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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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hatte sich erfüllt, so wie die Göttin es gesagt hatte.
    Alles in ihr bäumte sich dagegen auf. Er war nicht tot, durfte nicht tot sein! Er war bewusstlos, vielleicht schwer verwundet, aber er lebte. Sie musste zu ihm gelangen und ihm beistehen, denn wenn niemand seine Wunden versorgte, würde er gewiss sterben.
    Hilflos starrte sie zu ihm hinüber, sah seinen bleichen Körper hinter den Gischtschleiern verschwinden, und die Angst, er könne für immer ins ferne Land der Nebel reisen, wurde übermächtig.
    Erst am Abend würden die Wellen sich wieder zurückziehen, und es würde nicht allzu schwer sein, auf den Felsblock zu klettern. Doch am Abend konnte Thore bereits an seinen Wunden gestorben sein – sie musste jetzt zu ihm gelangen.
    Sie ging am Rand der Klippe entlang, spürte Sand und loses Gestein unter ihren Füßen, ein kleiner Felsbrocken löste sich und stürzte die Klippe hinab, um in den aufgewühlten Wassern zu verschwinden. Sie achtete nicht auf die Gefahr. Endlich fand sich eine Stelle, die ihr weniger steil erschien, und sie legte sich auf den Bauch, ließ sich mit den Füßen zuerst am Fels hinab und versuchte, auf den schmalen Vorsprüngen Halt zu finden. Der Wind zerrte unbarmherzig an ihrem Kleid, Möwen umstrichen sie und schienen sich über den großen, flatternden Vogel lustig zu machen, der an der Felsklippe hing und sich nicht in die Lüfte zu schwingen wagte. Sie sah nicht nach unten, klammerte sich an das zerklüftete Gestein, das Sausen des Windes und das Schlagen der Brecher erfüllten ihre Ohren, während sie langsam in die Tiefe kletterte. Mehrfach rutschte ihr Fuß ab, der Fels bröckelte, kleine Steinchen lösten sich unter ihr, und sie krallte die Finger ins Gestein, um nicht aus allzu großer Höhe in die Fluten zu stürzen. Endlich erreichte sie einen schmalen Absatz, der es möglich machte, die Felswand loszulassen und sich vorsichtig umzuwenden. Kaum eine Manneslänge unter ihr schlugen die Wellen gegen den Fels, wer in diese Brandung hineingeriet, wurde unweigerlich gegen den Stein geworfen und musste ertrinken.
    Hilf mir, Sirona. Bewahre Thore und mich vor dem Tod, oder lass uns die Reise in das andere Land gemeinsam antreten.
    Sie stieß sich von der Felswand ab und stürzte sich in die aufgewühlte Flut, spürte die eisige Kälte der grauen Wogen, ihre wütende Kraft, die sie zur Klippe hin drängte, und begann den verzweifelten Kampf. War es ihre Göttin, die ihr beistand? Oder ihre heftigen, entschlossenen Schwimmbewegungen? Hatte Sirona ihr für kurze Zeit den schmalen Leib eines Fisches gegeben, der Wellen und Strömung sicher durchgleitet? Als sie nach Luft ringend wieder aus dem Wasser auftauchte, war die Steilwand weit hinter ihr, und der Sog zog sie ins Meer hinaus. Panik erfasste sie, denn sie fürchtete, an dem Granitfels, auf dem Thore lag, vorüber in die offene See gezogen zu werden, sie ruderte gegen die heranrollenden Wellen an, keuchte und schluckte salziges Meerwasser, wenn sie über sie hinwegschwappten, und endlich gelang es ihr, sich an einem Vorsprung des glattgeschliffenen Felsens festzuhalten.
    Es brauchte unendliche Kraft, sich hochzuziehen, zweimal rutschte sie wieder hinab, wäre fast ins Meer gerissen worden, ihr Körper schien ihr bleischwer und unbeweglich wie ein Stück Holz, zusätzlich zog das nasse Gewand sie in die Tiefe. Schließlich streifte sie das lange Kleid vom Körper, warf es auf den Fels und kletterte mühsam hinterher. Der Stein war an der Oberseite weniger abgeschliffen, da die Wellen ihn immer nur für kurze Zeit überspülten, doch er war nass und glitschig, so dass sie vorsichtshalber auf allen vieren kroch. Als sie Thores reglosen Körper erreicht hatte, war sie so erschöpft, dass sie keuchend neben ihm liegen blieb. Er lag auf dem Rücken, das Gesicht zur Seite gewendet, seine Augen waren geschlossen.
    Eine große Woge traf den Felsen, brach sich an ihm und stürzte schäumend über sie beide hinweg. Thores Körper wurde von der Kraft des Wassers zur Seite bewegt, und Rodena fürchte für einen Augenblick, er würde über den Rand des Felsens ins Meer gleiten. Eine tiefe Wunde, vermutlich von einem Dolch, klaffte an seinem Hals, Blut quoll daraus hervor, floss über den Stein und wurde vom Wasser davongeschwemmt.
    Sie wrang ihr Gewand aus, riss einen Streifen aus dem Saum und verband damit seine Wunde, dann umfasste sie seine Taille und versuchte, seinen schweren Körper näher zu sich heranzuziehen. Doch es fehlte ihr die

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