In den Fesseln der Liebe: Roman (German Edition)
Immerhin war das seine Heimat. Er freute sich schon darauf, ihr alles zu zeigen – und sie herumzuzeigen. Der Blick aus ihren großen, unschuldigen Augen erfreute ihn noch immer, und durch ihre Augen sah er die Welt, die er schon seit langem als langweilig abgetan hatte, in einem ganz anderen Licht.
Er warf ihr einen schnellen Seitenblick zu. Der leichte Wind spielte mit ihren Locken und wehte die Bänder ihrer Haube hoch. Ihre Augen waren weit geöffnet, sie blickte nach vorne, ihre weichen roten Lippen waren sanft geschwungen. Sie sah zum Anbeißen aus.
Schnell richtete er den Blick wieder nach vorne, die Erinnerungen daran, wie sie geschmeckt hatte, überfluteten ihn. Er biss die Zähne zusammen und versuchte, sich abzulenken. Er würde in der nächsten Zukunft seine Dämonen in Schach halten müssen – es hatte keinen Zweck, sie zu locken. Das war ein Nachteil seines Plans, sie unter die Fittiche seiner Mutter zu schicken: Sie würde vor allen anderen sicher sein, allerdings auch vor ihm, selbst wenn sie es sich anders wünschte. Er dachte über die Möglichkeiten nach, kitzelte mit der Peitschenschnur die Ohren seines Leitpferdes und drängte es zu einer schnelleren Gangart.
Neben ihm betrachtete Flick die Landschaft, die an ihr vorüberrollte. Mit jeder Meile wurde ihre Vorfreude größer – es fiel ihr schwer, äußerlich ruhig zu bleiben. Schon bald würden sie London erreichen, und sie würde die andere Seite von Demon kennen lernen, würde das Milieu erleben, in dem er sich bewegte. Sie wusste, dass man ihn für einen außergewöhnlichen Schwerenöter hielt, doch sie konnte sich sehr gut vorstellen, dass sein Benehmen in der gehobenen Gesellschaft ganz anders sein würde als das, was sie von ihm kannte. Während die Meilen dahineilten, verbrachte sie die Zeit damit, sich einen anmutigeren, eleganteren, kraftvolleren Demon vorzustellen, mit einem Deckmantel, unter dem er seinen wahren Charakter verbarg, der ihr sehr vertraut war.
Sie konnte es kaum erwarten, ihn so zu erleben.
Obwohl sie Bletchley verloren hatten, war es unmöglich, ernst zu bleiben. Ihre Laune war überschwänglich, ihr Herz leicht – sie freute sich auf ein Leben in einer völlig anderen Umgebung, die sie nicht erwartet hatte.
Eine Ehe mit Demon – das war ein berauschender Gedanke, ein Traum, den sie nie zu träumen gewagt hatte. Und jetzt sah sie diesem Abenteuer entgegen. Dabei war es nicht so, dass sie an einem Erfolg zweifelte. In ihrer augenblicklichen Stimmung war das völlig unmöglich.
Nach allem, was sie über London gehört hatte, würde es die beste Umgebung für ihren Plan sein – mit den besten Möglichkeiten -, um Demon dazu zu bringen, ihr sein Herz zu schenken. Dann wäre alles perfekt, und ihr Traum könnte Wahrheit werden.
Sie saß mit nur mühsam verhüllter Ungeduld neben ihm und wartete darauf, dass endlich die Stadt in Sicht kam.
Als es schließlich so weit war, blinzelte sie. Und rümpfte die Nase. Sie zuckte bei den groben Schreien zusammen. Die Straßen waren voller Wagen und überfüllt mit Menschen. Sie hätte sich nie eine solche Menschenmenge vorstellen können und fand den Anblick beunruhigend. Von allen Seiten wurden sie von Menschen bedrängt. Und erst der Lärm. Und der Gestank. Und die Kinder – sie waren überall.
Sie hatte im Haus ihrer Tante nur kurze Zeit in London gelebt. An einen solchen Anblick wie jetzt konnte sie sich nicht erinnern, aber das war ja auch schon lange her. Während Demon sich auf seine Pferde konzentrierte und sie geschickt durch den dichten Verkehr lenkte, rückte sie näher an ihn heran, bis sie die Wärme seines Körpers durch ihren Umhang fühlte.
Zu ihrer Erleichterung stellte sich heraus, dass die vornehme Gegend schon eher so war wie in ihrer Erinnerung – ruhige Straßen mit eleganten Häusern und ordentlich eingezäunten Gärten. In der Tat war dieser Teil von London besser, sauberer und noch schöner als in ihrer Erinnerung. Ihre Tante hatte in Bloomsbury gelebt, bei weitem nicht so elegant wie der Berkeley Square, wohin Demon sie brachte.
Er ließ seine Braunen vor einem großen Herrenhaus anhalten, das so beeindruckend war wie nur wenige der Häuser, die sie bis jetzt gesehen hatte. Und als Gillies dann die Zügel nahm und Demon ausstieg, starrte Flick an der Fassade des Hauses hoch und wusste plötzlich, wie es war, sich nicht wohl zu fühlen.
Doch dann nahm Demon ihre Hand und beruhigte sie. Sie rutschte vom Sitz und ließ sich von ihm aus der
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