In den Klauen des Löwen
Kranken … und es ist eine riesige Sauerei, daß die Sander-Farm vernichtet worden ist. Man sollte diese Neger ohne lange Reden an die Wand stellen! Auge um Auge, Zahn um Zahn. Steht schon in der Bibel. Sie sind doch getaufter Christ, Doktor?«
»Ja.« Malangas Augen waren wie verschleiert. »Sie sehen die Dinge einfach, Sir.«
»Ich sehe sie so, wie sie sind!« rief Thorwaldsen. »Die Kerle brennen die Farm ab, also muß man ihnen eins aufs Fell brennen! Das ist die simpelste Logik des Überlebens.«
»Es könnte möglich sein, daß die Männer nicht mehr wußten, was sie taten. Daß sie einem Zauber gehorchten, der sie gefangenhielt.«
»O Himmel, Doktor, das sagen Sie als moderner Mensch? Als Naturwissenschaftler? Zauberei?! Ekstase durch Brimborium?! Ein ganzer Stamm fanatisierter Halbirrer?!«
»Unterschätzen Sie nicht die Macht der Zauberer. Sie haben vorhin selbst gesagt, sie seien meine eigentlichen Feinde.«
»Als Medizinmann. Aber einen Stamm hypnotisieren, daß er brennend und mordend durchs Land zieht … das nimmt Ihnen keiner ab!«
»Es gibt so viele Dinge in diesem Land, die man mit Logik nicht erklären kann.« Malanga sah zu Corinna. Sie saß am Feuer, den Kopf gesenkt, die Hände im Schoß gefaltet. Sie dachte an Kitumba, an die rauchenden Trümmer, an die beiden Gräber unter der großen Schirmakazie. »Die Farbigen sind nicht schlechter als die Weißen!«
»Das sagen Sie, weil Sie selbst schwarz sind!« Thorwaldsen winkte ab. Malangas Augen versanken fast hinter den Lidern. Das Wort schwarz traf ihn jedesmal wie ein Peitschenhieb. Schwarz … das war wie eine Kralle, die jedesmal ein Stück Haut von seinem Körper riß. »Ich habe die Mordkerle gesehen; sie machten nicht den Eindruck, als ob sie schlafwandelten.«
»Sie haben den Stamm gesehen?« Malangas Stimme war ganz ruhig. Nur seine Nasenflügel bebten.
»Ja. Sie zogen in fünfzig Metern an mir vorbei. Ich saß auf einem Baum. Sie waren bester Laune, sangen und trommelten. Auf einem Gestell trugen sie eine Art König. Der Kerl schlief selig.«
Onkel Kirugu, dachte Malanga. Er hat den Königstrupp gesehen. »Wann war das?« fragte er.
»Vor zehn Tagen. Ich habe einen Bogen geschlagen und bin ab nach Südosten. Hätte ich gewußt, daß diese Kerle die Sander-Farm …«
»Was haben Sie weiter gesehen, Sir?«
»Nichts. Ich bin seitwärts in den Busch. Aber bei der nächsten Station, das sage ich Ihnen, werde ich Nachricht geben! Mit schnellen Einheiten wird die Armee ihnen noch den Weg abschneiden. Sind sie erst in den Mondbergen, holt sie keiner mehr raus! Corinna!« Er wandte sich an das stumme Mädchen und hieb sich auf die Schenkel: »Ich dachte ja an eine Stammesfehde. Hätte ich gewußt, daß Ihre Eltern … bei Gott, ich hätte die ganze Uganda-Armee auf sie gehetzt. Damals hätte man sie mitten in der Savanne erwischt.«
»Das ist nun vorbei.« Malanga stand auf und ging zu Corinna. »Sie sind müde, Miß Sander«, sagte er. Seine Stimme hatte wieder den singenden Klang. »Bitte, gehen Sie ins Zelt und schlafen Sie. Morgen wird ein langer Tag sein.«
»Danke, Malanga.« Corinna stand auf und ging gehorsam zum Zelt. Am Eingang sah sie sich noch einmal um. »Gute Nacht. Wo schlafen Sie, Hendrik?«
»In meinem Wagen. Ich rolle mich zusammen wie ein Hund. Außerdem habe ich als Kopfkissen zwei Maschinenpistolen.«
Thorwaldsen und Malanga warteten, bis Corinna den Reißverschluß des Zelteinganges zugezogen hatte. Dann sahen sie sich an, und es bedurfte nicht vieler Worte, um das auszudrücken, was sie in den Blicken trugen.
»Sie sind mir total unsympathisch, Doktor«, sagte Thorwaldsen in seiner direkten Art. »Rund heraus: Ich mag Sie gar nicht.«
»Das trifft sich gut, Sir«, antwortete Malanga stolz. »Mir wird übel, wenn ich Sie ansehe.«
»Dagegen können Sie als Arzt ja etwas tun.« Thorwaldsens Spott war wie Faustschläge. »Ein Pülverchen genügt vielleicht.«
»Es gibt auch andere Mittel.«
»Darauf bin ich gespannt.«
»Das dürfen Sie auch, Sir. Gute Nacht.«
»Gute Nacht.«
Bis gegen zwei Uhr morgens blieb Thorwaldsen wach. Er lag in seinem Landrover, die Pistole neben sich, und wartete, ob Malanga etwas unternehmen würde. Er traute ihm nicht. Auch wenn es nicht klar ausgesprochen war, wußte er, daß er für Malanga ein Todfeind war.
Im Grunde genommen war Thorwaldsen gespannt, wie Malanga ihn ausschalten wollte, ohne Corinna mit in den Strudel der Ereignisse zu ziehen. Ein simples Töten im
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