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In der Brandung

In der Brandung

Titel: In der Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Zweck gegründet worden, und die korrupten Zöllner wurden von zwei Carabinieri gespielt, die der Operation zugeordnet worden waren und unter falscher Identität agierten.
    Bei einer der Lagebesprechungen bemerkte jemand, dass Roberto sich nicht glaubhaft in dem Milieu bewegen könne, wenn er nicht wenigstens eine Tätowierung hatte. Es gab zwar auch Kriminelle ohne Tätowierung, aber dieser Unterschied hätte auffallen und Misstrauen wecken können. Roberto gefiel die Vorstellung, tätowiert zu werden, überhaupt nicht, aber er musste sich fügen und entschied sich schließlich im letzten Moment für einen Indianerkopf auf dem linken Unterarm und ein Spinnennetz auf der rechten Schulter.
    »Bist du sicher, dass du ein Spinnennetz willst? Weißt du, was das bedeutet?«, fragte ihn der Typ, der ihn tätowieren sollte – ein Hehler, Ex-Häftling und mittlerweile Betreiber eines Tattoo- und Piercing-Studios, das ihm ein Kollege empfohlen hatte.
    »Nein, was denn?«
    »Die Spinne ist ein Raubtier. In manchen Kreisen bedeutet eine Spinne oder ein Spinnennetz auf der Schulter – am Ellbogen ist das etwas Anderes –, dass du einer bist … der Blut vergossen hat und es wieder tun würde.«
    Roberto überlegte kurz und meinte dann, dass das mit dem Spinnennetz in Ordnung gehe. Der Typ zuckte die Achseln.
    »Auf jeden Fall muss ich dir noch eine stechen.«
    »Warum?«
    »Tätowierungen müssen immer ungleich sein, sonst bringen sie Unglück. Wenn du willst, schreibe ich dir ein schönes ACAB auf die Fingerknöchel.«
    ACAB, die Abkürzung von »All Cops Are Bastards« – alle Bullen sind Bastarde.
    Es war nicht ganz klar, ob das ein Scherz sein sollte – der Typ wusste, dass Roberto ein Carabiniere war – oder ob er es ernst meinte.
    Roberto lachte ein wenig, aber er hatte das Gefühl, in eine Sache geraten zu sein, die er jetzt schon nicht mehr in der Hand hatte.
    »Gut, stich mir ein ACAB. Aber nicht auf die Knöchel, such eine andere Stelle, die weniger gut sichtbar ist. Und mach’s nicht farbig, sondern nur schwarz-weiß.«
    Es war schmerzhafter, als er sich vorgestellt hatte. Sie verließen die Werkstatt – so lautete die Bezeichnung über der Ladentür – erst mehrere Stunden später.
    Roberto hatte brennende Schmerzen an der Schulter, am Unterarm und am Fußgelenk, wo die kriminelle Inschrift über korrupte Bullen prangte. Jetzt war er bereit für sein zweites Leben, das binnen kurzer Zeit sein erstes werden sollte.
    Die Kolumbianer schätzten ihn: Er war konkret, professionell, sympathisch, und er sprach perfekt Spanisch mit einem leichten mexikanischen Akzent.
    Jaguar investierte seine ganzen Ersparnisse in das Geschäft. Er träumte von der tropischen Insel, die er sich mit den Einnahmen aus seiner neuen Tätigkeit kaufen würde.
    Doch es gab keine tropischen Inseln und auch keine Einnahmen für Jaguar, seine Leute und die kolumbianischen Mittelsmänner, die nach Italien gekommen waren, um den Abschluss des Geschäfts durchzuführen und Kasse zu machen. Nach sechs Monaten Verhandlungen, Reisen und Nachforschungen waren sie alle verhaftet worden, während gleichzeitig im Hafen von Gioia Tauro ein Schiff beschlagnahmt wurde, in dessen Frachtraum sich Kokain für mehrere Milliarden Lire befand.
    Das war Robertos erster Einsatz als verdeckter Ermittler. Der Auftakt, wie man so sagt, zu einer glänzenden Karriere als Geheimagent. Ein paar Monate später bekam er das Angebot, zum ROS nach Rom zu gehen.
    Das ROS – das Raggruppamento Operativo Speziale, ein Spezialeinsatzkommando – ist die Abteilung der Carabinieri, die für organisiertes Verbrechen und Terrorismus zuständig ist. Der Hochadel der Ermittler, die höchste Ebene für einen jungen Unteroffizier, der gern als Bulle arbeitet. Natürlich nahm Roberto an und wurde kurz darauf in die Vereinigten Staaten geschickt, wo er ein Training für Geheimagenten beim FBI absolvierte.
    Nach seiner Rückkehr trug er seine Uniform nur noch sehr selten und nur, wenn er eine Auszeichnung entgegennahm.
    * * *
    »Ich hatte die Tätowierung auf Ihrem Unterarm zwar bemerkt, aber den Grund dafür hätte ich nie erraten.«
    »Darauf kommt man auch nicht so leicht.«
    »Haben Sie schon einmal daran gedacht, sie entfernen zu lassen?«
    »Am Anfang schon. Ich dachte, dass ich sie gleich nach meiner Zeit als verdeckter Ermittler – die ich für begrenzt hielt – wieder entfernen lassen würde. Doch dann verging die Zeit, ich machte weiter meine Arbeit, und schließlich

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