In den Klauen des Löwen
das da, Corinna? Wenn ich fremde Blacks sehe, werde ich nervös! He, komm mal näher, du schwarze Ratte!«
Corinnas Kopf zuckte zu Malanga herum. Er stand stumm, hochaufgerichtet an der Tür und regte sich nicht. Aber sie wußte, was jetzt in ihm vorging. Es war genau der Ton, unter dem er seit seiner Geburt litt.
»Das ist Dr. Julius Malanga, ein Arzt«, sagte Corinna. »Ein Freund unserer Familie.«
»Hab Sie nie dort gesehen, Mister Malanga«, brummte Mike Harris. »In Europa studiert?«
»In Deutschland und England, Sir.« Malanga trat näher. Sein schönes Gesicht war bewegungslos. Nur seine Augen tasteten den Uniformrock von Harris ab. »Sie waren Captain, Sir?«
»Ja«, antwortete Mike verwundert.
»In den Kolonien?«
»Na klar.«
»Man merkt es!« sagte Malanga stolz.
Harris wurde rot und rückte das Kinn an. »Corinna, wenn ich nicht von dir wüßte … ich habe eine Abneigung gegen Neger, denen der Stolz wie billiges Parfüm anhaftet.«
»Wir haben noch nicht das Geld, uns mit dem teuren Parfüm des weißen Hochmuts zu besprühen«, sagte Malanga dunkel. Harris schnaufte durch die Nase.
»Ach nee!« schrie er plötzlich. »Und was hier passiert? Das ist richtig, was? Morden, brennen, schänden! Das gehört alles zum Erwachen des schwarzen Mannes!«
»Nein! Man wird die Verantwortlichen dafür bestrafen.«
»Bestrafen? Wen denn? Wie denn? Wo denn? Womit denn? Und vor allem – wer denn?« Harris lachte bitter. »Sie etwa, Doc?«
»Ja, ich, Sir.«
Harris wandte sich ab zu Corinna. »Verrückt ist er auch noch!« sagte er grob. »Mädchen, wie kommst du an so etwas?! Er will Kirugu bestrafen.«
»Ja!« Malangas Stimme hob sich. »Ich werde ihn vor seinem Stamm töten!«
»O Himmel, der hat einen zuviel getrunken!« Harris zeigte auf die Rohrsessel, die um einen runden Tisch standen. »Setzen Sie sich, Doc! Ich bringe etwas zu essen. Das hilft. Wo wolltet ihr überhaupt hin?«
»Vielleicht in die Mondberge«, sagte Malanga schnell, ehe Corinna antworten konnte. Mike Harris zog das Kinn wieder an. Corinnas Blick war voller Nichtbegreifen.
»Doc!« sagte Mike gefährlich leise. »Auch wenn Sie ein mir unbekannter Freund der Sanders sind: Ich schlage Ihnen den Schädel ein, wenn Sie frech werden oder das Ganze hier als ein Stück schwarzen Humors auffassen. Was Ihre Brüder hier angerichtet haben, ist nicht wieder gutzumachen. Sparen Sie sich also diese dämlichen Reden.«
»Sie mißverstehen mich, Sir.« Malanga verletzte nicht um einen Hauch die britische Höflichkeit. »Kirugu und seine Krieger … wenn sie Toro durchzogen und, wie sie glauben, Furcht verbreitet haben, dem dann Gehorsam folgen soll – sie werden anschließend in die Mondberge gehen, um von dort aus das neue Reich zu regieren.« Harris schwieg. Mit offenem Mund starrte er Malanga an. Was er hier hörte, war das Ungeheuerlichste seit den wilden Jahren der Kolonisation. »In den Mondbergen, am Sitz der Götter, will Kirugu regieren. Es ist ein Irrsinn, den ihm Budumba eingeredet hat.«
»Wer ist Kirugu, wer ist Budumba?« stammelte Corinna.
»Die schwarzen Bestien, die hier alles kurz und klein schlagen. Die Teufel, die unser lieber Doc bestrafen will! Woher wissen Sie das überhaupt alles?« schrie Mike Harris.
»Man spricht viel darüber unter den Bantus.« Malanga wich aus. »Sie kennen doch die Gerüchte, Sir. Sie laufen schneller als ein Steppenbrand. Aber diesmal sind sie wahr … Sie sehen es ja.«
»Und Sie Spinnkopf wollen auch in die Mondberge?«
»Ja! Ich will Robert und Gisela Sander zurückholen.«
»Ach Gott, ja. Deine Geschwister, Corinna.« Harris ließ sich in einen der Sessel fallen. »Die Sauhunde haben sie mitgeschleppt?«
»Malanga vermutet es.« Corinnas Stimme schwankte. »Wir haben sie nicht in den Trümmern gefunden.«
»Das ist Irrsinn, Doc.« Harris drehte den Kopf zu Malanga, der hinter ihm stand. »Sie allein! Und das Mädchen dabei! Himmel noch mal, wir erleben hier keine Märchenvorstellung. Der böse Häuptling Humbabumba. Was Sie vorhaben, ist das Verrückteste, was ich je gehört habe. Wenn die Armee von Uganda nichts erreicht … Sie wollen es, Doc?!«
»Ich allein kann es vielleicht«, sagte Malanga bescheiden. »Ich spreche die gleiche Sprache.« Er schloß plötzlich die Augen und faltete die Hände. »Mehr geht Sie nichts an, Sir.«
»Danke!« fauchte Harris. »Essen wir etwas, sonst dreht sich mir der Magen um.«
In der Nacht klopfte es leise an die Zimmertür. Unten im Haus
Weitere Kostenlose Bücher