mob würde wenig Unterschied machen zwischen einem Täter und jemandem, der sich dazu hergab, diesen zu beschützen.
    Lanyon sagte genau dasselbe. »Kommen Sie jetzt, schnell«, befahl er und sah Breeland an. »Kommen Sie nur nicht auf komische Ideen – hier einen kleinen Aufstand zu inszenieren, zum Beispiel, in der Hoffnung, Sie könnten untertauchen. Das wird Ihnen nicht gelingen! Sie handeln sich höchstens Prügel ein, und Miss Alberton womöglich auch.«
    Breeland zögerte einen Augenblick, als ob er im Geiste tatsächlich einen derartigen Plan in Erwägung zöge, dann blickte er in Merrits bleiches Gesicht und ihre

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