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In den Klauen des Löwen

In den Klauen des Löwen

Titel: In den Klauen des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht im hohen Schilf noch Schützen lagen, die nur darauf warteten, daß die Weißen eine Dummheit begingen? Noch einmal einen Versuch machen wollte niemand. Das Schicksal des Farmers am Vorabend hatte genügt. Aber um die Mittagszeit stampfte der dritte Passagier des Sander-Floßes, der bullige Pflanzer, in die Hütte Pater Fritz'.
    »Ich sage Ihnen, die sind weg!« meinte er. »Haben Sie schon einmal Neger gesehen, die von morgens bis mittags still sind? Ich nicht. Ich wage es einfach. Ich rudere mit dem Floß hinüber.«
    »Sie müssen es wissen.« Pater Fritz schüttelte den Kopf. »Ich kann Sie nicht halten. Ich kann nur raten: Warten Sie noch.«
    »Worauf? Wir können es auch anders machen: Lassen Sie die erste Rauchsäule aufsteigen. Wenn sie noch drüben sind, werden sie es verhindern wollen.«
    »Das können wir versuchen.« Pater Fritz erhob sich und kam aus der Hütte heraus.
    Eine Viertelstunde später erhob sich eine weißgelbe Rauchwolke hoch in den glühenden Himmel. Kerzengerade stand sie über dem Sumpf, weithin sichtbar, für Suchflugzeuge ein Signal.
    Die Gefangenen standen hinter den Hütten und warteten. Was geschah? Schossen die Bwambas? Kam ein Trupp wieder herüber zur großen Insel?
    Aber alles blieb still. »Jetzt versuche ich's doch!« sagte der riesige Farmer. »Einmal muß ja Klarheit sein.«
    Dennings und er schoben Roberts Floß in das Wasser, der Pflanzer setzte sich auf die festen Geflechte, Dennings gab dem Fahrzeug einen Tritt, und langsam glitt es hinaus ins Wasser. Die Gefangenen hielten den Atem an. Viele hatten die Hände gefaltet.
    Jetzt schießen sie … jetzt …
    Aber nichts geschah. Die Stille wurde unheimlich. Das Floß trieb an den Strand der Königsinsel, der Farmer stieg an Land und verschwand im Uferdickicht. Nach zehn Minuten qualvollen Wartens sah man ihn wieder; er brach an anderer Stelle ans Ufer und schwenkte beide Arme.
    »Verlassen!« brüllte er herüber. »Sie sind abgezogen. Die Hütten sind leer!«
    »Und Robert?!« schrie Ingeborg Kraemer zurück. Sie stand bis zu den Schenkeln im Wasser, als wolle sie noch dem Floß nachschwimmen. »Wo ist Robert? Haben … haben Sie ihn gefunden …?« Ihre Stimme versagte.
    »Nein. Er ist ebenfalls weg.« Der Farmer watete zu dem Floß. »Hier ist keiner mehr … ich habe alles durchsucht.«
    »Auch Gisela Sander fehlt.« Pater Fritz half Ingeborg aus dem Wasser. »Budumba hat sie beide mitgenommen.«
    »Mitgenommen? Wohin?« Sie lehnte sich gegen die Brust Pater Fritz' und weinte laut. »Verstehen Sie das?«
    »Man muß in Afrika aufhören, nach der Logik zu fragen.« Pater Fritz legte die Arme um Ingeborg wie um ein schutzsuchendes Kind. »Beten Sie zu Gott um Stärke, Ingeborg. Ich muß Ihnen die Wahrheit sagen: Robert und Gisela Sander sind für uns tot. Wir sehen sie nie wieder.«
    Über der Insel standen jetzt sieben riesige Rauchsäulen. Bis weit ins Land hinein mußte man sie sehen.
    Eine Militärkolonne, die von Ntoroko am Albert-See nach Itojo fuhr, auf einer schmalen Piste am Rande der Sümpfe, bemerkte sie durch die Ferngläser. Mit einem Funkgerät meldete der Offizier seine Beobachtung an den Kommandeur des Bataillons in Ntoroko.
    »Schwenken Sie ab und sehen Sie nach«, lautete sofort der Befehl. »Ich werde es weitermelden nach Fort Portal zu den Hubschraubern.«
    Die Militärkolonne verließ die Piste und fuhr in die Sümpfe. Nach drei Kilometern stak sie fest im schwabbelnden Boden, versanken die Jeeps im Morast. Die sieben Rauchsäulen aber standen gen Himmel und vereinigten sich hoch droben zu einer einzigen, weißlichen, bizarren Wolke.
    Wenn dort Menschen lebten, wenn das Signale um Hilfe waren, kam ein großes Problem auf die Soldaten zu. Niemand kannte die Sümpfe. Keiner wußte die schmalen, geheimen, festen Pfade, die durch den Schilfwald führten. Nur die Bwambas kannten sie, und die konnte niemand mehr fragen.
    Auch noch ein anderer sah die Rauchsäulen, blieb stehen und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Dann lehnte er sich gegen den dicken Stamm eines Baobab-Baumes, schälte sich eine wilde Banane und aß sie.
    Sie sind weitergezogen, dachte Malanga ganz richtig. Budumba hat die Weißen zurückgelassen. Um ein paar Stunden nur komme ich zu spät.
    Er ruhte sich unter dem Baobab aus, bis der Nachmittag etwas Kühle brachte, dann wanderte er weiter und tauchte in dem hohen Schilfdickicht unter.
    Malanga kannte die geheimen Pfade. Er ging durch den Sumpf wie über eine feste Straße.

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