In den Klauen des Löwen
Blieben diese Bunkerstellungen so lange besetzt, bis das Gros der Bwambas in den Bergen war, in der Sicherheit der Felsen und Schluchten, der Urwälder und Lianendickichte? Alles deutete darauf hin.
»Es wird ein verdammt harter Kampf werden«, sagte McCallen ehrlich. »Wir haben einen Gegner vor uns, der sich außer für Medizin auch für Kriegsgeschichte interessiert haben muß. Die einzige Möglichkeit, die ganze Sache in den Griff zu bekommen, ist, den Weg zu den Bergen abzuschneiden. Wir werden die Bunkerwachen leerlaufen lassen. Ein paar Stoßtrupps sollen besonders laut knallen, damit sie glauben, die ganze Armee läge ihnen gegenüber. Wir werden alles, was wir an freien Truppen haben, nach Westen werfen. Aber dieser Riegel muß sitzen!«
Und er saß.
Der Weg zu den Mondbergen, zur Sehnsucht der Bwambas, war geschlossen. Drei Regimenter wurden dort abgesetzt. Mit dem einzigen überschweren Hubschrauber wurden sogar leichte Feldgeschütze in den Rücken der Bantus gebracht.
»Und jetzt Ruhe!« befahl McCallen, als der schwarze General, fiebernd nach Sieg und Gloria, losschlagen wollte. »Keinen Mucks! Sie sollen erst marschieren. Wir machen die Falle ganz weit auf, und wenn sie drin sind, lassen wir sie zuschnappen! Nur Ruhe … sie kommen von ganz allein …«
In Fort Portal waren unterdessen die aus dem Sumpf befreiten weißen Gefangenen eingetroffen. Lastwagen brachten sie in die Stadt, wo sie in ausgeräumten Schulen und Lagerhäusern untergebracht wurden. Ein Teil der Frauen und Kinder wurde in das Krankenhaus gefahren. Sumpffiebersymptome zeigten sich bei einigen. Viele der Frauen litten unter dem Schock, den die grauenhaften Tage bei ihnen ausgelöst hatten. Die meisten Kinder waren erkältet, eine Folge der Sumpfwanderung und der ewigen Nässe.
Pater Fritz hatte viel zu tun, betete an den Betten, sprach seine Erlebnisse auf Tonband und wurde von McCallen empfangen. Vor ihm aber war schon Ingeborg Kraemer bei McCallen gewesen und hatte einen wilden Tanz aufgeführt.
»Sie haben die gesamte Familie Sander als Geiseln mitgeschleppt!« schrie sie. »Man hat mir gesagt, daß Sie die Aktionen leiten …«
»Woher wissen Sie das?« unterbrach sie McCallen.
»Ich bin Journalistin.«
»Mir bleibt auch nichts erspart.« McCallen sah an die Decke. »Sie waren auch im Sumpf?«
»Natürlich.«
»Und die Bwambas haben Ihnen kein Haar gekrümmt?«
»Nein.«
»Verständlich! Wer einen Journalisten frißt, muß einen eisernen Magen haben.«
Verständnislos für den britischen schwarzen Humor starrte Ingeborg Kraemer den pfeiferauchenden McCallen an. »Verstehen Sie nicht …«, stammelte sie. »Sie haben die Familie Sander bei sich …«
»Das kann ich nicht ändern.«
»Mein Verlobter ist dabei!« schrie Ingeborg auf. »Sie haben die Pflicht, sie zu befreien!«
»Ich habe die Pflicht, für Ordnung im Lande zu sorgen. Für eine haltbare Ordnung. Dafür gibt es bestimmte Pläne, und die kann ich nicht umstülpen, nur weil die Familie Sander bei den Bwambas ist.« Der Ton McCallen wurde militärisch knapp. »Miß Kraemer, es ist schrecklich, aber ich kann die gesamte Taktik nicht wegen ein paar Menschen ändern. Sie müssen das einsehen.«
»Einsehen? Einsehen, wie drei Menschen geopfert werden?« Ingeborg Kraemer schwankte. Ein farbiger Boy, der McCallen gerade den Tee servierte, schob ihr einen Stuhl unter.
»Vier!« sagte McCallen ruhig. »Ein Thorwaldsen ist auch noch dabei.«
»Sie wissen also alles?« stammelte Ingeborg.
»Halten Sie mich bitte nicht für einen kleinen Idioten, Miß Kraemer.« McCallen goß sich den Tee ein und füllte auch eine zweite Tasse, die er Ingeborg zuschob. »Mike Harris hat mir alles erzählt. Ich weiß, Sie kennen Mike Harris nicht, aber ich kenne ihn um so besser. Wir haben Thorwaldsens Landrover im Busch gefunden. So ganz nebenbei ist auch noch ein Hubschrauber abgeschossen worden. Die Geschoßeinschläge sind hochinteressant. Neben einem Militärgewehr muß man auch mit einer Jagdbüchse auf den Hubschrauber geschossen haben. Rätselhaft, was? Es sind da überhaupt viele Rätsel. Schon die Rundreise dieser Miß Corinna Sander mit diesem Höllenhund Malanga … was soll das? Mike berichtete, Malanga habe ihr versprochen, die beiden Geschwister zu befreien. Das ist doch Blödsinn! Als wenn Malanga drei Kronzeugen laufen läßt!« Er trank in kleinen, schnellen Zügen den Tee aus und drückte die Glut im Pfeifenkopf herunter. »Ich kann im Augenblick gar nichts
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