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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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es dunkel, nur über ihr, dort, wo sie die Decke der Fallgrube durchbrochen hatte, fiel ein wenig Licht hinein.
    Sie regte sich nicht. Thores Ruf wurde vernehmlicher, bald konnte sie seine Schritte hören, die dumpf auf dem Waldboden klangen, seinen raschen, aufgeregten Atem.
    „Rodena!“
    Sie zitterte. Seine Stimme klang zornig und zugleich angstvoll, er war der Verzweiflung nahe – weshalb tat sie ihm das an? Vielleicht würde er sie ja freiwillig gehen lassen, wenn sie ihm erklärte, weshalb sie diesen Weg nehmen musste?
    Nein!
    Es war einer jener Befehle ihrer Göttin, denen sie ohne Wenn und Aber zu gehorchen hatte. Sie blieb, wo sie war.
    Er ging so dicht an der Fallgrube vorbei, dass ein wenig Laub zu ihr hineinrieselte, doch er bemerkte sie nicht. Bald entfernten sich seine Rufe wieder, schallten nur noch leise zu ihr hinunter, dann war es still. Sie war allein.
    Es war mühevoll, aus der Grube hinauszuklettern, zumal das lange Gewand ihr im Weg war, und sie dachte bekümmert daran, wie verzweifelt Thore nun sein würde.
    Schütze ihn , flehte sie ihre Göttin an.
    Der Weg war weit – wenn sie zu Fuß gehen musste, würde sie Tage brauchen. Gegen Abend hörte sie das langgezogene Heulen der Wölfe, und obgleich sie wusste, dass Wölfe niemals einen Menschen angriffen, fürchtete sie sich und stieg auf einen Baum. Dort schlief sie, mit ihrem Gürtel an einen Ast angebunden, um nicht hinabzustürzen.
    Am Morgen des zweiten Tages entdeckte sie einen Weg, der quer durch den Wald führte und folgte ihm. Am Nachmittag hatte ihre Beschützerin Mitleid mit ihren wunden Füßen und schickte ihr einen Fuhrmann, einen harmlosen, schwatzhaften Burschen, der sie aufsitzen ließ, als sie erklärte, ihm die Zukunft voraussagen zu wollen.
    „Verschone mich damit, meine Hübsche“, sagte er lachend. „Aber in Dol gibt es einen Markt, da kannst du Geschäfte machen. Nur musst du dich vorsehen, dass du nicht gar so viel lügst, denn die Leute sind misstrauisch. Es soll dort in der Nähe eine Druidin geben, hast du schon von ihr gehört?“
    „Nein!“
    „Die soll wirklich in die Zukunft sehen können.“
    „Ach ja?“
    „Es wäre gut, sie zu befragen, denn wie es scheint, wird es wieder Krieg geben. Alain Schiefbart rüstet sich, um gegen Wilhelm Langschwert zu ziehen und ihm das Land jenseits des Bergs des Heiligen Michael abzunehmen. Wie man hört, hat er sich sogar mit dem Wikingerpack gegen Wilhelm verbündet, und es soll schon Kämpfe gegeben haben. Wenn du mich fragst – mir wäre am liebsten, sie würden sich alle gegenseitig erschlagen, damit endlich Ruhe und Frieden herrscht. Wie soll man Handel treiben, wenn diese bewaffneten Kerle im Land umherziehen, die Wege sperren und unsereinem die Ware abnehmen?“
    Am Abend erreichten sie die Stadt Dol, und Rodena machte sich auf den Weg zu ihrem Quellheiligtum, das nun nicht mehr weit entfernt war. So schwer ihr ums Herz war, weil sie Thore hatte verlassen müssen, so sehr freute sie sich nun darauf, Kira wiederzusehen. Sie ging die altbekannten Pfade, hörte von weitem das Murmeln ihrer Quelle, und alles schien ihr vertraut und fremd zugleich, so als sei sie vor unendlich langer Zeit von hier fortgegangen.
    Der Mond spiegelte sich in dem runden Quellteich, Sterne blitzten am Nachthimmel und warfen flimmernde Lichtpünktchen auf die Wasseroberfläche.
    „Mutter!“
    Der Wind hatte welkes Laub in die Höhle geweht, ein Fuchs huschte davon, der dort nach Mäusen gesucht hatte. Kein menschliches Wesen lebte mehr hier.
    „Mutter!“
    Ihre Rufe verhallten ungehört. Sie lief verzweifelt wieder hinaus zur Quelle, sank auf die Knie und wollte die Göttin um Rat bitten. Da sah sie dicht neben sich auf einem flachen Fels einen kleinen, glänzenden Gegenstand liegen.
    Es war ein Amulett, kreisrund und aus Gold gefertigt, in das ein Künstler eine Figur eingehämmert hatte. An einer Seite befanden sich zwei kleine Löcher, durch die ein Lederband gezogen war, damit man das Schmuckstück um den Hals tragen konnte.
    Sie hielt das Amulett in die Höhe, damit das Mondlicht darauf fiel und sie besser erkennen konnte, was darauf eingraviert war. Das Metall blitzte auf, und sie schloss für einen Moment geblendet die Augen, ein greller Klang mischte sich in das Plätschern der Quelle. Vielleicht war es auch ein kleines Lachen der Sirona, denn auf dem Amulett war der Kopf eines Wolfs zu sehen.
    ***
    Er hatte ihre Spur verloren, sie endete ganz plötzlich, als habe Rodena sich in

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