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In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

Titel: In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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Platz der Republik mündete. Ich wollte meine Augen nicht mehr abwenden.
    »Kann ich Sie irgendwo wiedersehen?«
    Sie sah erst mal auf ihre mit silbernem Lack bemalten, jedoch kurzgeschnittenen Fingernägel und dann auf das Taxameter.
    »Ich denke nicht... Es mag vielleicht nicht so anmuten, aber so ganz schnell muss ich es nicht haben...«
    Ich schluckte. Da war es, das mitschwingende Misstrauen. Ein weiterer Lüstling, der ihren Bühnenauftritt als eine Einladung zur Anmache begriff. Dann ging mir ein Licht auf.
    »Ich glaube... Das ist ein Missverständnis. Die Frage war nicht, ob ich Sie wiedersehen kann, sondern wo ich sie wieder — Pause — sehen kann. Ihr Auftritt hat mir gefallen...«
    Sie blickte mich an. Ihre Augen weiteten sich und lachten.
    »OK... Nächste Woche im Escándalo . Am Dienstag.«
    »Ist das nicht eine Galerie?«
    Sie nickte.
    »Ist anlässlich einer Ausstellung. Ich werde von einem Industrial-Künstler begleitet.«
    Wir schwiegen wieder. Der Wagen durchschnitt die regnerische Nacht, die sich hinter uns wie ein Vorhang wieder schloss. In der Keplerstraße waren wir am Ziel.
    »Wir sind da«, vermeldete der Taxifahrer. Der Motor wimmerte leise vor sich hin, und die Tropfen prasselten auf das Dach.
    »Und was gefiel dir so daran?«
    Ich hielt überrascht inne. Es schien mir eine Fangfrage zu sein. Im Grunde konnte ich sie nur falsch beantworten. Evelyn blickte mich durchdringend wie eine Sphinx an. Ob sie mich anschließend verspeisen wollte? Die ansonsten beliebten White Russians in meinem Kopf waren keine große Hilfe, doch sie schufen dieses lakonische Gefühl von Schicksalsergebenheit und gaben mir Mut. Ich rutsche etwas tiefer auf dem Ledersitz, lehne meinen Kopf zurück und blicke zur Decke des Wagens.
    »Sie erinnern mich an weibliche Superhelden in DC-Comics. Als ich ein Kind war, war das mein erster Zugang zu... Zu den Ausprägungen des weiblichen Körpers...«
    »Bei mir gibt es nicht viele Ausprägungen...«, unterbrach sie mich mit der strengen Tonlage einer Gymnasiallehrerin. Sie wollte mich braten. Mich brutzeln sehen. Mich in der eigenen Soße weichkochen.
    »Ich weiß... Das heißt, ich weiß nicht...« Oh, sie hatte mich, wo sie mich haben wollte. Tief in der Patsche. «Was ich meine, ist... Sie wissen schon... Diese Kostüme...«
    »Wonder Woman«, hauchte sie halblaut, als erinnerte sie sich plötzlich an etwas aus ihrer Kindheit. »Doch für mich zu amerikanisch...«
    »Katana...«
    Sie blickte fragend auf.
    »Yamashiro Tatsu...«, erklärte ich. »Sie wissen schon, Batman & The Outsiders .«
    »Zu verschlossen...«
    »Starfire...«
    »Starfire?«, rief sie aus. »Hast du jemals auf ihre Riesentitten geschaut...?«
    »Unentwegt...«, rutschte mir raus. »Wie wäre es mit Zatanna?«
    »Zu.... zu irgendwas!« rief sie lachend aus. Sie wollte mir um jeden Preis beweisen, dass jeglicher Vergleich mit einer Comic-Heldin fehl am Platz war.
    »Black Canary...?«
    »Nein... Zu tussig!«
    Meine Zeit lief aus!
    »Stargirl«, stieß ich aus.
    Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Courtney Whitmore...?«
    Ich war schockiert, denn sie war ein echter Insider. Jeder Trottel kennt Spiderman , aber nur Gourmets kennen Stargirl . Und sie war auch noch eine Frau — nicht gerade die Mehrheit unter den DC-Lesern. Die Planeten drehten sich möglicherweise bereits rückwärts. Oder ich hatte nur einige Veränderungen verschlafen.
    »Ja, das gefällt mir. Das bin ich.« Sie lachte auf und warf den Kopf in den Nacken. Dann reichte sie mir erneut die Hand. »Stargirl. Hocherfreut.«
    Evelyn stieg aus und holte vom Kofferraum des Taxis ihre große Sporttasche. Ich dachte mit einem abwesenden Blick daran, dass die Tasche randvoll war mit durchgeschwitzter Reizwäsche und feuchten Lederkorsetts, bis sie sich wieder ins Auto beugte und einen kleinen Notizblock in der Hand hielt. Das Papier war bereits nass vom Regen. Sie riss das oberste Blatt ab und gab es mir.
    »Du bist nicht von hier, oder?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das hört man. Allein das grässliche Siezen. Hör damit auf und ruf an. Wir schnacken mal.«
    Mein wortloses Nicken bewies den Grad meiner Hilflosigkeit.
    Sie war fort. Die Tür des Taxis war zu. Ich hörte das leise Metronom des Blinkers.
    »Wohin nu‹?« wollte der Taxifahrer wissen. Ich sah im Rückspiegel nur seine Augen, doch er schien zu grinsen.
    »Schnacken?« In Bayern hätte das recht missverständlich geklungen.
    »Die Dame möchte reden«, dolmetschte für mich der

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