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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sie keine Angst. Ich bleibe auf.«
    Noch ein paar Minuten lauschte Corinna auf die Geräusche der Tropennacht, dann fielen ihr die Augen zu. Ein wohliges Gefühl überkam sie, sie streckte sich im Schlafsack und begann zu träumen.
    Die Farm … der Vater, wie er die Kaffeesäcke auf der Waage nachwiegt. Bruder Robert, der mit einer Baumwolladung aus den Feldern kommt. In der Ferne die rhythmisch singenden Pflücker mit ihrem schrillen Vorsänger.
    Wie schön ist dieses Land!
    Mitten in der Nacht schlug Malanga den Zelteingang zurück und blickte auf die schlafende Corinna. Der Mond schien über die Savanne, es war stiller geworden, nun schliefen auch die aufgeschreckten Tiere.
    Er hockte sich zu Füßen des Schlafsackes auf die Erde, nach Negerart mit angezogenen Knien, und saß da wie ein Sklave, der den Schlaf seiner Herrin bewacht.
    Ich liebe sie, dachte Malanga. O Gott, wie liebe ich sie. Schon als ich sie an der Balustrade des ›Apolo‹ sah, wußte ich, daß ich nie mehr von ihr loskommen würde. Dieses goldene Haar; diese Haut, weiß und zart wie Porzellan; dieser junge, herrliche Körper mit den festen Brüsten, der schlanken Taille und den langen Beinen. Ihr Lachen, ihre Stimme, ihr Gang, ihre Handbewegungen, der glänzende Blick ihrer tiefblauen Augen … ich sauge alles in mir auf wie ein Gift. Ja, so ist es. Ich vergifte mich an ihr. Es ist wie beim Opium; man weiß, daß man an ihm zugrunde gehen wird, aber man raucht es weiter, um die Illusionen immer wieder zu genießen, um sich eine Welt vorzugaukeln, die nur aus Rauch besteht, aus Phantasie, aus … aus Gift! Genauso ist sie … ich liebe sie, ich ließe mir für sie das Herz aus der Brust reißen … und ich weiß, daß ich sie nie berühren darf, daß meine Hände schwarz sind, mein Gesicht, mein Körper, alles an mir. Nur das Blut ist rot wie ihres … aber das ist nicht genug, um sie zu lieben.
    Er beugte sich langsam, ganz vorsichtig über Corinnas Kopf und streichelte ihr blondes Haar, zog mit den Fingerspitzen die Konturen ihres Gesichtes nach … die Augen, die Wimpern, die Nase, die Ohren, das Kinn, zuletzt die Lippen, und als er diese berührt hatte, drückte er die Fingerspitzen an seine Lippen und atmete tief auf, senkte den Kopf und schüttelte ihn.
    Es wird nie sein, nie!
    Leise kroch er aus dem Zelt. Draußen dehnte er sich und sah über die schlafende Savanne.
    Mein Land, dachte er. Mein herrliches Land. Hier bin ich ein König. Warum hat Gott den Menschen verschiedene Farben gegeben. Warum, du Gott?! In der Bibel steht: Du schufst den Menschen nach deinem Ebenbild! – Warst du ein Weißer, Gott? Hast du den schwarzen Mann geschaffen als eine Laune, zum Narren für den weißen Mann? Was hast du dir dabei gedacht, o Gott? Einmal haderte Hiob mit dir und klagte dich an, ein schlechter Gott zu sein, ein ungerechter, ein blinder, ein böser Gott. Jetzt klage ich dich an, Gott. Ich, Julius Malanga, ein Bantu aus Toro. Ich frage dich, mein Gott: Warum hast du uns Schwarze geschaffen?!
    Malanga senkte den Kopf. In der Nähe des Lagers raschelte es laut. Mit lautlosen Schritten rannte Malanga zum Wagen und nahm die Büchse vom Sitz, wo sie schußbereit gelegen hatte. Dann lehnte er sich an die hinteren Kotflügel, drückte mit dem Daumen den Sicherungsflügel herum und wartete darauf, was aus dem hohen Gras in den Lichtschein kommen würde.
    Es dauerte lange Minuten, bis ein Schatten zwischen den Baobabs auftauchte, ein schlanker, gleitender, katzenhafter Schatten, der sichernd in der fahlen Dunkelheit blieb, jenseits von Lampe und Mondschein.
    Malanga rührte sich nicht. Jetzt war er Wild wie das Wild um sich herum, lauernde Natur, sich wehrende Kreatur.
    Der Schatten stand bewegungslos. Nur ein feines Geräusch flog von ihm her zu Malanga. Ein leises Peitschen, ein Schaben.
    Er schlägt mit dem Schwanz, dachte Malanga. Er sieht mich, er riecht mich, und er weiß nicht, wer und was ich bin. Komm, Chui, komm … tritt aus dem Schatten, greif an, zeige deine gefleckte Schönheit. Sei nicht ängstlich, in der Steppe hat man Mut … komm, Chui …
    Malangas Kopf schob sich an den Kolben des Gewehres. Der Leopard, auf kisuaheli Chui, duckte sich etwas. Der Schatten wurde kleiner, dünner. Malanga krümmte den Finger bis zum Druckpunkt. Er zielte nicht auf den Schatten, er visierte einen imaginären Punkt drei Meter weiter zu sich an. Hier mußte der Leopard nach seinem ersten Sprung landen, und hier würde ihn die Kugel treffen.
    Malanga

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