In der Falle - Leino, M: In der Falle
ihn nicht nachvollziehen.«
»In welcher Hinsicht nicht?«
»Sundström war immer der erste, den du dir geschnappt hast, aber das ist auch schon alles. Du hast ihm nie was nachweisen können.«
»So ist das manchmal …«
»Und trotzdem hältst du ihn für einen großen Macker? Das ist es, was ich nicht nachvollziehen kann«, hatte Kivi gesagt. »Wenn du mich fragst, haben wir einen Fehler gemacht. Oder ich. Indem ich dir nämlich geglaubt habe.«
Viitasalo hatte geschwiegen, und Kivi hatte sich an der Tür noch einmal umgedreht.
»Noch was?«
»Was war vor viereinhalb Jahren im Westhafen?«
»Du redest von Sundströms Geschwafel beim ersten Verhör? Ich weiß nicht, was das sollte, er redet viel, wenn der Tag lang ist«, hatte Viitasalo geantwortet.
»Im Ernst?«
»Im Ernst. Warum fragst du?«
»Ich dachte, du hättest mir vielleicht was zu erzählen. Dass der sich so was aus den Fingern saugt – ich weiß nicht. War nicht sogar von der KRP die Rede?«, hatte Kivi gesagt und war gegangen.
Seitdem hatte Kivi Sundström nicht mehr erwähnt. Vielleicht hatte er inzwischen seine Meinung geändert, und er hielt Sundström auch schon für Viitasalos fixe Idee.
Es gab Tage, da fehlte nicht viel, und Viitasalo wäre zu Kivi gegangen und hätte ihm alles erzählt. Aber er entschied sich jedes Mal dagegen. Es musste eine andere Lösung geben, einen anderen Weg. Alle machten Fehler, doch nicht nur er. Oder etwa nicht?
Wie Viitasalo, so sorgte jetzt auch Kivi für die vorzeigbaren Ergebnisse, die Tuomisto eingefordert hatte. Aber er ließ nicht nur den Fall Sundström auf sich beruhen, er ging auch auf Abstand zu Viitasalo, der das mit gemischten Gefühlen registrierte. Was sollte er tun? Kivi doch einweihen? Mit sich selbst ins Reine kommen und dann Kivi gegenüber reinen Tisch machen? Das brachte er nicht über sich. Andererseits, wenn er immer nur abwartete und sich immer weiter fallen ließ, würde er am Ende an seinen eigenen Problemen ersticken. Es sei denn, es kam von irgendwoher eine überraschende Wende, eine helfende Hand, die ihn aus dem Sumpf zog. Dass sein Verhältnis zu Kivi sich so abgekühlt hatte, war jedenfalls nicht gut. Wenn du mich fragst, haben wir einen Fehler gemacht. Oder ich. Indem ich dir nämlich geglaubt habe. Kivi vertraute ihm nicht mehr, aber er hatte auch kein Vertrauen verdient.
Und zu Hause war es fast noch schlimmer. Sari vertraute ihm nicht, und er vertraute Sari nicht. Seit sie ihren Arbeitsplatz verloren hatte, hatte sich ihr Zustand rapide verschlechtert.
Sie sprachen nicht über ihre Entlassung, sie sprachen nicht von Saris Zustand, sie sprachen überhaupt nicht mehr miteinander.
Ende November hatte er sie überreden wollen, zur psychologischen Beratungsstelle zu gehen, und sie hatte sofort auf Attacke geschaltet. Er wolle sie nur aus dem Weg haben, damit er ein neues Leben mit seiner Geliebten beginnen könne.
Wohin war alles Schöne zwischen ihnen verschwunden? An welcher Stelle hätten sie innehalten und auf Los zurückgehen sollen? Sie waren kein Ehepaar mehr, sie hatten nur noch dieselbe Adresse und ein gemeinsames Kind.
Sari war ernsthaft krank, aber Viitasalo konnte ihr nicht helfen, weil sie keine Hilfe wollte. Und er hatte genug mit sich selbst zu tun. Nur war da die bizarre Geschichte mit dem Sofakissen. Sari glaubte, er hätte nichts gesehen und gehört. Aber das hatte er, auch wenn er darauf hätte verzichten können.
Irgendwie war noch ein Funken Glaube in ihm, dass Sari nur genügend Zeit brauchte, um von allein wieder gesund zu werden. Genau wie damals, als sie nach Liinas Geburt diese depressiven Verstimmungen gehabt hatte. Baby Blues sagten manche dazu. Sari würde wieder gesund werden. Bald war auch das Jahr wieder um. Ein neues Jahr war wie ein neuer Anfang. Sari war ein Stehaufmännchen. Was ihn betraf, war sich Viitasalo da nicht so sicher.
»Das ist nicht wahr, oder?«, war Tiinas Antwort, als Vesa es endlich schaffte, ihr wenigstens die halbe Wahrheit über seine Situation zu sagen. Sie lagen nackt in der Kabine zweiter Klasse, und Vesa war zu betrunken und zu aufgedreht gewesen, um mit ihr zu schlafen. Er hatte schon den ganzen Tag mit ihr reden wollen, aber keinen Anfang gefunden.
Dabei hätte es Gelegenheiten gegeben, zum Beispiel als sie gesehen hatte, an wen der Brief adressiert war, für den er eine schwedische Briefmarke kaufen musste, bevor er ihn auf der Drottninggatan in Gamla Stan in den Briefkasten warf. Sie waren in der
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