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In den Fesseln des Wikingers

In den Fesseln des Wikingers

Titel: In den Fesseln des Wikingers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan McFadden
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Rast. Ich bringe dich in Sicherheit, und du wirst wieder gesund werden. Ich kann dich nicht die steilen Felsen hinaufziehen, deshalb müssen wir hier am Strand entlanggehen, bis die Küste flacher wird.“
    Mehr sagte sie nicht, denn er fand ihre weichen Lippen und küsste sie, als könne er neue Kraft dadurch gewinnen.
    „Es scheint dir schon besser zu gehen“, flüsterte sie. „Vielleicht könntest du ja versuchen, ein paar Schritte zu gehen.“
    Er drehte sich mühsam auf die Seite, stemmte das Knie in den Sand und setzte sich auf. Doch im gleichen Augenblick dröhnte es wie schwere Hammerschläge in seinen Ohren, und die Finsternis verschlang ihn.
    Als er wieder aus der schwarzen Nacht der Bewusstlosigkeit aufstieg, hörte er ihren Gesang, und die süße Erinnerung an ihr erstes Zusammentreffen stieg in ihm auf. Hatte sie ihn in ihr Druidenheiligtum gebracht? Sang sie dort für ihre Göttin?
    Die Melodie brach ab, und er blinzelte in die schrägen Strahlen der Abendsonne. Rodena hockte neben ihm im Sand, mühte sich, das nasse Gewand überzustreifen und stützte dann erschöpft die Arme auf die angezogenen Knie.
    „Ich bin gleich wieder hier. Ruh dich aus. Mach dir keine Sorgen, ich komme zurück.“
    „Durst ...“, krächzte jemand.
    Hätte man ihm gesagt, dass es seine eigene Stimme war, er hätte es nicht geglaubt. Rodenas Hand strich ihm das Haar aus der Stirn und löste den feuchten Sand aus seiner rechten Ohrmuschel.
    „Ich bringe dir Wasser. Gleich. Es dauert nicht lang.“
    Ihre Stimme klang unendlich sanft und liebevoll, noch nie hatte er seine stolze Druidin so sprechen hören. Es beunruhigte ihn, denn das konnte bedeuten, dass es schlimm um ihn stand. Verfluchte Schwachheit – weshalb konnte er ihr nicht helfen? Weshalb lag er hier wie ein müder Fisch im Sand und kam nicht auf die Beine?
    Er versuchte es noch einmal, schaffte es, einen kleinen Moment sitzen zu bleiben, dann schlug der Hammer wieder zu, und in seinen Ohren tobte ein ganzer Ozean. Nichts. Vollkommenes, durchsichtiges, klares Nichts.
    Eine Erschütterung, die seinen gesamten Körper erfasste, riss ihn wieder aus der Bewusstlosigkeit. Sein Schädel schmerzte, die Wunde brannte, der Durst brachte ihn fast um den Verstand. Dazu stank es abscheulich, ein stechender Geruch, den er noch nie hatte leiden können.
    „Verflixt nochmal! Nach links hinüber, du blöder Bock! Hast du Dreck in deinen Lauschern? Nein! Nicht dorthin! Das könnte dir so passen, zurück in deinen Stall zu rennen!“
    Woher hatte sie diesen Karren? Und den Ziegenbock? Er schloss die Augen, denn in seinem Schädel hämmerte ein Schmied mit seinem Gesellen um die Wette.
    „Mach den Mund auf!“
    Wasser! Es füllte seinen Mund und lief über seinen Bart. Das Schlucken war mühsam und schmerzte, denn sein Hals war angeschwollen, doch seine Gier nach Wasser war stärker. Er musste husten, rang nach Luft und schluckte weiter.
    „Langsam. Ich habe einen ganzen Schlauch voll Wasser mitgenommen. Du kannst ruhig trinken …“
    Die Reise ging weiter, und er biss die Zähne zusammen, denn das Gefährt holperte über Gras und Steine. Sie hatte ihm einen Verband um Schulter und Hals gebunden, der ihn jetzt scheußlich drückte und ihm fast die Luft abschnürte. Hin und wieder hörte er das Zischen einer Gerte und Rodenas ärgerliche Befehle.
    „Hier werden keine Halme abgefressen. Lauf voran und tu nicht so, als müsstest du den Wagen allein ziehen. Schließlich schiebe ich hinten und das nicht zu knapp!“
    Vor ihm wackelte das schwarze Hinterteil eines Ziegenbocks, der jetzt dickköpfig meckerte und die kleinen Hufe in den Boden stemmte. „Heb die Hufe, du Mistvieh! Was ist los? Hast du Angst vor einem Eichhörnchen? Nicht so schnell! Haaalt!“
    Der Karren rumpelte über einen unebenen Weg, sein Kopf schlug hart gegen die Seitenwände, das Dröhnen wurde zu einem heftigen Schmerz. Über sich sah er ein Gewirr kahler Äste, die sich wirbelnd ineinander verfingen, als bliese ein heftiger Sturm hindurch. Dann, endlich, hörte das Rumpeln und Rattern auf, der Wagen stand still, und er hörte Rodena ärgerlich fluchen.
    „Es hat keinen Zweck mit dir, blöder Bock. Verschwinde!“
    Das befreite Zugtier preschte in wilden Sprüngen davon, und der zweirädrige Karren senkte sich im gleichen Moment nach vorn, so dass seine Füße den Boden berührten.
    Rodena keuchte von Anstrengung und musste sich erst einmal am Wegrand niedersetzen.
    „Es tut mir leid“, krächzte er.

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