In der Falle - Leino, M: In der Falle
von Wirtschaft, und es interessierte ihn auch nicht. Was ihn interessierte, war Tiina und wie es zwischen ihnen lief. Oder vielmehr, wie es besser laufen könnte.
Aber Vater kam erst richtig in Fahrt.
»Vergiss Nokia! Der Laden bewegt in Finnland nur die Börse. Die großen Räder drehen andere, und kein Politiker hat die Eier, sich mit ihnen anzulegen. Warum nicht? Weil es politischer Selbstmord wäre. Die Bauriesen haben das Sagen, und das Beste ist, dass wir auf dem Sektor keine Korruption haben. In der finnischen Baubranche gibt es keine Korruption, weil sie in unseren Gesetzbüchern gar nicht vorkommt. So ist das, und darum ist das, was wir vorhin gemacht haben, nicht nur gut für uns, sondern auch für unser Land, verstehst du?«
»Und bei den nächsten Parlamentswahlen lässt du dich aus lauter Patriotismus für die Ultrakonservativen aufstellen«, sagte Vesa. »Du bist ein Patriot, und darum leben wir von kriminellem Geld, richtig?«
»Du redest Scheiße, Junior. Wir machen gutes Geld und können nur hoffen, dass die Dinge bleiben, wie sie sind. Stell dir vor, du kämst aus einem der Kackländer, in denen wir die Dreihunderteurotypen einkaufen. Wir können doch von Glück sagen, dass es den Burggraben zwischen denen und uns gibt. Davon leben wir!«
Für Vesa war die Sache klar: Vater musste irgendwann echten Schlaubergern zugehört haben und gab Halb- und Viertelwahrheiten wieder, um ihn zu beeindrucken.
»Wenn du an deinen Geschäften so verdammt gut verdienst, warum wohnen wir dann in Maunula in einer städtischen Dreizimmerwohnung und haben nie was auf dem Konto? Und warum fährst du, solange ich denken kann, in einer japanischen Rostlaube ohne TÜV durch die Gegend? Schon zehn Prozent von dem, was du den Litauern abgeluchst hast, müsste man doch irgendwo sehen. In Wirklichkeit bist du genauso ein Sklave wie die Litauer. Irgendjemand verarscht dich genauso, wie du sie verarschst, der Unterschied ist nur, dass du’s nicht zugeben willst.«
Vater hatte schon den Zeigefinger oben, sagte dann aber doch nichts, jedenfalls nicht gleich. Stattdessen zündete er sich eine neue Zigarette an und räusperte sich erst umständlich. »Vielleicht hast du sogar recht. Vielleicht war es bisher so. Aber jetzt nicht mehr. Wart’s ab, Junior«, sagte er mit überraschend zarter Stimme, in der Vesa dennoch einen bitteren Unterton zu erkennen meinte.
»Mach ich«, sagte Vesa.
»Wart’s ab«, wiederholte Vater. »Und die Pistole gehört jetzt dir.«
»Ich will sie aber nicht. Ich hab für so was keine Verwendung.«
»Doch. Du hast es nur noch nicht verstanden.«
»Was?«
»Dass eine Waffe zu tragen nicht heißt, dass du gleich jemanden erschießen sollst«, sagte Vater.
»Die Logik funktioniert vielleicht bei deinesgleichen, aber nicht in den Kreisen, in denen ich mich bewege.«
»Wir bewegen uns in genau denselben Kreisen, Junge, und gerade hast du gesehen, was eine Kanone für eine beruhigende Wirkung hat. Was glaubst du, was sonst in der Bude abgegangen wäre? Wer die Knarre hat, hat das Sagen, so sieht’s aus, und darum halten wir’s auch in Zukunft so.«
» Wir ? Wer zum Teufel soll das sein?«
»Gewalt ist immer die schlechteste Lösung«, fuhr Vater fort, als hätte er die Frage gar nicht gehört. »Man soll sie nie nur aus Daffke anwenden, merk dir das.«
»Du hast gerade noch damit angegeben, wie Macho und Härski die Polen rangenommen haben.«
»Ja, aber das war eine ganz andere Geschichte und eine vollkommen andere Situation. Da brauchte es eine disziplinarische Maßnahme, um die Ordnung aufrechtzuerhalten.«
»Du meinst, es brauchte Gewalt?«
»Disziplinarische Gewalt, um undisziplinierte Gewalt zu verhindern«, sagte Vater lehrerhaft. »Den Unterschied musst du dir merken.«
»Ich will die Pistole trotzdem nicht.«
»Doch, das willst du. Sie ist dein Werkzeug«, sagte Vater. »Übrigens zieh ich sie dir deshalb auch vom Lohn ab. Das ist nämlich mein Vorschlag: Du übernimmst von jetzt an Härskis Stelle.«
»Garantiert nicht!«
»Doch.« Vater sah Vesa ernst an. »Sag mir, Junior, wo sonst kriegst du ohne Ausbildung so einen exklusiven Job? Und zum Lohn die Ausbildung noch dazu?«
»Ich will aber von dir nichts lernen.«
»Sieh die Sache mal aus meiner Warte«, sagte Vater sanft. »Ich brauche einen neuen Mann.«
»Der will ich nicht …«
»Hör mir bis zum Ende zu!«, unterbrach ihn Vater. »Weißt du, wie schwer es in dieser Branche ist, jemand Passenden zu finden? Wir müssen
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