In den Städten, in den Tempeln
wandte sich Clay an die Medizinerin, die gerade einen vollautomatischen Massagerobot auf ihn ansetzte. Zum Teil fragte er aus tatsächlichem Interesse nach, teils um überhaupt etwas zu reden. Marita Ribeaus Zurückhaltung war ihm unheimlich. Er befürchtete, daß ihm diesmal eine wirklich ernsthafte Auseinandersetzung mit ihr bevorstand.
»Fünf Tage sind's heute. Sie haben großes Glück gehabt. Bei Ihrer Einlieferung ging's um Sekunden. Wir haben Sie buchstäblich im letzten Augenblick in einen provisorischen Zellregenerations-Ölbalsam tauchen können.«
»Fünf Tage ...« Claybourne schlang sich das Frotteetuch um die Hüften. »Marita.« Er drehte ihr den Kopf zu. »Hat sich inzwischen irgend was von Bedeutung ereignet?« Er wollte einen Schritt in ihre Richtung tun und geriet sofort ins Taumeln. Die Medizinerin schob ihm ihren Arm unter den Ellenbogen.
Marita stieß einen Seufzlaut aus. »Wir wissen, daß sich bei der Energetensphäre eine interne Farce abgespielt hat. Akim Halberstadt wollte bei der Justiz-Org eine Klage gegen Sie einreichen, aber de Herbignac hat ihn davon ›überzeugt‹, daß es eines Konzilsmitglieds unwürdig wäre, sich in einem Rechtsstreit gegen einen unwerten Terri zu besudeln, der ...« Sie verstummte für eine Sekunde und sprach dann in schärferem Tonfall weiter. »... sich durch sein Verhalten ohnehin schon den Spott und die Verachtung der ganzen Venus aufgeladen hat.« Sie ließ sich dazu herbei, Clay wieder anzuschauen. »Föderatus hat Ihren hartnäckigen gewaltorientierten Aktionsdrang in einer ausführlichen Berichterstattung öffentlich angeprangert. Sie gelten jetzt in den Augen der Allgemeinheit als das verkommenste Subjekt, das sich auf der Venus herumtreibt ...«
Marita senkte ihren Blick auf die Pfirsiche ihrer Kniescheiben. »Und ich könnte wahrhaftig nicht behaupten, daß Ihr Betragen eine andere Schlußfolgerung erlaubt.«
»Aaah«, machte Clay. »Arrrg! Haaa ...!« Der Massagerobot hatte mit vernehmlichem Summen seine Tätigkeit aufgenommen und schnurrte mit seinen fingerdicken Haftwalzen auf Clays Rücken auf und nieder. Die in Rotation versetzten Wülste und Noppenscheiben der Apparatur kneteten Clays erschlafftes Gewebe und fauchten Schübe von Heißluft hinaus, ohne sich um sein Gejammer zu kümmern. Mit Unterstützung der Medizinerin setzte sich Clay auf ein Ergpolster.
»Ich weiß wirklich nicht«, fügte Marita hinzu, »wie es mit Ihnen weitergehen soll. Anscheinend sind Sie unverbesserlich. Ihr Treiben wird zu überhaupt nichts führen. Der Sozialkoordinator ist zutiefst betrübt. Ein Idiot, der de Herbignac in den Augen der Öffentlichkeit ins Recht setzt und ihm das Image aufpoliert, hat ihm gerade noch gefehlt. Am vernünftigsten wäre es, Sie kehren zurück zur Erde und überlassen es uns, mit unseren Verbrechern fertig zu werden. Es ist auf jeden Fall ausgeschlossen, daß Sie weiter mit solchen Methoden ...«
»Gut, gut, gut ...!« Heftig winkte Clay ab und erlitt daraufhin einen Schwindelanfall. Er klammerte sich an den Rand des Ergpolsters, spürte kalten Schweiß auf seiner Stirn. »Ich will Ihnen zugestehen, daß Sie wahrscheinlich insofern recht haben, als ich bisher nur mit dem Kopf durch die Wand wollte. Das sture Durchboxen, das im City-Dschungel der Erde jeden nach oben bringt, der nur ernsthaft genug will, ist hier auf der Venus anscheinend ein untaugliches Mittel. Aber ich bin bereit, mich der Tatsache unterzuordnen, daß die Venus offenbar von höherem Blödsinn regiert wird. Ich ... ich werde keine Gewalt mehr anwenden. Ich gebe Ihnen mein Wort. Wenn es sein muß, kann ich diese Halunken auch anders zur Strecke bringen.« Der Massagerobot kroch langsam von seiner linken Schulter am Arm hinab. Schmerzhaftes Prickeln durchlief die Muskeln.
»Ich halte es, offen gestanden, für ausreichend erwiesen, daß Sie sich nicht unter Kontrolle haben«, sagte die Ribeau gedämpft. »Sie glauben planmäßig zu handeln, aber in Wahrheit reihen Sie eine destruktive Affekthandlung an die andere. Meinen Sie wirklich nicht, daß es besser wäre, Sie reisen ab?«
»Warum schlagen Sie mir so etwas vor?« Clay hörte, daß seine Stimme vor Enttäuschung rauh klang. »Bilden Sie sich ernsthaft ein, ich wäre imstande, hier alles auf sich beruhen zu lassen – nach dem, was geschehen ist ... mit Shereen, mit mir ...?« Seine Stimme erstickte. Er hatte hinzufügen wollen, daß er trotz seiner Unangepaßtheit an die venusische Gesellschaft ein tüchtiger
Weitere Kostenlose Bücher