In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)
bestückt war, insgesamt als 52 kg wog. Nach einem kurzen Blick in mein Trainingstagebuch war ich mir sicher, dass ich den Thruster noch nie mit einem solchen Gewicht versucht hatte. Ich wusste, dass ich, um mich aufzuwärmen, probehalber einige Wiederholungen hätte ausführen sollen, aber ich wollte mich einfach nicht der Tatsache stellen, dass ich noch nicht in der Lage sein würde, 10 Thrusters mit einer 52 kg schweren Hantel auszuführen.
»Drei, zwei, eins, los!« Ich hatte die Met-Con geistig bereits in Abschnitte unterteilt, konzentrierte mich nur auf die unmittelbar anstehende Aufgabe und unterdrückte jeden Gedanken an alles, was danach kam, um nicht in Panik zu verfallen. Das funktionierte in den ersten beiden Teilen der ersten Runde – den ersten 30 Kettlebell-Swings und 20 Burpees – ganz gut. Ich hörte meinen Namen und aufmunternde Rufe, die von meinen Elysium-Kollegen skandiert wurden. Nach den ersten beiden Blöcken drehte ich mich um und wandte mich der Langhantel zu. Ich ging in die Knie und versuchte, sie umzusetzen. An der Reaktion meines Wettkampfrichters – offener, unverhohlener Besorgnis – konnte ich erkennen, dass ich dabei wohl schon unverhältnismäßig angestrengt aussah. Anschließend ging ich in die Hocke, achtete darauf, dass meine Hüften sich unterhalb der Knie befanden, und versuchte, mich dann explosionsartig aufzurichten und die Arme nach oben zu strecken. Die Hantel bewegte sich nur widerwillig mit. Als sie auf Kinnhöhe war, drückte ich sie hoch und hörte, wie ein seltsames Geräusch über meine Lippen kam – solche Laute muss ein Tier von sich geben, wenn es versehentlich in eine Bärenfalle gerät. Mein Kampfrichter riss die Augen weit auf, die Hantelscheiben auf der linken Seite wackelten verdächtig, aber ich war voller Adrenalin und konnte die Arme über den Kopf strecken.
Bei Thrusters muss man den Schwung nutzen und dem Rhythmus der Bewegung folgen, um im Fluss zu bleiben. Im Idealfall hätte ich in dem Augenblick, in dem die Wiederholung als gültig gezählt wurde, die Langhantel von der Schwerkraft nach unten ziehen lassen können. Ich hätte meine Knie gebeugt und wäre somit automatisch in die Startposition zurückgekehrt. Stattdessen ließ ich die Hantelstange aus voller Höhe und mit großem Getöse zu Boden fallen. Ich konnte spüren, wie ich von den Zuschauern in meiner Nähe misstrauisch taxiert wurde – anderen CrossFittern, die wussten, dass ich mich mit dem Gewichtheben schwertat.
Ich hatte 15 Minuten Zeit, das Workout zu beenden, ansonsten würde ich disqualifiziert werden. In den nächsten zwölf Minuten hätte ich die Tatsache ignorieren können, dass ich keine Kraft mehr hatte. Dann hätte ich einfach weitergemacht und wäre trotz meines Ehrgeizes bereits am ersten Satz Thrusters gescheitert. Mein Kampfrichter versuchte, mich zu beruhigen, und sagte: »Mach einfach einen nach dem anderen.« Er wusste, wie es um mich bestellt war.
Vor jeder Wiederholung atmete ich dreimal tief durch, setzte das Gewicht auf meine Schultern um und ging wieder den ganzen qualvollen Bewegungsablauf durch. Während ich mich durch den ersten Satz plagte, war es so, als suche ich in meinem tiefsten Inneren nach einer unbekannten Kraftquelle, aus der ich schöpfen konnte. Jede Wiederholung, zu der ich mich durchrang, entzog mir ein kleines bisschen mehr Energie. Aber irgendwie schaffte ich es dennoch, den ersten Satz zu bewältigen. Der Schweiß lief mir in die Augen. Die Muskeln rund um meinen Brustkorb hielten dem Tempo und dem scheinbar gewachsenen Umfang meiner Lungenflügel nicht stand. Die Menge ertappte mich dabei, wie ich nach dem letzten Thruster erst einmal Luft holen musste, um mich für die nächste Runde zu sammeln, und johlte: »Nimm endlich die Kettlebell!« Runde zwei war eröffnet.
Im zweiten Satz Thrusters nahm ich mir wieder eine Wiederholung nach der anderen vor. Ein Fotograf, der Bilder von der Veranstaltung machte, stellte sich zwischen mich und die Garagentür an der Seitenwand der Halle. Ich habe mir in meinem ganzen Leben noch nie so sehr gewünscht, ein Kameraobjektiv zertrümmern zu dürfen, wie in jenem Augenblick.
Die Urschreie, die ich bei jeder Wiederholung von mir gab, wurden immer peinlicher – sie waren schrill und kehlig zugleich –, aber ich konnte nichts daran ändern. Ich brachte den zweiten Satz Thrusters hinter mich und bemerkte in diesem Moment, dass mir nur noch vier Minuten blieben, um das Workout erfolgreich
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