In den Haenden des Eroberers
Wange. Mit dem Daumen strich er zärtlich über ihr Gesicht und berührte ihre vollen, roten Lippen. In Gedanken liebkoste er sie erneut mit den seinen. Der Drang, Fayth ganz zu besitzen, wurde so übermächtig, dass Giles seinen Blick von ihrem Mund losreißen musste und nach oben wandern ließ.
Augen, so grün wie ein dunkler Wald, starrten ihn an.
Lady Fayth war erwacht.
4. KAPITEL
F ayth blickte Giles in die Augen, und es dauerte einen Moment, bis ihr aufging, wo sie war und wer sie auf diese intime Weise berührte. Schneller, als Giles es für möglich gehalten hätte, schoss sie hoch, wich an die Wandseite des Bettes zurück und ging in Abwehrhaltung, bereit, jeden Angreifer zurückzuschlagen. Lediglich die Waffe in ihrer Hand fehlte noch, um das Bild zu vervollständigen.
„Ihr schlaft in Eurem Kleid?“, fragte Giles sanft, um sie nicht noch mehr zu verschrecken.
„Wie habt Ihr Euch Zugang verschafft?“, gab Fayth zurück, ohne auf seine Spöttelei einzugehen.
„Nun.“ Giles nickte in Richtung Tür. „Als die Scharniere erst einmal entfernt waren, mussten wir nur noch die Tür mitsamt Riegel beiseite heben.“ Er glitt vom Bett und sah sie fest an. „Versperrt nie wieder die Tür.“
Ihre Augen weiteten sich angstvoll, vielleicht aufgrund seiner Worte, vielleicht aber auch wegen des Tonfalls. Zitternd strich Fayth sich das Haar zurück, sodass ihr die dicken Locken den Rücken hinabflossen.
„Kommt“, sagte Giles und streckte ihr die Hand entgegen. „Bitte beruhigt Euch. Tür hin oder her, Euch droht hier keine Gefahr.“
Ihr Blick flog von Giles zur Tür und zurück zum Bett. Zu der Angst in ihren Augen gesellte sich Zweifel. Giles fragte sich, ob ihre Verwirrung vielleicht daher rührte, dass sie plötzlich aus tiefem Schlaf gerissen worden war. Er wich einige Schritte zurück und setzte sich abwartend auf einen Stuhl.
„Ihr sagtet, Ihr würdet nicht …“, flüsterte sie, damit niemand im Gang sie hörte. „Ihr seid doch mit Euren Männern fortgegangen.“
„Ihr habt mich aus der Kammer geworfen und den Riegel vorgelegt. Einen solchen Affront konnte ich mir nicht bieten lassen.“
Wieder trat Furcht in ihre Augen. Giles merkte, dass ihm dies nicht gefiel. Wut ließ das Grün ihrer Augen goldene Funken sprühen, aber Angst machte es stumpf und nahm der Farbe die Tiefe.
„Fürchtet Ihr Euch davor, unsere Ehe zu besiegeln?“, fragte Giles. „Oder hat Eure Besorgnis vielleicht andere Gründe?“
Röte stieg Fayth in die Wangen, und sie wandte den Blick ab. Beschämten sie solch offene Worte? Sie schien nicht bereit, die Angelegenheit mit ihm zu bereden. Bedeutete ihr Verhalten, dass sie sich Edmund hingegeben hatte, oder war dies das schamhafte Erröten einer Jungfrau?
„Ich habe Euch bereits gesagt, dass ich Euch nicht anrühren werde, bevor ich nicht weiß, ob Ihr das Kind eines anderen Mannes im Leibe tragt. Und nun kommt von der Wand weg und legt Euch zur Ruhe.“ Er unterstrich die Worte mit einer Geste seiner Hand.
„Warum beleidigt Ihr mich derart?“ Lady Fayth glitt vom Bett, schüttelte ihr Kleid auf, sodass es ihre Beine bedeckte, und strich es glatt. Das Haar fiel ihr in betörenden Wellen über die Schultern. „Glaubt Ihr wirklich, ich achte meine Ehre und die meines Vaters so gering, dass ich leichtfertig den Verlockungen des Fleisches erliege?“
Im Nu war er aus dem Stuhl hochgeschnellt und stand vor ihr, so dicht, dass er sie fast aus dem Gleichgewicht brachte; aber sie erwiderte seinen Blick, wenngleich ihre Augen sich weiteten und ihr Atem flach ging. Giles aber tat nichts außer dazustehen, reglos, ohne sie zu berühren, ohne auch nur zu atmen.
Die Luft um sie herum schien zu glühen, und die Hitze erfasste Giles und setzte sein Inneres in Flammen. Wie leichtfertig würde sie den Verlockungen des Fleisches erliegen? Die Angst in ihren Augen, ihr bebender Körper und die Blässe ihrer Haut sagten ihm, dass sie das Feuer der Lust, das zwischen Mann und Frau entbrennen konnte, noch nie gespürt hatte. Das hieß nicht, dass sie ihre Unschuld nicht bereits vergeben hatte, aber was den sinnlichen Genuss anging, konnte Giles ihr noch einiges beibringen.
Fürs Erste aber genügte eine einfache Lektion. Alles, was darüber hinausging, würde seine ohnehin schwindende Kontrolle auf eine allzu harte Probe stellen, und zum Äußersten durfte er es nicht kommen lassen – noch nicht. Giles beugte sich vor und zwang Fayth dadurch, ihren Kopf nach hinten zu neigen.
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