In der Falle - Leino, M: In der Falle
inzwischen durch das blaue Tor auf den Parkplatz gefahren und heizte in einer weit gezogenen Linkskurve zurück in Richtung Straße. Vesa sah rechter Hand gerade noch ein Gebäude mit einem Café und etwas weiter entfernt die blitzende Oberfläche eines Teichs, dann waren sie bei der verpassten Ausfahrt, und gleich darauf bogen sie wieder auf die Straße, diesmal in Richtung Süden. Nie im Leben hatte Vater geschaut, ob die Straße frei war! Er hatte es einfach angenommen.
Vater verließ sich in viel zu vielen Dingen auf sein Glück. Nur so war auch zu erklären, dass er diesen irren Macho eingestellt hatte. Wahrscheinlich war Macho billig, aber dass er so irre war, konnte sich noch bitter rächen. Manchmal wunderte sich Vesa, von wem er eigentlich sein Hirn geerbt hatte, jedenfalls nicht von seinen Eltern. Auch Mutter war keine große Leuchte. Wenn sie eine gewesen wäre, hätte sie gleich nach dem ersten Treffen mit Vater Fersengeld gegeben, statt sich ihm an den Hals zu schmeißen. Dem Aussehen nach war Vesa leider doch ein bisschen nach seinem Vater geschlagen. Wahrscheinlich hatte er auch schon mit dreißig dessen Mönchsplatte. Nur würde er sich nicht die fettigen Strähnen vom Rand drüberkämmen, garantiert nicht. Vater war mal Boxer gewesen, aber leider kein richtig guter. Man hatte ihm deutlich ein paarmal zu oft die Fresse poliert, daran änderten auch zwei Silbermedaillen von den Finnischen Jugendmeisterschaften in der Vitrine des Bücherregals nichts. Die Medaillen führte er gern seinen Saufkumpanen vor, mit einem blöden Schnauben und ungelenken Hieben in die Luft, wie jeder andere Besoffene beim Schattenboxen.
»Dass Härski, dieser Arsch, gerade jetzt verschwinden muss!«, ärgerte sich Vater und schlug mit der flachen Hand aufs Lenkrad. Seine über die Platte gekämmten Strähnen flogen, und der Wagen brach so heftig aus, dass Vesa den Griff über der Tür packte. »Probier’s noch mal, vielleicht geht er doch noch dran«, sagte Vater zu Macho.
»Und wenn? Bringen wir den Kleinen dann zurück?«, fragte Macho.
»Natürlich nicht. Ich will nur wissen, wo der Typ während der Arbeitszeit rumhängt. Sag ihm, dass seine Dienste nicht mehr gebraucht werden. Die Sache hier kann ich nur mit jemandem durchziehen, zu dem ich Vertrauen habe. Zu Härski hab ich’s nicht mehr.«
»Härski ist also verschwunden, verstehe«, bemerkte Vesa halblaut.
»Einen Scheiß verstehst du«, brüllte Vater. »Du sitzt, wo du jetzt sitzt, weil du von mir zu fressen kriegst, verdammte Hacke. Weil ich dich durchfüttere und du mit deinen achtzehn Jahren nicht einen Cent nach Hause bringst.«
»Im Sommer hab ich zum Beispiel Rasen gemäht«, versuchte Vesa einzuwerfen, aber Vater hob warnend den Zeigefinger.
»Und jetzt hältst du die Fresse, es sei denn, du wirst was gefragt!«
Macho nestelte gerade schnaubend an der Brusttasche seiner Lederjacke. Er holte eine Pistole heraus und legte sie aufs Armaturenbrett.
»Leg die da nicht hin!«, brüllte Vater.
»Ich muss sie irgendwo hinlegen, sonst komm ich nicht an mein Handy.«
»Man steckt doch nicht die Kanone und das Handy in dieselbe Tasche, Mann!«
»In der anderen ist ein Loch, die Sachen rutschen mir jedes Mal ins Futter.«
Vater zeigte auf die Kanone auf dem Armaturenbrett. »Du nimmst die sofort da weg, bevor sie mir auf die Füße fällt. Wahrscheinlich ist sie auch noch geladen?«
»Logisch«, sagte Macho und nahm die Pistole ächzend in die Hand. »Ich bin doch kein Amateur.« Er hielt jetzt das Handy in der rechten und die Pistole in der linken Hand und runzelte die Stirn.
»Was ist jetzt los?«, fragte Vater.
»Wie soll ich wählen, wenn ich die Hände voll hab?«
»Gib die Kanone Vesa, solange du telefonierst.«
»Kommt nicht in Frage«, sagte Macho. »Meine Kanone fass nur ich an, sonst keiner«, sagte er und fuchtelte Vesa mit der Pistole vor dem Gesicht herum.
»Ich will sie auch gar nicht anfassen«, sagte Vesa und drückte den Hinterkopf gegen die Trennwand zum Laderaum.
»Schieb sie in Gottes Namen wieder dahin, wo du sie hergeholt hast, verdammt!« Vater schlug wieder aufs Lenkrad und stieg aufs Gaspedal. »Womit hab ich bloß solche Idioten um mich herum verdient?!«
»Warum bist du eigentlich so nervös?«, fragte Vesa. »Hast du nicht gesagt, es wäre eine ganz normale Tour?«
»Hab ich nicht auch gesagt, dass du die Fresse halten sollst?!«, brüllte Vater.
Im selben Augenblick traf der rechte Vorderreifen ein Schlagloch, und
Weitere Kostenlose Bücher