In den Fesseln der Liebe: Roman (German Edition)
er mit voller Absicht an diesem Morgen die Schwarzen vor seinen Wagen gespannt hatte, um sie abzulenken.
Doch sie könnte wetten, dass es so gewesen war.
Aber jetzt, nachdem sie die Ausfahrt so sehr genossen hatte, wäre es kindisch, einen Streit anzufangen. Also lehnte sie sich zurück und genoss die Fahrt und sah zu, wie er die Pferde geschickt durch den immer dichter werdenden Verkehr lenkte, ehe er vor der Leihbücherei anhielt, kurz vor der High Street, auf halbem Weg in die Stadt.
Wie immer zog der Anblick des Gespanns eine Anzahl Jungen an. Nachdem Demon ihr aus dem Wagen geholfen hatte, wählte er zwei der Jungen aus, gab ihnen strenge Anweisungen und überließ dann seine Pferde ihrer Obhut.
Das überraschte Flick, doch war sie klug genug, sich nichts anmerken zu lassen. Sie nahm ihre Bücher und ging auf die Bücherei zu. Demon folgte ihr, streckte die Hand über ihre Schulter und öffnete die Tür für sie.
Sie betrat den weiten Vorraum, in dem zwei Gentlemen vor Geschichtsbüchern saßen, den schmalen Gang, der in den hinteren Teil des Raumes führte und an dem zu beiden Seiten Regale mit Büchern standen.
»Hallo, Mrs. Higgins«, flüsterte Flick der großen, gutmütigen Frau zu, die hinter einem Tisch in der Nähe des Eingangs saß und über dieses Reich herrschte. »Ich bringe diese Bücher zurück.«
»Gut, gut.« Mrs. Higgins hob die Nase mit ihrem Lorgnon und sah sich die Titel an. »Ah ja, hat dem General die Biografie des Majors gefallen?«
»Das hat sie. Er hat mich gebeten, nachzusehen, ob es noch mehr Bücher dieser Art gibt.«
»Sie werden alles, was wir in dieser Richtung haben, im zweiten Gang finden, meine Liebe – ungefähr in der Mitte …« Mrs. Higgins hielt inne, sah an Flick vorbei, hob langsam die Hand und nahm ihr Lorgnon ab, um besser sehen zu können, wer ihr Reich betreten hatte.
»Mr. Cynster begleitet mich«, erklärte Flick. Sie drehte sich zu Demon um und deutete auf die Stühle im vorderen Teil des Raumes. »Möchtest du hier auf mich warten?«
Demon blickte zu den beiden alten Herren, dann sah er sie mit ausdruckslosem Gesicht an. »Ich komme mit dir.«
Und das tat er. Er folgte ihr auf dem Fuß, während sie durch die Gänge mit den Bücherregalen ging.
Flick versuchte, nicht auf ihn zu achten und sich stattdessen auf die Bücher zu konzentrieren, doch die Novellen und die Helden der Literatur konnten nicht mit ihm konkurrieren. Je mehr sie versuchte, ihn zu ignorieren, desto mehr drängte er sich in ihr Bewusstsein. Und genau das konnte sie gar nicht brauchen.
Sie war sowieso schon viel zu verwirrt.
Nachdem sie die Stunden bis zur Morgendämmerung damit verbracht hatte, sich noch einmal ihren zweiten Tanz ins Gedächtnis zu rufen, diesen erstaunlichen Walzer und alles, was er ihr im Mondschein gesagt hatte, hatte sie beim Frühstück den festen Entschluss gefasst, die ganze Sache hinter sich zu lassen – zu warten und zu sehen, was als Nächstes geschehen würde.
Sie würde darauf warten, dass er den nächsten Schritt tat – und dann beurteilen, ob dieser Schritt einen Sinn ergab.
Sie vermutete, dass sie ihn falsch verstanden hatte, aus Mangel an Erfahrung hatte sie vielleicht seinen Worten und seinem Verhalten mehr Bedeutung beigemessen, als er es beabsichtigt hatte. Er war daran gewöhnt, mit den erfahrenen Ladys der gehobenen Gesellschaft zu tändeln. Zweifellos war die Bedeutung dieses zweiten Tanzes und des Walzers und seiner Worte im Mondschein – und natürlich auch sein Kuss – nicht mehr als nur die Art von Tändelei, die in der gehobenen Gesellschaft üblich war. Es war die Art, wie die Ladys und die Gentlemen seines Standes sich an einem solchen Abend unterhielten. So eine Art kultivierter Neckerei. Je mehr sie darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher schien ihr das.
Und falls das so war, sollte sie der Sache auf keinen Fall eine größere Bedeutung geben.
Entschlossen blieb sie vor dem Regal stehen, in dem ihre Lieblingsbücher standen – Bücher von Miss Austen und Mrs. Radcliffe. Sie ignorierte das missbilligende Geräusch hinter ihr und suchte die Reihen der Bücher ab.
Demon lehnte sich gegen das Regal, schob die Hände in die Taschen und sah ihr mit zynischem Blick zu. Wenn ihr der Sinn nach Romantik stand, warum, zum Teufel, las sie dann Bücher?
Die Tatsache, dass das so war, kam seinen Plänen nicht sehr entgegen. Er sah ihr zu, wie sie Bücher aus dem Regal zog, darin blätterte und einige davon wieder zurückstellte,
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