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In den Waeldern des Nordens - V3

Titel: In den Waeldern des Nordens - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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klebten aufeinander. Likita brachte ihm Wasser, und er grunzte und trank wieder.
    »War es ein Kampf?« fragte Tyee schließlich. »Ein guter Kampf?«
    »Ho! ho! ho!« So plötzlich und wild lachte Ounenk, daß alle schwiegen. »Nie hat es einen solchen Kampf gegeben! Das sage ich, Ounenk, der ich so manchen Kampf mit Tieren und Menschen ausgefochten habe. Und ehe ich es vergesse, laßt mich große und weise Worte sprechen. Die Männer des Sonnenlandes kämpfen gut und lehren uns Mandeller kämpfen. Und wenn wir lange genug kämpfen, werden wir große Kämpfer wie die Männer des Sonnenlandes, oder – wir sind tot. Ho! ho! ho! Das war ein Kampf!«
    »Wo sind deine Brüder?« Tyee schüttelte ihn, daß der Verwundete vor Schmerz schrie.
    Ounenk wurde ruhiger. »Meine Brüder? Sie sind nicht mehr.«
    »Und Pome-Lee?« rief einer der Hungrigen. »Pome-Lee, der Sohn meiner Mutter?«
    »Pome-Lee ist nicht mehr«, sagte Ounenk eintönig.
    »Und die Männer des Sonnenlandes?« fragte Aab-Waak.
    »Die Männer des Sonnenlandes sind nicht mehr.«
    »Aber das Schiff der Männer des Sonnenlandes und ihr Reichtum, ihre Büchsen und anderen Dinge?« fragte Tyee.
    »Weder das Schiff der Männer des Sonnenlandes noch ihr Reichtum oder ihre anderen Dinge, nichts ist mehr. Nichts. Ich bin allein.«
    »Und du bist ein Narr.«
    »Das kann sein«, antwortete Ounenk unbewegt. »Ich habe gesehen, was mich wohl zu einem Narren machen konnte.«
    Tyee schwieg, und alle warteten, bis es Ounenk gefiele, seine Geschichte zu erzählen.
    »Wir nahmen keine Büchsen mit, o Tyee«, begann er endlich, »keine Büchsen, meine Brüder – nur Messer und Jagdbogen und Speere. Und zu je zweien und dreien kamen wir in unsern Kajaks zum Schiffe. Sie freuten sich, als sie uns sahen, die Männer des Sonnenlandes, wir breiteten unsere Felle aus, sie holten ihre Handelswaren, und alles ging gut. Und Pome-Lee wartete – wartete, bis die Sonne hoch am Himmel stand und sie sich zum Essen gesetzt hatten. Da stieß er den Schrei aus, und wir fielen über sie her. Nie hat es einen solchen Kampf gegeben und nie solche Kämpfer. Die Hälfte erschlugen wir im ersten Augenblick, aber die Hälfte, die übrigblieb, wurde zu Teufeln, und sie vervielfältigten sich und kämpften überall wie die Teufel. Sie stellten sich mit dem Rücken gegen den Mastbaum, und wir umgaben sie mit einem Kreis unserer Toten, ehe sie selbst starben. Und einige nahmen zwei Büchsen und schossen, indem sie beide Augen offenhielten, und sie schossen sehr schnell und sicher. Und einer nahm eine große Büchse, aus der er eine Menge kleiner Kugeln auf einmal schoß. Seht her!« Ounenk zeigte auf sein Ohr, das sauber von einem Rehposten durchbohrt war.
    »Aber ich, Ounenk, durchstieß ihn von hinten mit meinem Speere. Und so töteten wir sie alle irgendwie – alle außer dem Häuptling. Und ihn umringten wir, viele von uns, und er war allein, aber da stieß er einen lauten Schrei aus, brach durch und lief in das Innere des Schiffes, während fünf oder sechs von uns sich an ihn hängten. Und da, als der Reichtum des Schiffes unser und nur der Häuptling, den wir auch bald töten mußten, noch unten war, ja, da ertönte ein Krachen wie von allen Büchsen der Welt – ein mächtiges Krachen! Und wie ein Vogel flog ich in die Luft, und das lebende Mandellervolk und die toten Männer des Sonnenlandes, die kleinen Kajaks, das große Schiff, die Büchsen, der Reichtum – alles flog in die Luft. Darum sage ich, Ounenk, der diese Geschichte erzählt, daß ich der einzige bin, der übrigblieb.«
    Tiefes Schweigen senkte sich auf die Versammlung. Tyee blickte Aab-Waak mit entsetzten Augen an, sagte aber nichts. Selbst die Frauen waren zu erstaunt, um über die Toten zu jammern.
    Ounenk sah sich stolz um. »Ich bin der einzige, der übrigblieb«, wiederholte er.
    Aber in diesem Augenblick knallte eine Büchse von Bills Barrikade, und es klatschte scharf gegen Ounenks Brust. Er schwankte hintenüber und richtete sich mit einem Ausdruck von Verblüffung wieder auf. Er schnappte nach Luft, und seine Lippen verzogen sich zu einem grimmigen Lächeln. Seine Schultern fielen zusammen, und seine Knie knickten ein. Er schüttelte sich wie ein Mann, der im Begriff ist, einzuschlafen, und raffte sich wieder auf. Aber das Zusammenfallen und Einknicken begann wieder, und er sank langsam, ganz langsam zu Boden.
    Es war eine ganze Meile bis zum Graben der Männer des Sonnenlandes, aber der Tod hatte den Abstand

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