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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Hoffentlich überleben Sie meine Kochkunst. Bisher habe ich immer allein essen müssen, was ich zusammenbraute. Ich gestehe, daß ich einen Blinddarm besser herausnehme, als Blumenkohl zu kochen.«
    Malanga lachte. Es war wieder das tiefe, herrliche Lachen, das wie ein Gesang klang. Er setzte sich auf einen der Klapphocker, hielt den Plastikteller hoch und war jetzt wie ein übermütiger Junge.
    »Von Ihnen vergiftet zu werden, ist ein schöner Tod!« Er hob schnuppernd die Nase. »Was gibt es?«
    »Warmen Schinken mit Möhrengemüse!«
    »Köstlich! Wie im ›Ritz‹ in Paris.«
    Corinna setzte sich und stellte den heißen Topf auf den Tisch. Hinter ihr zischte ein kleinerer Kessel auf dem Propangaskocher. Teewasser.
    »Sie haben gute Büchsen gekauft, Mister Malanga«, sagte sie. »Aber ich bitte zu beachten, daß die Soße ganz allein von mir stammt. Eine Mehleinbrenne.«
    »Lassen Sie mich nur die Soße essen!«
    »Wenn Sie unbedingt eingehen wollen.«
    Es wurde ein fröhliches Abendessen. Nach dem Tee tranken sie die Flasche gekühlten Wein, Malanga holte ein Transistorradio aus dem Wagen, Tanzmusik klang auf und wehte über die nächtliche Savanne.
    »Was ist anders als auf der Dachterrasse des ›Apolo‹?« fragte er und bot Corinna eine Zigarette an.
    »Uns schauen Affen und Löwen zu.«
    »Die gab es im ›Apolo‹ auch! Dort trugen sie weiße Smokings. Hier erkennt man sie sofort; die Savanne ist ehrlicher.«
    Corinna sah über die Glut ihrer Zigarette in das Gesicht Malangas. Eine Batterielampe erleuchtete ihren Campplatz. Ganz in der Nähe heulten einige Hyänen auf. Irgendwo in dem hohen Gras und am Fuße ihrer Erhebung raschelte es laut. Ein großes Tier, in der Nacht nicht sichtbar, mußte hier um das Lager gehen, angelockt von dem fremden Licht.
    »Wollenn wir tanzen?« fragte sie.
    Malanga hob ruckartig den Kopf. Seine Augen leuchteten.
    »Jetzt? Hier?«
    »Wir haben Musik, wir haben Wein … denken wir, wir seien auf der Dachterrasse des ›Apolo‹.«
    »Bitte, nicht das!« Malanga sprang auf. Sein Klappstuhl fiel um. »Dort hätte ich nicht mit Ihnen tanzen können.«
    »Dummheit! Wir sind doch moderne Menschen!« Sie machte einen Knicks und hob die Arme. »Ein Walzer. Ausgerechnet ein Walzer! Ich liebe ihn. Sie auch?«
    »Sehr.« Malangas Stimme war plötzlich belegt. Er nahm Corinna in seine Arme und machte die ersten Tanzschritte. »Ich habe einmal einen Walzer in New Orleans getanzt. Ich besuchte dort einen Freund. Ich tanzte den Walzer mit einem weißen Mädchen. Zehn Minuten später holte mich die Ambulance ab … man hatte mich im Lokal zusammengeschlagen.«
    »Denken Sie nicht mehr daran.« Corinna wiegte sich im Takt der Musik. »Sie tanzen gut.«
    Es war, als gehe die Musik nie zu Ende. Und es war der seltsamste Tanz, den vielleicht je ein Paar getanzt hatte, in der Savanne Ostafrikas, unter den breiten Ästen der Borassus-Palmen, beschienen von einem Batteriescheinwerfer, umheult von Hyänen und beobachtet von Hunderten von Tieraugen, die außerhalb des Lichtkreises auf die unbekannten Wesen starrten.
    Als der Walzer zu Ende war, ließ Malanga die Arme sinken, sprang zu dem Transistorradio und stellte es ab.
    »Warum?« fragte Corinna und trank einen Schluck Wein. »Jetzt kommt doch ein Foxtrott.«
    »Ich will diesen Walzer nicht töten.« Malanga lehnte sich an den Stamm einer Palme. »Er soll in mir nachklingen, immer, unsterblich … Wissen Sie, wie glücklich ich bin, Miß Sander?«
    Ein Gefühl plötzlicher Abwehr kam in Corinna hoch. Sie konnte es sich nicht erklären, aber es war da und störte nun die Harmonie. Plötzlich erschreckte sie auch die grenzenlose, nächtliche Savanne mit ihren unbekannten, hundertfachen Lauten, das Rascheln im Gras, das Hyänengeheul, das Quäken und Pfeifen, Wispern und Raunen … die Sinfonie der Steppe.
    »Sie haben in anderer Richtung recht«, sagte sie und hielt die Hand vor den Mund. »Ich bin verteufelt müde. Man merkt doch, daß man in Europa verweichlicht. Der erste Tag einer Safari, und schon gähnt man sich auseinander. Gute Nacht, Mister Malanga.«
    »Gute Nacht, Miß Sander.«
    Sie gaben sich die Hand. Dann kroch Corinna in das Zelt, schlüpfte in den Nylonschlafsack und zog den Reißverschluß zu. Erstaunt sah sie, daß kein zweiter Schlafsack im Zelt lag.
    »Wo schlafen Sie denn?« rief sie hinaus.
    »Im Wagen.« Die Stimme Malangas war nahe am Zelteingang. »Es ist besser so. Wir liegen hier mitten in einem Leopardengebiet. Haben

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