In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)
Trainingstagebuch auf. Ihre Entwicklung – aber auch Stagnationen – lässt sich dort schwarz auf weiß ablesen. Bennett hat außerdem eine Excel-Tabelle angelegt, in die er jedes CrossFit-Workout einträgt, das er jemals absolviert hat. Daran orientiert er sich, wenn er sich neue Ziele setzt. Ich fragte ihn in unserem Interview, auf welche Ziele er zurzeit hinarbeite. Er gab mir zwei Listen. Seine kurzfristigen Ziele sahen wie folgt aus:
1. Als Mitglied des Elysium-Teams an den Games teilnehmen.
2. Stärker werden: Kniebeuge 143 kg, Kreuzheben 188 kg, Umsetzen und Stoßen 106 kg, Überkopfkniebeuge 93 kg
3. Beweglichkeit verbessern (durch Yoga, Pilates u. a.).
4. Mit anderen Elysium-Mitgliedern samstags außerhalb der Box trainieren.
5. Level-1-Zertifizierung ablegen und Coach werden.
6. Gesund bleiben.
7. Bei der Regionalqualifikation 2012 möglichst gut abschneiden.
Dann gab es noch die langfristigen Ziele:
1. Gesund bleiben.
2. Andere zum CrossFit führen (Freunde, Familie).
3. Mich als freiwilliger Helfer für CrossFit-Veranstaltungen melden.
4. Bis ans Lebensende CrossFitter bleiben.
Während ich Bennett über einen Zeitraum von einigen Monaten beim Trainieren zusah, konnte ich miterleben, mit welcher Leidenschaft er diese Ziele verfolgte.
Was den Firebreather ausmacht
Ein »Feuerspucker« zeichnet sich durch überragende Fähigkeiten in einer Vielzahl von Disziplinen aus. Im CrossFit gibt es jede Menge davon; sie umfassen unter anderem Turnübungen, Gewichtheben und Kraftdreikampf, außerdem verschiedene Ausdauersportarten wie Rudern und Laufen. Die CrossFit-Philosophie besagt, dass das Trainingsprogramm ständig variieren muss, um effektiv zu sein. Das ist das Erfolgsgeheimnis von CrossFit, aber auch seine größte Herausforderung. Die CrossFitter, die zu Firebreathern werden, arbeiten beharrlich an sich und tun alles, was erforderlich ist, um ihr Können zu perfektionieren – vor allem in jenen Bereichen, in denen sie Defizite haben.
Auf der Startseite von CrossFit.com werden oft neue, überraschende Elemente für das WOD vorgestellt. Einmal musste man zum Beispiel mehrfach eine Strecke von 25 Metern tauchen. (Das war natürlich nicht in allen Studios umsetzbar, sodass man die Möglichkeit hatte, das WOD diesbezüglich zu modifizieren.) Bei den Reebok CrossFit Games 2011 wurde von den Teilnehmern einmal verlangt, einen Softball so weit wie möglich zu werfen. Auf das »Unbekannte und Unwägbare« vorbereitet zu sein, ist schließlich ein wichtiger Bestandteil des gesamten Trainingskonzepts.
Weil es so viele Fähigkeiten zu erwerben gilt, legen Firebreather vor oder nach den Workouts noch zusätzliche Einheiten ein, um an ihrem Können zu feilen. Es sind diejenigen, die als Erste zum Workout kommen und als Letzte gehen. Ich habe das bei Bennett und Wagner immer wieder erlebt. Andere Studiomitglieder dehnten sich vielleicht vor dem Workout oder massierten ihren Rücken mit einer Hartschaumrolle. Bennett und Wagner waren viel aktiver und trainierten stattdessen Back Extensions an der »Glute-Ham-Bank« (die wie ein mittelalterliches Folterinstrument aussieht) oder griffen sich die Turnringe und machten Ring-Dips oder Muscle-ups.
Beim Aufwärmen widmet sich Bennett aggressiv seinen Schwächen (im CrossFit auch als goats , zu Deutsch »Ziegen« bezeichnet), die sich ihm im Rahmen seiner Workouts offenbaren. Kelly Starrett nennt sie auch »Leistungslöcher«. Eigene Schwächen auszumerzen ist seiner Meinung nach einer der Hauptgründe, warum man CrossFit überhaupt praktizieren sollte. »Wenn man das Studio als Labor betrachtet, kann man sagen, dass wir uns in einer kontrollierten und sicheren Umgebung befinden. Hier können wir gezielt die Leistungslöcher identifizieren, die uns an der Weiterentwicklung hindern.«
Es kam nicht oft vor, dass Bennett mit einer »Ziege« ringen musste, aber einmal sah ich, wie er Probleme mit einem Workout hatte, in dem »Pistols« vorkamen. Das sind einbeinige Kniebeugen, die außergewöhnlich viel Balance, Kraft und Beweglichkeit erfordern. Bennett fiel diese Übung zunächst schwer, bis er beschloss, sie in sein Warm-up zu integrieren und sich vor jedem Workout gezielt damit zu befassen. Diese bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Schwächen unterscheidet einen Firebreather von anderen CrossFittern. Die meisten von uns hätten in seiner Situation vermutlich versucht, Pistols zu vermeiden – in der Hoffnung, dass sie in nächster Zeit nicht mehr gefragt sein
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