In den Fesseln des Wikingers
Adamsapfel bewegte sich auf und ab, als schlucke er an einem zähen Brei. Doch er hütete sich, den König weiter gegen sich aufzubringen. „Wir werden darum beten, dass Gott Eure Herrschaft segnen und vor allem Übel bewahren möge, König“, sagte er gepresst. „Im Übrigen vertrauen wir vollkommen darauf, dass unser König das Kloster auch weiterhin zu einem leuchtenden Stern der Christenheit erheben wird.“
„Gewiss“, gab Alain gelangweilt zurück.
Der Klosterbruder musste sich damit zufriedengeben. Er humpelte, als er zur Treppe ging, dennoch machte er einen Bogen um die beiden Frauen und bemühte sich, sie auf keinen Fall auch nur mit einem Zipfel seines Gewandes zu berühren.
„Ein Eiferer, dieser Bruder Ambrosius“, sagte Alain grinsend. „Der Überfall auf sein Kloster hat ihm arg zugesetzt. Er hat seinen Kirchenschatz mutig verteidigt und einige kräftige Hiebe einstecken müssen.“
Rodenas Züge zeigten wenig Mitgefühl, denn sie gönnte Bruder Ambrosius die Prügel von ganzem Herzen. Alain hatte sich wieder dem Spiel zugewendet, doch da sein junger Mitspieler immer noch keine Entscheidung getroffen hatte, verlor er die Geduld.
„Du kannst jetzt gehen, Roger“, gebot er und wandte sich zu den beiden Graubärten. „Ihr beide ebenfalls. Kümmert euch darum, dass die Gefangenen ein wenig aufgepäppelt werden, sie sollen so lange am Leben bleiben, bis wir auch ihre Kumpane erwischt haben.“
Rodena musste sich bemühen, ihre Erleichterung zu verbergen. Er lebte also! Sie hatten die Gefangenen zwar gefoltert, aber nicht getötet.
Alain winkte Rodena näher zu sich heran und deutete auf einen der freien Schemel. Sein Blick glitt mit sehr viel Wohlgefallen über die schöne, junge Frau – die kleine Papia beachtete er jedoch so wenig wie ein Fliege, die an der Wand sitzt. „Ist es wahr, was der Mönch sagte?“
Aha, dachte Rodena. Darauf läuft es hinaus. Dieses Mal würde sie vorsichtig sein, denn sie hatte keine Lust, schon wieder zur Wahrsagerei verpflichtet zu werden. „Ich weiß nicht, was du meinst ...“
Er kniff ärgerlich die Augen zusammen, denn er hatte keine Lust auf ein Katz- und Mausspiel. „Weiche mir nicht aus!“, fuhr er sie an. „Ich habe schon von deinen Künsten gehört und will wissen, ob du tatsächlich Kommendes vorhersehen kannst.“
„Die Leute reden viel, König. Nur wenig davon ist wahr.“
„Wenig würde mir schon genügen, Druidin.“
Sie holte tief Luft. Verflixt, wie kam sie nur aus dieser Klemme wieder heraus? „Ich gebe den Menschen hin und wieder einen Rat“, meinte sie zögernd. „Und oft erwies es sich, dass mein Rat sehr gut war, denn die Dinge wendeten sich genau so, wie ich vermutete. Das ist meine Begabung.“
Er schien nicht recht zufrieden mit dieser Antwort, denn er hatte mehr erwartet. Schließlich stieß er den Spieltisch, der zwischen ihnen stand, mit dem Fuß beiseite und beugte sich so weit vor, dass er sie hätte berühren können.
„Hör zu, Druidin. Ich bin ein Christ, aber das heißt noch lange nicht, dass ich den Respekt vor den alten Göttern vergessen hätte. Ich weiß, dass ein Druide vieles vermag, und ich will, dass du mir einen Rat gibst.“
Da hatte sie es. Ausflüchte waren zwecklos, sie hatte zu gehorchen, denn schließlich war sie in seiner Macht. „Ich werde versuchen, Euch mit meiner schwachen Gabe zur Seite zu stehen, König. Redet!“
Er richtete sich wieder auf und blinzelte sie prüfend an, bevor er zu einer kurzen Erklärung ausholte. „Vor zwei Jahren habe ich Wilhelm Langschwert besiegt, seitdem hat der Herzog der Normandie nicht mehr gewagt, in mein Land einzufallen. Wir haben Grenzfestungen gebaut, um gegen einen neuen Angriff gewappnet zu sein, und ich will diese Festungen meinem Sohn anvertrauen. Doch er ist jung und unerfahren.“
Er zögerte, denn er wollte nicht gern zugeben, dass er noch weitere Zweifel an den Fähigkeiten seines Sohnes hatte, doch Rodena begriff, was er verschwieg. Der Knabe war nicht gerade einer der hellsten.
„Euer Sohn ist bereit, diese Aufgabe zu übernehmen?“
„Er brennt darauf.“
Sie überlegte, denn sie hatte tatsächlich keine Ahnung, was sie raten konnte. Sollte sie die Göttin befragen? Aber das war immer eine unsichere Sache, und sie hatte wenig Lust dazu. Was kümmerte sie überhaupt Alain Schiefbarts Sohn? Sie hatte ihre eigenen Sorgen. In diesem Moment schoss ihr eine Idee durch den Kopf.
„Hört meinen Rat“, sagte sie. „Solange Wilhelm
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