In der Falle - Leino, M: In der Falle
Bregovic dachte wie er. Er überlegte. Es konnte immer noch eine Falle sein, die Sundström ihm stellte. Aber selbst wenn, riskierte er immer noch nicht seinen Hals. Er konnte jederzeit behaupten, er habe das Spiel mitgespielt, um herauszufinden, was Bregovic im Schilde führte. Das war Möglichkeit eins. Möglichkeit zwei war, dass Bregovics Angebot echt war. Dann würde er dafür sorgen, dass der Name des serbischen Kriegsverbrechers am Ende mit auf der Liste derer stand, die die russischen Brüder verarschten. Die dritte Möglichkeit, dass Bregovic tatsächlich Gedanken lesen konnte und davon gerade Gebrauch machte, wischte Turunen als unwahrscheinlich beiseite: Wenn Bregovic hätte Gedanken lesen können, hätte er ihm schon 2007 in Lappland eine Kugel in den Kopf geschossen.
Turunen sagte sich, dass er sich keine Sorgen zu machen brauchte. Wie immer die Dinge lagen, er hatte alle anderen im Griff. Er, Turunen, wäre derjenige, der mit einem gigantischen Sack voll Geld in den Sonnenuntergang ritt.
Turunens linker Arm juckte. Er konnte fast spüren, wie die entscheidende Karte in seinem Ärmel auftauchte. Er hob den Arm und schüttelte das Handgelenk, damit die Karte nicht auf den Tisch fiel. Er würde sie erst später brauchen.
»Warum nicht?«, sagte er und hob das Glas.
Die Männer prosteten einander zu und führten die Gläser zum Mund. Als er den Wodka in den Hals schüttete, spürte Turunen, wie die Karte tiefer in den Ärmel rutschte. Er spürte sie fast in der Achselhöhle. Ein Ass, das wusste Turunen, ohne dass er die Karte sehen musste.
Viitasalo hatte es satt. Was er vor allem satt hatte, war die eigene Hilflosigkeit. Er hatte das Gefühl, nur immer tiefer im Morast zu waten, privat und bei der Arbeit, das ging nun schon zwei Monate so. Was Sundström betraf, rannte er genauso in eine Sackgasse wie in seiner Ehe. Sundström war nach einem überraschend schnellen Prozess nach Sörnäinen verlegt worden, aber in der Sache hatte sich nichts Neues getan. Auf dem Drogenmarkt waren keine spektakulären Bewegungen zu beobachten, und was das bedeutete, war schwer zu sagen. Wenn er Glück hatte, nichts. Andererseits konnte Sundström auf dem Drogenmarkt Ruhe geben und ihm trotzdem Schwierigkeiten machen.
Viitasalo beschäftigte sich seit Wochen ausschließlich mit Kleinigkeiten, Fällen von Drogenmissbrauch knapp überm Bagatellbereich, die er monatelang vor sich hergeschoben hatte. Die Staatsanwälte hatten ihn wahrscheinlich verflucht. Zwanzig Fälle in kürzester Zeit schätzten die Herren von der Justiz gar nicht, und am wenigsten, wenn allenfalls ein paar magere Geldstrafen dabei heraussprangen. Aber Tuomisto hatte es nicht anders gewollt. Er hatte ihn zum Kleinkrämer gemacht, der die Gerichtssäle verstopfte – vorzeigbare Ergebnisse brachte, wie er sich ausdrückte. Es war eine nervtötende Arbeit, und das einzig Positive daran war, dass er dabei einen halbwegs klaren Kopf behielt.
Auch Kivi ließ den Fall Sundström inzwischen ruhen und befasste sich mit anderen Dingen. Mitte November hatte er zuletzt in Viitasalos Zimmer gesessen und erzählt, dass er mit Sundström keinen Schritt weiterkam. Verhöre mit dem Mann waren eindeutig für den Arsch. Zweimal hatte Kivi ihn noch von Sörnäinen nach Pasila bringen lassen. Die Mühe hätte er sich sparen können. Überhaupt habe man den Eindruck, dass sich kein Mensch mehr für Sundströms Umtriebe interessiere, beklagte sich Kivi.
»Schade«, hatte Viitasalo geantwortet.
»Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«, hatte Kivi gefragt.
»Was sollte ich denn zum Beispiel sagen?«
»Du könntest mir zum Beispiel verraten, wer deine Quelle ist, die dir von Sundströms neuen Plänen erzählt hat.«
»Das kann ich nicht«, hatte Viitasalo gesagt.
»Ich könnte einfach ganz entspannt mit ihm reden. Oder ihr.«
»Es geht um den Schutz der Person, das weißt du.«
»So schützt du nur Sundström«, hatte Kivi geantwortet und war aufgestanden.
Viitasalo hatte nur die Achseln gezuckt. Er konnte Kivi schlecht sagen, dass er nur was die Zeit betraf, falsch lag.
»Weißt du was?«, hatte Kivi gesagt.
»Hm?«
»Je mehr ich mich mit Sundström beschäftige, desto größer wird mein Misstrauen.«
»Soll heißen?«
»Dass ich glaube, dass es womöglich gar keine Organisation Sundström gibt. Nichts weist darauf hin. Ich hab mir deine früheren Untersuchungen angeschaut, alle, in denen Sundström auftaucht. Ehrlich gesagt, kann ich deine Ideen in Bezug auf
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