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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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aus wie eine gespurte Loipe: Durch ein Band von gelben Birkenblättern zogen sich vier schwarze Rillen. Es hingen noch Blätter an den Bäumen, obwohl es schon Ende Oktober war.
    »Gib Gas, und runter mit dem Kopf!«, rief Macho plötzlich und stieß Vater mit dem Ellbogen in die Rippen.
    »Was? Was ist los?« Vater zuckte zusammen und machte sich instinktiv kleiner.
    »Das war gerade der Knast von Vantaa«, sagte Macho und lachte sich eins.
    Vesas Vater lachte erst mit Verzögerung. »Musst du mich so erschrecken, Mann!«
    »Wieso, ich hab doch gar nicht meine Wärterkluft an«, versuchte Macho noch einen Scherz, über den er aber allein lachen musste.
    »Vater?«
    »Was?«
    »Hast du nicht gesagt, wir wären auf dem Weg nach Koivukylä?«, fragte Vesa über den Nacken von Macho hinweg. Unter Machos Nackenhaaren leuchteten rote Pickel in unterschiedlichen Reifestadien, obwohl der Mann schon über vierzig war.
    »Hab ich«, sagte Vater. »Wieso fragst du?«
    »Und wolltest du nicht auch die Ausfahrt Koivukylä nehmen?«
    »Logisch«, sagte Vater barsch. »Und weiter?«
    »Nichts weiter, außer dass wir gerade daran vorbeigefahren sind«, sagte Vesa.
    »Verdammte Hacke!«, brüllte Vater und knallte mit der Stirn gegen das Seitenfenster, als er mit zu weit gerecktem Hals nach hinten schauen wollte. Vesa wunderte sich, dass er offenbar nicht die Seitenspiegel benutzen konnte, wo er doch den LKW-Führerschein hatte und alles. »Gottverdammte Hacke, ich … Wir drehen in Korso um«, sagte Vater und massierte sich die Schläfe.
    Jetzt war Vesa zum Lachen zumute, aber er traute sich nicht. »Warum habt ihr Härski nicht mitgenommen?«, fragte er stattdessen.
    »Weil wir dich mitgenommen haben, darum.«
    »Die Sache hättet ihr auch zu zweit erledigen können«, sagte Vesa.
    »Halt’s Maul, Mensch! Du tust, was ich sage, und basta!«, schnauzte ihn Vater an. »Ich brauch zwei Mann zusätzlich, mit den Iwans ist nicht zu spaßen.«
    »Hast du nicht gesagt, es sind Polen?«
    »Was?«
    »Iwans nennt man, soviel ich weiß, die Russen.«
    »Halt jetzt einfach mal die Fresse, Klugscheißer, okay?«
    Es war gut, dass Macho zwischen ihnen saß. Wenn Vater gekonnt hätte, hätte er ihm jetzt eine gelangt. Er kam nur mit seinen kurzen Armen nicht an Macho vorbei, der 120 Kilo wog und zu schätzungsweise 75 Prozent aus Muskeln bestand. Die restlichen 25 Prozent waren Knochen, Fett und Pickel.
    »Wir müssen nicht bis Korso fahren«, sagte Macho. »Wir können schon in Kuusijärvi umdrehen.«
    »Scheiße, ich kenn mich hier in Vantaa nicht aus. Du hättest diesem Enqvist sagen sollen, dass er den Iwans eine Bude in der Stadt besorgen soll«, murmelte Vater. »Kuusijärvi – nie gehört.«
    »Enqvist sagt, in Vantaa sind die Mieten billiger«, sagte Macho.
    »Die bezahlen doch ihre Miete selbst«, sagte Vater. »Was haben sie eigentlich, ein Zimmer?«
    »Eine Zweizimmerwohnung, hat Enqvist erzählt.«
    »Eine Zweizimmerwohnung? Wie viele sind die denn?«
    »So fünfundzwanzig, dreißig.«
    »Dann hätte doch auch eine Einzimmerwohnung gereicht.«
    »Da vorne rechts.«
    »Was ist da?«
    »Kuusijärvi.«
    »Wo?«
    »Ich sag doch rechts. Das heißt, da war es.«
    Vesa, der wieder aus dem Seitenfenster schaute, sah noch, wie sie an einem offen stehenden blauen Metalltor vorbeifuhren, über dem ein beleuchtetes Schild angebracht war: Kuusijärvi – Vantaa Sportzentrum .
    »Verdammte Hacke!« Vater trat auf die Bremse, dass es den Hiace aus der Loipe schmiss. Er schlingerte über den Blätterteppich, während Vater wie wild am Lenkrad kurbelte. Aber der Wagen blieb wie durch ein Wunder auf der Straße. Als er zum Stehen kam, waren sie nur etwa fünfzig Meter am Tor vorbei.
    »Nicht schlecht für einen Frührentner«, bemerkte Macho, als Vater den Rückwärtsgang einlegte.
    »Was faselst du da?«
    »Ich finde, deine Arme tun’s noch ganz gut dafür, dass du wegen deiner Schulter Invalide bist. Das bist du doch, oder?«
    »Leck mich am Arsch, wenn du von nichts eine Ahnung hast!«
    Aber Vesa wusste, dass Macho recht hatte. Vater hatte Anfang der 90er Jahre noch als Zimmermann auf dem Bau gearbeitet, bis sein Vorgesetzter eines Tages meinte, Zimmerleute stelle er stundenweise und nicht viertelstundenweise ein, und den ewigen Herumsteher feuerte. Danach hatte Vater sich über einen Bekannten und einen semikriminellen Arzt Papiere besorgt, die ihn zum Halbinvaliden und Bezieher einer Arbeitsunfähigkeitsrente machten. Halbinvalide sei auch

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