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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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Vesa sicher, dass da etwas war, was Vater besser nicht getan hätte.
    »Verfluchte Hacke! Ich brauch eine kalte Dusche.«
    »Was’n los, Arto?«, lallte Make, der gleich endgültig hinüber war.
    »Nichts ist los. Bring deine Schönheitskönigin nach Hause …« Vater ging mit der starren Haltung des Betrunkenen, der sich zusammenreißt, in Richtung Badezimmer.
    »Wassags du?«
    »Hau ab, sag ich!«, sagte Vater, ohne sich umzudrehen. Dann war er im Badezimmer, und die Tür schloss sich mit einem leisen Klacken.

     
    Viitasalo fläzte sich mit einem Glas Rotwein in der Hand auf dem Sofa. Er fand, das hatte er verdient. Nicht unbedingt für das, was ihm heute gelungen war, sondern als Vorschuss sozusagen für morgen, wo er Sundström verhören würde, der nach der Nacht in der Zelle wahrscheinlich heftig angefressen war.
    Im Wirtschaftsteil der Zehn-Uhr-Nachrichten ging es um Börsenkurse, die nach unten zeigten wie die Wünschelrute eines Brunnensuchers. Ein rotäugiger Börsenanalytiker sagte aufgeregt nicht mehr, als dass die weltweite Kreditkrise drauf und dran sei, auf die Realwirtschaft überzuspringen, und das Schlimmste erst noch bevorstehe. Was das für Normalsterbliche wie ihn bedeutete, erschloss sich Viitasalo nicht. An der Zapfsäule meinte er Anzeichen der Besserung bemerkt zu haben: Die Wucherpreise des Sommers waren den gewohnt überhöhten gewichen. Die Weltwirtschaft interessierte Viitasalo nicht. Er wartete auf den Sport und die Ergebnisse der Eishockeyliga.
    »Schon wieder«, sagte Sari und setzte sich neben ihn. Das Leder des Sofas knarrte leise, als Sari die Füße unter sich zog, und Viitasalo musste an Kivis Lederjacke denken.
    Kivi war es gewesen, der ihn neulich aus heiterem Himmel nach seiner Meinung zur Wirtschaftslage gefragt hatte. Ob es in Finnland nächstes Jahr eine Rezession geben würde, hatte er wissen wollen. Er sei Polizist und kein Hellseher, hatte er geantwortet. In Wirklichkeit hätte er nicht mal sagen können, was genau eine Rezession eigentlich war. Ob Kivi es wusste? Oder hatte er nur geblufft? Ihre Aufgabe war es, Drogendealer hinter Gitter zu bringen, egal, wohin die Kurven der Weltwirtschaft zeigten. Das hatte er auch Kivi gesagt, und das hatte zum Glück gereicht.
    »Warum hast du zuckerfreie Fisherman’s mitgebracht, aber keinen Zucker?«, fragte Sari über die Erkennungsmelodie der Sportsendung hinweg und nahm einen Schluck aus ihrem Glas.
    »Hab’s vergessen«, antwortete Viitasalo. »Die Fisherman’s waren für dich.«
    »Wozu?«
    »Ich fand, du klingst heiser, und du hast ein paar Nächte schlecht geschlafen, also hab ich eins und eins zusammengezählt. Ich dachte, dass du vielleicht eine Erkältung ausbrütest. – War anscheinend auch verkehrt«, sagte Viitasalo, ohne den Blick vom Fernseher zu wenden.
    Viitasalo nahm einen großen Schluck. Er merkte, dass er wieder unruhig wurde, und sagte sich, dass es dafür keinen Grund gab. Er musste seine Nerven in den Griff bekommen. Alles war gut. Liina schlief, sie saßen auf dem Sofa, der Wein war ein spanischer Campo Viejo aus dem guten Jahr 2002. Alles ist sogar verdammt gut, dachte er. Nur die Nachrichten waren schlecht: HIFK, seine Mannschaft, hatte wieder verloren. Das Gesicht des gegen die Plexiglaswand lehnenden Trainers war genauso traurig wie die Leistung seiner Mannschaft in diesem Herbst. Es liegt an der Motivation, dachte Viitasalo. Der Trainer monierte, dass sich die Mannschaft auf dem Eis nicht an sein taktisches Konzept halte. Und was sollte das bedeuten? Konnte man einer Herde bodycheckender Kleiderschränke mit einem Konzept kommen? War es nicht eher so, dass manche »Konzepttrainer« einfach nicht mehr die Sprache der Spieler sprachen? Dass die Kleiderschränke einen leichter verständlichen Text brauchten? Wenn der Trainer ihnen Die Leiden des jungen Werthers aufzwang, wo Wayne Gretzkys Memoiren ihnen schon hoch genug gewesen wären? Vielleicht hätte statt eines Buches auch Gretzkys berühmtes Motto gereicht: Fahr dahin, wohin der Puck unterwegs ist, nicht dahin, wo er herkommt .
    »Was ist dein Problem?«, fragte Sari in einem Ton, als hätten sie schon Streit.
    »Was ist dein Problem?«, antwortete Viitasalo.
    Inzwischen war der einzige finnische Tennisspieler unter den ersten Fünfhundert der Weltrangliste im Bild, erklärte seine gefühlt hundertste Niederlage des laufenden Jahres und fand die Weltrangliste nicht wirklich aussagekräftig, jedenfalls lehne er es ab, sich darauf zu

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