In den Faengen der Nacht
sein.
Ihr Herz schlug schneller. Er bestand vollständig aus kräftigen Muskeln. Ganz und gar Mann – ob er die Gestalt wechselte, als Leopard oder als Untoter. Und was noch merkwürdiger war: Die meisten der Schusswunden auf seinem Rücken waren nur noch hervortretende Narben. Leo hatte ihr gesagt, dass Dark-Hunter sich schnell erholten, aber, verflixt noch mal, sie schienen wirklich keinerlei Zeit zu verschwenden, diese Wunden zu heilen.
Er öffnete ein schwarzes Auge und starrte sie an. »Brauchst du etwas?« Seine Stimme klang brummig und vom Schlaf noch tiefer als sonst.
»Ich dachte, dieses Zimmer wäre leer, tut mir leid!«
Er streckte sich aus und drehte sich um, und die Decke verrutschte und gestattete ihr eine gute Sicht auf eine nackte Hüfte und eine Spur von schwarzem Haar, das von seinem Nabel zu einer bestimmten Stelle weiter unten reichte. Ein Teil von ihr hoffte, die Decke würde noch ein bisschen weiter hinunterrutschen, sodass sie den Rest von ihm auch zu Gesicht bekäme.
Na ja, sie hatte ihn schon einmal nackt gesehen, aber da war sie viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt gewesen, um sich auf die Details seines Körpers konzentrieren zu können. Jetzt fühlte sie sich ein bisschen gierig, und wenn der Mann nackt umherlaufen wollte …
Sie würde sich jedenfalls nicht beschweren.
»Kein Problem.« Er gähnte und kratzte sich am Arm, in dem bis vor Kurzem noch eine Kugel gesteckt hatte. Der Arm schien völlig ausgeheilt zu sein, genau wie der Rest seines Körpers. »Geht es dir besser?«
Seine Frage und die Besorgnis, die sie in seiner tiefen Stimme hörte, überraschte sie. Warum sollte ihn das wohl kümmern – und doch war ein Teil von ihr dankbar. Selbst wenn es ihn nicht interessierte, so tat er immerhin so. Sie hatte ihr gesamtes erwachsenes Leben allein verbracht, und sie sehnte sich ungeheuer danach, jemanden ganz für sich allein zu haben. Jemanden, dessen Liebe sie mit niemandem teilen müsste. Es war egoistisch, aber sie hatte wirklich vor, diese eine Person zu finden, die sie bedingungslos lieben würde. »Ich weiß es wirklich nicht. Und dir?«
Er sah an sich hinunter und ließ die Hand über seine feste perfekte Brust gleiten. »Ganz gut geheilt.«
Es war sehr merkwürdig, diesen Mann mit demjenigen zusammenzubringen, den sie zuvor den Halb-Apolliten grausam hatte töten sehen. Bei dieser Erinnerung lief es ihr kalt den Rücken hinunter. Ravyn mochte ihr gegenüber freundlich sein, aber er war ein skrupelloser Mörder. Er hatte nicht mit der Wimper gezuckt oder gezögert, als er den Männern in ihrem Haus das Leben genommen hatte. Ob das gerechtfertigt gewesen war oder nicht, es war ein ernüchternder Gedanke, dass ihm ein Leben so wenig bedeutete.
Sie fühlte sich plötzlich unwohl und trat zurück in den Flur. »Tja, ich möchte dich nicht stören. Du brauchst sicher noch ein bisschen Schlaf.«
Er zog das Laken höher und schob sein freiliegendes Bein darunter. »Ja.«
Sie nickte, zog die Tür zu und suchte den Weg zurück zu dem Zimmer, in dem sie vorher gewesen war und in dem die Computer standen, von denen Leo ihr gesagt hatte, sie seien für die Squires.
Kyl war allein im Zimmer, saß an einem Gerät und tippte wütend auf die Tastatur ein.
»Kann ich einen ausleihen?«, fragte sie zögernd. Kyl verhielt sich, ebenso wie Otto, noch immer so, als ob er sie am liebsten umgebracht hätte.
Er sah auf, ohne sein Tippen zu unterbrechen. »Der da links.«
Sie setzte sich, legte das Buch neben sich und bewegte die Maus. Sobald der Bildschirm zum Leben erwachte, versuchte sie, die Seite aufzurufen, von der Leo gesprochen hatte, aber dabei landete sie auf einer Pornoseite. »Heiliger Strohsack! Hier bin ich bestimmt nicht richtig.«
Kyl sah stirnrunzelnd zu ihr hinüber. »Was?«
»Leo hat gesagt, es gäbe hier eine Webseite der Dark-Hunter, aber ich glaube, ich habe nicht die richtige Internetadresse.«
Er lachte sie aus. »Du hast wohl zwischen Dark und Hunter keinen Bindestrich eingegeben, was?«
Sie schaute auf den Monitor und sah, dass er recht hatte. »Nein.«
»Mach ihn rein, und probier’s noch mal.«
Susan tat es und atmete auf, als die richtige Seite erschien, die ganz in Schwarz-Weiß gehalten war. »Sehr monochrom.«
Kyl schnaubte. »Für die Augen der Dark-Hunter ist das leichter. Sie sind wesentlich lichtempfindlicher als die Augen von Menschen. Auf dem dunklen Hintergrund können sie am besten lesen.«
Hm, das war interessant. »Warum sehen
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