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In den Häusern der Barbaren

In den Häusern der Barbaren

Titel: In den Häusern der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Héctor Tobar
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Moment, dass er die fünfzehn Jahre jüngere und dreißig Zentimeter kleinere Miss Villareal in Zukunft nicht mehr zu beeindrucken versuchen würde. Er drehte sich zu Araceli um, die mit vor der Brust verschränkten Armen direkt vor ihm auf dem Rasen stand. »Sie wissen vermutlich, warum ich hier bin?«
    Araceli schwieg. In der nun folgenden, ratlosen Reglosigkeit fingen die Leute in den benachbarten Häusern und Hinterhöfen zu schreien an: »¡La migra!« Eine unsichtbare, aber hörbare Panik griff um sich, begleitet von Türenschlagen und quietschend geöffneten Fenstern, aus denen die Leute dann aus den oberen Etagen ihrer Häuser auf die Streifenwagen glotzten. Unverständliches Geschrei drang aus dem nächsten Häuserblock, und kurz darauf eilte ein Junge in einem Club-América-Trikot mit scharrenden Gummisohlen über den betonierten Gehweg an ihnen vorbei. Der Fußballfan hatte die Hände tief in die Hosentaschen vergraben, überquerte die Straße und warf den Polizisten einen letzten Blick über die Schulter zu, bevor er kurz vor der nächsten Straßenecke zu rennen anfing . Lauf weg, lauf weg . Zwei Tage lang hatten die Anwohner der Maple Street in ihren Häusern ausgeharrt, sie hatten Aracelis Flucht und Überwältigung wieder und wieder im Fernsehen gesehen und den spanischen Journalisten gelauscht, die den englischen Chor der medios norteamericanos für sie übersetzt und zusammengefasst hatten, die Forderungen nach Aracelis Festnahme. Es hatte sich herumgesprochen, dass das Opfer des Medienrummels mitten unter ihnen wohnte, aber erst die Ankunft der Polizei mit ihren glänzenden Abzeichen, baumelnden Schlagstöcken und flackernden Sirenen hatte das Gerücht in eine konkrete Bedrohung verwandelt. Die unterdrückte Angst, die ihren Alltag begleitete, war zu neuem Leben erwacht. Die paisana aus dem Fernsehen hat las autoridades in unser Viertel gelockt, und jetzt werden wir alle mitgenommen, noch bevor wir zu Ende frühstücken und das Geschirr spülen können . Córrele, córrele.
    »Diese Leute scheinen zu glauben, wir wären gekommen, um die illegalen Einwanderer zu holen«, sagte der Captain zu Araceli. »Aber nein, wir sind nur Ihretwegen hier, kleine Lady.« Er drehte sich um, legte beide Hände an den Mund und rief: »Achtung, Achtung! Ich bin nicht von der migra ! Ich bin nicht euretwegen hier!«
    Am Ende der Straße war eine Frau aus dem ländlichen Guanajuato dabei, mit ihrem zweijährigen Sohn voller Panik auf den Dachboden ihres Zweifamilienhauses zu klettern. Sie kroch hinter einen Kistenstapel und zog ihr Handy heraus, um el licenciado Octavio Covarrubias anzurufen. Er, der Autodidakt und die selbst ernannte gute Seele der Maple Street, steckte seine Nummer regelmäßig Neuankömmlingen zu, denen er sich als erfahrener, besonnener Familienvater mit guten Verbindungen vorstellte. Er stand auf der Veranda, als der Klingelton seines Handys, eine schmissige Melodie mit Trompeten und Akkordeon von Los Temerarios, die Stille zerriss und der Unentschlossenheit des Captains ein Ende machte. Der Captain überlegte, wie er die Frau, deren Name im Haftbefehl stand, dazu bringen konnte, ohne viel Aufhebens in seinen Streifenwagen zu steigen. Das würde die allgemeine Lage entspannen.
    » Sí, quédate allí escondida «, sagte Octavio in sein Handy, woraufhin sich alle Anwesenden mit Spanischkenntnissen, darunter auch einige Officer, zu ihm umdrehten.
    »Hey, Captain«, sagte einer von ihnen, »hier scheinen sich Leute zu verstecken.«
    »Bestimmt im Kleiderschrank und auf dem Dachboden«, sagte ein zweiter Officer. »Mein Gott, wie ich das hasse.«
    Der Captain ignorierte seine Untergebenen und wandte sich an Araceli. »Je schneller Sie einsteigen, junge Lady, desto eher können Ihre netten Nachbarn ihre Verstecke verlassen.« Araceli stand drei Meter vor ihm auf dem Rasen, aber er wollte keinen Schritt auf sie zugehen; sollte sie einen Fluchtversuch unternehmen, würde die Panik auf die umliegenden Häuserblocks übergreifen. Falls sie Widerstand leistete und seine Kollegen in Anwesenheit der Presse Gewalt anwenden mussten, würde auch das womöglich ein Nachspiel haben.
    »¿Y para qué me vienes a piscar?«, fragte sie.
    »Wegen Kindesmisshandlung«, antwortete der Captain. Der Umgang mit den Verdächtigen hatte ihm im Laufe der Zeit den spanischen Slang nähergebracht, auch wenn er die vollständige Bedeutung des Verbs »piscar« nicht nachvollziehen konnte. Es handelte sich um eine

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