In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)
und rechts, Ausschau haltend nach verdächtigen Gesichtern. Ich hatte das unbehagliche Gefühl, dass mich jeden Augenblick jemand von hinten packen könnte.
Aus der Richtung der »Gang« erklang plötzlich das Klirren von splitterndem Glas. Das Geräusch vibrierte wie ein Donner in der ungemütlichen Akustik der Bahnhofshalle.
Herrje, dachte ich. Die müssen natürlich vollkommen übertreiben.
»Jetzt nichts wie raus« , meldete sich der Mann in meinem Ohr wieder zu Wort. »Ist eines der Taxis draußen ein Minibus?«
»Ja«, antwortete ich und steuerte hinaus.
»Ich muss noch vier Leute abholen«, sagte ich dem Taxifahrer, während ich einstieg.
»I woaß scho, nach Pasing«, stimmte er mir zu. »Da Kolleg’ war scho do und hot eana Eikauf dogloaßen.«
Ich blickte mit offenem Mund nach hinten und sah zwei modische Papiertüten im King-Size-Format auf einem der Rücksitze des Taxibusses. Mit dem Zeigefinger zog ich eine näher an mich heran und blickte hinein. Sie war gefüllt mit Frauenkleidung und Schuhen.
Während der Taxifahrer seine Runde drehte, versuchte ich eins und eins zusammenzurechnen. Jemand war hier, auf dem Bahnhof. Während ich das Schließfach geleert und oben bei Burger King gesessen hatte, schien diese Person im Hertie gewesen zu sein, um dort für meine seltsamen Reisebegleiterinnen Sachen einzukaufen und anschließend das Taxi bereitzustellen.
Zu meiner Erleichterung saßen die vier jungen Damen noch im Minibus. Sie waren inzwischen etwas aufgetaut und plauderten in ihrer Muttersprache. Der Taxifahrer war parallel in der Zweitspur stehengeblieben, und ich schob die Seitentür des Busses auf. Wie immer brauchten sie nicht viele Erklärungen, sondern sprangen eilig von einem Auto ins andere.
Der Fahrer beäugte die schmutzigen Küken mit hochgezogenen Augenbrauen und machte sich vermutlich um seine Sitzbezüge Sorgen. Ich zeigte auf die Tüten, was die Mädchen mit ausgelassener Euphorie begrüßten. Wir bogen bereits in die Bayerstraße ein und eilten dann in Richtung Westen.
Ich deutete auf den symbolischen Plüschfußball in rot-blau-weiß, der am Rückspiegel baumelte.
»Sind Sie ein FC Bayern-Fan?« fragte ich vollkommen unsinnig, um seine Aufmerksamkeit von den Thailänderinnen auf uns abzulenken. Die Mädchen hatten ungezwungen begonnen, ihre schmutzigen Oberteile abzuwerfen. Bevor ich meine Gedanken ordnen konnte, angesichts ihrer nackten Körper, verrenkten sie sich bereits auf den Autositzen, um in die Hosen und Jacken hineinzukommen. Lachend und zirpend tauschten sie noch einige Kleidungsstücke untereinander aus und schlüpften in die Schuhe.
»Jo freili«, gab er zufriedenstellend zurück, schielte jedoch immer faszinierter in den Rückspiegel.
»Wann spielen die denn wieder?« fragte ich mechanisch.
Der Taxifahrer blickte mich entgeistert an und sah dann in seinen Rückspiegel. Er lachte etwas unsicher, vollkommen ahnungslos darüber, was hier vor sich ging.
»Ah, ah... Am Somsdog.«
»Die sind aus einem Heim ausgerückt«, erklärte ich ihm wie beiläufig, als wäre es die unwichtigste Sache der Welt. »Jetzt bringe ich sie zurück.«
»Di Oarmen«, sagte er nickend und brummte leise, während er in den Pasinger Bahnhofsplatz einbog: »In dem Hoam mog i a arboaten.«
Möchte ich wetten, du Drecksack , dachte ich nur und blickte nach hinten. Ich stellte fest, dass plötzlich vier ganz andere Menschen auf dem Rücksitz saßen. Auf einmal wirkten sie viel mehr wie eine japanische Girlie-Band, die durch deutsche Punk-Lokale tourt.
»Abgefahren«, murmelte ich vor mich hin.
Vor dem Bahnhof wies mich Korvinian an, die Punkband in den Burger King zu lotsen. Sie verschwanden dort eilig auf dem WC, wohl um endlich etwas Wasser auf ihren Gesichtern zu spüren. Ich sah ungeduldig auf die Uhr und stellte mich in die Warteschlange vor den Kassen. Der Zug, in den wir am Hauptbahnhof einsteigen wollten, würde hier erst in fünfundzwanzig Minuten anhalten. Als ich an die Reihe kam, stieß die Girlie-Band wieder zu mir. Ich wollte für sie etwas bestellen, doch die vier drängten sich an mir vorbei und orderten routiniert alle möglichen Burger und Shakes. Die Namen von Fastfood-Produkten waren die ultimative Lingua Franca auf diesem Planeten.
Ich selbst bestellte gar nichts. Ich empfand in diesen Stunden tausend Sachen, doch Hunger war nicht darunter.
Während der ganzen Zeit schwieg Korvinian. In meinen Ohren knackte es manchmal nur leise.
Erst als wir auf den abgewetzten
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