Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Malanga, warum man Vater und Mutter hinmordete und meine Geschwister wegschleppte? Ohne Grund, mitten aus einem Schaffen heraus, das nur Frieden und Wohlstand im Sinn hatte? Können Sie mir das erklären?«
    Malanga schwieg. Ich werde Budumba danach fragen, dachte er. Und ich werde ihn, wenn er mit seinem Zauber anfängt, umbringen. Ich werden ihn töten wie eine heulende Hyäne. Zehn Jahre war ich in Europa, und ich bin zurückgekommen, den Geist der neuen Welt zu bringen, nicht aber, mich der Dummheit zu beugen, die seit Jahrhunderten die Krankheit Afrikas bedeutet.
    Als die Nacht hereinfiel, so, als zöge man einen dunklen Vorhang über den Himmel, baute Malanga sein Zelt auf und befahl Corinna zu schlafen.
    »Ich kann nicht!« wehrte sie sich. »Wie kann ich jetzt ein Auge zumachen? Meine ganzen Nerven zittern.«
    »Ich werde Ihnen eine Beruhigungsinjektion geben.« Malanga klappte seinen Arztkoffer auf, holte eine Spritze und eine Schachtel mit Ampullen heraus, zog drei Kubikzentimeter einer hellen Flüssigkeit auf und kam mit der fertigen Spritze zu Corinna. Sie saß auf dem Schlafsack und sah über die bizarren Trümmer der Farm. Wie viele, klagend zum Himmel gestreckte Finger wirkten die Balken gegen den fahlen Nachthimmel.
    »Bitte Ihren rechten Arm, Miß Sander«, sagte er.
    »Was ist das?«
    »Eine Kombination von Kreislaufstütze und einem Sedativ. Eine Weiterentwicklung von Sedormid.« Er nahm Corinnas Arm und stieß schneller, als sie antworten konnte, die Nadel in den Muskel. Corinnas Ruf: »Es ist nicht nötig!« kam erst, als er die Nadel schon wieder herausgezogen hatte.
    »Sie haben eine Blitztechnik im Spritzen«, sagte sie und rieb die Einstichstelle. »Wer weiß, was Sie mir injiziert haben.«
    »Mißtrauen Sie mir jetzt auch?« Malanga packte die Spritze wieder in seine Tasche.
    »Nein. Ihnen nicht. Sie sind ein wahrer Freund.« Corinna beugte sich vor und gab Malanga die Hand. »Ich danke Ihnen, daß Sie mir so beigestanden haben.«
    »Bitte, Miß Sander.«
    Malanga ergriff Corinnas Hand und drückte sie fest. Dabei kam er sich schäbig und wie ein Lügner vor.
    Als Corinna sichtbar müde wurde und ihre Augenlider flatterten, half Malanga ihr, in den Schlafsack zu kriechen. Er zog den Reißverschluß zu und wartete neben ihr, bis sie tief eingeschlafen war. Dann beugte er sich über sie, zögerte noch einmal und küßte sie dann ganz vorsichtig, nur hingehaucht, auf die Augen.
    »Lala salama«, sagte er leise. (Gute Nacht)
    Um sie herum wurde die Nacht lebendig. Malanga entzündete ein Feuer – Holz lag ja genug herum –, nahm sein Gewehr zwischen die Knie und hielt Wache vor dem kleinen Zelt.
    Ich werde Nabu Budumba töten, dachte er wieder. Was er Corinna angetan hat, hat er auch mir angetan.
    Er starrte in die prasselnden Flammen. Zehn Jahre europäischer Erziehung und Studiums fielen von ihm ab wie Wassertropfen von einer Ölhaut. Er war wieder der getaufte Bantu Julius Malanga, dem die Savanne gehörte, die Tiere im hohen Gras und die Tiere unter dem glühenden Himmel, das weite, schöne Land, die Stämme, die Flüsse und Seen, die Wasserfälle und die Sümpfe … das ganze Afrika, das Gott so reich gemacht hatte, um es dann Jahrhunderte schlafen zu lassen.
    Am nächsten Morgen hatte sich die Lage verändert. Corinna ging noch einmal durch die Trümmerwüste der Sander-Farm und schien aus dem grauenvollen Anblick neuen Mut zu schöpfen. Mit einem Ruck blieb sie vor Malanga stehen, der im Keller eines Schuppens noch drei Benzinfässer entdeckt hatte und dabei war, seine Kanister zu füllen.
    »Wohin wollen Sie jetzt?« fragte sie.
    »Weiter nach Nordwesten und dann am Albert-See nach Süden.« Malanga drückte mit beiden Daumen auf den Schlauch und unterbrach das Einfüllen. »Ich werde suchen.«
    »Suchen? Was?«
    »Ihre Geschwister, Miß Sander.«
    Er sah sie nicht an und wartete darauf, wie sie reagierte. Corinna hatte die Hände zu Fäusten geballt und starrte auf die Trümmer ihrer Heimat.
    »Haben Sie Hoffnung, sie zu finden?« fragte sie heiser.
    »Ja.«
    »Wo wollen Sie suchen? Zwei Menschen in diesem riesigen Land – das ist unmöglich. Wissen Sie, ob Robert und Gisela überhaupt noch leben? Gewiß, in den Trümmern lagen sie nicht, aber vielleicht hat man sie nur ein kurzes Stück mitgeschleppt, dann wurden sie lästig und man warf sie in irgendeinen Fluß, wo die Krokodile sie …« Corinnas Stimme brach wieder. Sie wandte sich ab und senkte den Kopf. Malanga schmerzte es

Weitere Kostenlose Bücher