Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
und auf dem Dach saßen die Wachen hinter den Sandsäcken und dem Maschinengewehr. Ein Scheinwerfer kreiste über die Gärten und Felder; sein greller Finger glitt langsam, tastend von Strauch zu Strauch, um dann plötzlich blitzschnell ganz woanders hinzuschwenken. »So überrasche ich jeden Kerl, der glaubt, sich im toten Winkel des Strahls anschleichen zu können«, hatte Mike Harris grimmig gesagt. Mit dem Scheinwerfer schwenkte auch das Maschinengewehr. Wer in den grellen Strahl kam, war verloren.
    Corinna, die angezogen auf dem Bett lag, griff zur Seite und zog die Pistole an sich. Dann rollte sie sich aus dem Bett und ging hinter einer alten Kommode in Deckung.
    »Ja?« rief sie.
    Die Tür schwang auf, Mike Harris' unverwechselbarer Kopf erschien im fahlen Mondlicht. Er sah auf das verlassene Bett und lachte leise.
    »Wo bist du, Corinna? Wetten, hinter der Kommode. Komm hervor, ich kapituliere.« Er warf die Tür zu und ging zum Fenster. Unten pendelten Patrouillen um das Haus. Sie wurden beaufsichtigt von drei weißen Vorarbeitern. Den Bantus allein traute Harris nicht.
    »Ich muß noch mal mit dir sprechen«, sagte Harris und setzte sich ans Fenster. Corinna kam hinter der Kommode hervor und steckte die Pistole in den Gürtel ihrer Safarihose. »Mir geht dieser Doc nicht aus dem Kopf. Was er da mit dir vorhat, ist doch Irrsinn! Die nächste Bwamba-Rotte dreht euch durch den Wolf. Ob er die gleiche Sprache spricht, ist doch Blödsinn! Mädchen, ich wette meinen Schnurrbart, daß etwas anderes dahintersteckt. Woher kennst du ihn?«
    »Er ist Arzt und hat in Deutschland studiert.«
    »Na und? Drüben in Kenia hat es Mau-Mau-Führer gegeben, die hatten ihr Juraexamen mit Auszeichnung in der Tasche, und trotzdem zogen sie ihren Gegnern die Haut ab und schnitten den Weibern die Brüste weg …«
    »Onkel Mike!«
    Harris wischte sich über das Gesicht. »Ja, ich weiß, ich bin ein grober Klotz. Aber man wird hier so! Und alles das ändert nichts daran, daß mir der Doc nicht gefällt.«
    »Du magst ihn einfach nicht leiden.«
    »Das ganz bestimmt. Seine Erzählung von den Mondbergen … verdammt, das hat mich wie ein Blitz getroffen. So etwas trommelt man nicht durch die Gegend, das sind Informationen von Eingeweihten. Mädchen, ich habe da eine Antenne. Ich spüre das innerlich. Überhaupt Antenne. Meine Funkanlage geht noch. Jeden Tag gebe ich Berichte nach Kampala. Ich habe dreimal nach einem Dr. Julius Malanga fragen lassen. Wenn er Arzt ist und jetzt nach seiner Rückkehr aus Europa im Staatsdienst tätig sein soll, müßte man von seiner Existenz wissen. Aber nichts. Die Knaben in Kampala geben ausweichende Auskünfte. Noch keine Akte da … und mehr solchen Käse! Mädchen, mit deinem schwarzen Wunderknaben stimmt etwas nicht! Hör auf den alten Onkel Mike, bleib hier! Wir sollten sogar etwas ganz anderes tun! Hingehen, ihn aus dem Bett holen und verhören. Und wenn er weiter so arrogant ist, zweiter, dritter Grad des Verhörs, und wenn alles nichts hilft: Aufhängen, draußen an der Riesenpalme. Donnerwetter, ich habe es im Gefühl … da stimmt etwas nicht!«
    »Ausgeschlossen!« Corinna schüttelte den Kopf. »Du siehst Gespenster, Onkel Mike.«
    »Ist der Tod deiner Eltern ein Gespenst?«
    »Was kann Malanga dafür? Er ist der anständigste, hilfsbereiteste und mutigste Mensch, den ich jemals kennengelernt habe. Ich wünschte, manche Weißen wären so ein Gentleman wie er …«
    »Danke!« sagte eine dunkle Stimme von der Tür her.
    Mike Harris und Corinna fuhren herum. Neben der geschlossenen Tür stand Malanga im Zimmer. Man erkannte nur seinen hohen Schatten. Weder Mike noch Corinna hatten gehört, wie er hereingekommen war.
    »Seit wann stehen Sie da?« bellte Mike.
    »Schon einige Minuten.«
    »Das habe ich gern. Herumschleichen wie ein Fuchs. Dann haben Sie hoffentlich auch alles gehört, was ich über Sie gesagt habe.«
    »Alles, Sir.«
    »Ich nehme kein Wort zurück!« brüllte Harris.
    »Das verlange ich auch nicht von Ihnen, Sir. Aber –« Die Stimme Malangas bekam einen herrischen Ton, »– ich bitte Sie darum, sich zu entschuldigen, sobald ich Robert und Gisela Sander hier zu Ihnen zurückgebracht habe.«
    »Wenn Ihnen das gelingt, trinken wir Brüderschaft.«
    »Danke. Das Wort Entschuldigung genügt. Eine Brüderschaft schätze ich höher ein.«
    Die Tür schwang lautlos auf, der Schatten glitt hinaus.
    »Ein Lackaffe!« knirschte Harris, als die Tür, jetzt hörbar, ins Schloß fiel.

Weitere Kostenlose Bücher