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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Taxikollegen vorzauberte.
    Als er zurückkam zu seinem Bantu-Stamm in der Savanne und zum erstenmal den Tauben-Trick vorführte, lag der ganze Stamm auf dem Boden, mit dem Gesicht zur Erde und bat die Götter um Gnade. Da erst erkannte Budumba seine Macht, und er wußte sie auszunutzen.
    Malanga atmete tief auf. Corinna hatte aufgeschrien. Hell, herzzerreißend klang ihre Stimme aus dem verbrannten Haus. Malanga erhob sich und ging über den einstmals gepflegten Plattenweg zur Veranda. Jetzt war er übersät mit verkohlten Balken und zusammengeschlagenem, mutwillig zerstörtem Mobiliar. Drei Betten lagen auf dem Weg, die Matratzen aufgerissen, vielfach zerschlitzt von breiten Buschmessern. Es sah aus, als habe man die Kapokfüllungen herausgerissen wie Gedärme. Ein Blutrausch ohne Hemmungen mußte hier gewesen sein. Malanga blieb vor dem verbrannten Haus stehen. Die Stimme Corinnas war schrill und unnatürlich.
    »Malanga!« schrie sie. »Malanga! Helfen Sie mir doch! Malanga …«
    Warum hat Kirugu das getan, dachte Malanga, während er zögernd in die nach Brand und süßlicher Verwesung stinkenden Ruinen trat. Kwame Kirugu, der Bruder seines Vaters, der ehrgeizige König der Bwamba-Bantus in Toro. Malanga hatte noch das Telegramm im Gedächtnis, das er in London von ihm bekommen hatte.
    »Kehre zurück zu uns. Wir brauchen dich. Du hast genug gelernt, um dein Volk zu führen. Kehre zurück.«
    Julius Malanga hatte gehorcht. Er war zurückgekommen aus dem kalten Europa, aus der Welt der Weißen, die er zwar bewundert, aber nie verstanden hatte. Aber sein Volk? War das noch sein Volk, das mordete und brandschatzte, das die Arbeit von drei Generationen zerstörte, auch wenn es die Arbeit der Weißen war?
    Was konnten ihnen die Trümmer geben, die zerstörten Plantagen, die verdorrenden Felder, die auseinandergetriebenen Viehherden? Welche Dummheit in diesen Taten! Toro war ein reiches Land, aber es war reich geworden durch sinnvolle Arbeit, nicht durch Zerstörung. Man durfte die Weißen hassen, die selbstgefälligen kleinen Götter, die auf die dunkle Hautfarbe herabschauten mit verächtlicheren Blicken als auf einen räudigen Hund, man durfte sie verfluchen … aber nur tief drinnen im Herzen. Der farbige Mensch wurde frei, das war die Tendenz der Zeit, aber so sehr er um seine Freiheit jubelte – er konnte nicht ein Jahrhundert überspringen und die Entwicklung mit der neuen Fahne des eigenen Landes in sich aufsaugen. Dazu fehlte es an ausgebildeten Fachkräften, an der Auslese unter der Intelligenz, an der Umstellung kindlicher Neugier und nachäffender Handlung zu eigenem produktivem Denken. Woher sollte man die Männer nehmen, die mit der gleichen Routine einen Staat leiten konnten wie die Weißen? Woher sollten plötzlich die Ärzte kommen, die Techniker, die Fachleute? Die Geburt eines afrikanischen Volkes muß wie das Wachstum eines Baumes sein, stetig, sich festigend, reifend, bis der Stamm so stark geworden ist, daß ihn kein Sturm mehr umwirft. Afrikas Freiheit aber war wie der Ausbruch eines Vulkans, und Vulkane zerstören nur. Noch nie schufen sie aus ihrem Feuer etwas Segensreiches.
    Es ist Budumba, dachte Malanga, als er in das Haus kam. Nur Budumba mit seinen Zaubereien kann mein Volk zu willenlosen, hirnlosen Sklaven machen. Und Kwame Kirugu, der Onkel, sieht ihm zu und schweigt. Er braucht den Trommler des Hasses für seine großen Ziele.
    O Gott, wird man ihnen diesen Irrsinn jemals wieder austreiben können? Wird man ihnen klarmachen können, daß sie sich auf diese Weise selbst vernichten? Sie ziehen durch das Land mit ein paar Gewehren, selbstgeschnitzten Speeren und den breiten Buschmessern, und um sie herum wartet eine perfekt technisierte Welt darauf, sie zwischen den Maschinen der Vernichtung zu zerquetschen. Mahlsteine der Macht, in denen ein Volk zerkleinert werden kann wie ein Haufen unnützes Papier.
    Malanga kam in einen Raum, der früher einmal das Arbeitszimmer von Gerald Sander gewesen war. Die Decke war eingestürzt, die Wände rußgeschwärzt, der Fußboden aus dicken Bohlen war zerhackt und herausgerissen. Hier mußte der letzte Kampf stattgefunden haben. Vor den Fenstern standen noch Schränke, an der Tür, jetzt zur Seite geschleudert und ebenfalls zerhackt, lag der breite, schwere Schreibtisch Sanders. In diesem Zimmer hatten sie sich verschanzt, bis die Flammen sie heraustrieben.
    Corinna kniete hinter einem Trümmerberg und weinte. Malanga blieb in der Tür stehen. Neben

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