In der Falle - Leino, M: In der Falle
critical corridor for precursor chemicals such as acetic anhydrine …«
Viitasalo entfernte sich etwas weiter von der Tür. Der Vortragende sprach schlecht und hölzern. Der Mann las, hinter sich die Übersichtskarte der Transportwege der Drogen, fast wortwörtlich denselben Text, den Viitasalo, wie wahrscheinlich die Mehrzahl der anderen Tagungsteilnehmer auch, schon aus dem Project-Millennium -Ordner kannte. Manche gähnten hinter vorgehaltener Hand, andere schauten auf die Uhr, aber Viitasalo war der einzige, der mitten im Vortrag nach draußen geflüchtet war.
Wenn seine Frau in der Nacht gut geschlafen hatte, hatte die Ruhe sie jedenfalls nicht vernünftig werden lassen. Viitasalo seufzte und brach auch diesen Anruf ab.
»Nicht sehr spannend, was?«
Überrascht von der finnisch gestellten Frage, drehte Viitasalo sich um. Hinter ihm stand ein stoppelbärtiger, ungekämmter Mann, der müde, um nicht zu sagen erschöpft aussah. Viitasalo trug wenigstens ein Jackett und Hemd, die Mühe hatte sich das Stoppelgesicht nicht gemacht. Der Mann trug einen Parka, der schon bessere Tage gesehen hatte, Jeans, die unten ausgefranst waren, und Stiefel mit Schrammen an den metallverstärkten Spitzen, als hätte er damit schon gegen mehr als nur Steinchen getreten.
»Bin ich also doch nicht der einzige Finne«, sagte Viitasalo und versuchte, einen Blick auf das Kärtchen des Mannes zu erhaschen. Er hatte es nicht angesteckt.
»Nicht ganz. Pekka Manninen vom Drogendezernat der Stockholmer Polizei. Du musst Jahu Viitasalo aus Helsinki sein«, las Manninen lächelnd von Viitasalos Kärtchen ab. »Ungewöhnlicher Name.«
»Juha«, korrigierte Viitasalo und streckte die Hand aus. Er hatte sich über den verdrehten Namen nicht beschweren wollen. Manninens Griff war hart. »Wie hat’s dich nach Schweden verschlagen?«
»Meine Eltern stammen aus Keuruu. Sie haben sich nach Schweden aufgemacht, als man am Wochenende hier ankommen und am Montagmorgen bei Volvo anfangen konnte. Ich bin in Göteborg geboren und noch nie in Finnland gewesen. Mein Alter sagt, es ist ein Scheißland.«
»Dafür sprichst du gut Finnisch.«
»Ich musste, sonst hätte ich mit meinen Eltern nicht reden können«, sagte Manninen. »Vater spricht immer noch kein Schwedisch. Er sagt, es ist eine Scheißsprache.«
Viitasalo lachte kurz, und Manninen zeigte auf Viitasalos Kärtchen.
»Ich hab dich gleich am Morgen bemerkt. Die UN-Leute, die Pompidou-Gruppe, der Weltzollverein, die Drogenleute der EU, die Dublin-Gruppe, Interpol natürlich und Europol – alle vertreten«, sagte Manninen, als machte ihm die Aufzählung Spaß. »Und dann wir beide, einer vom Drogendezernat Helsinki und einer vom Drogendezernat Stockholm. Preisfrage: Wer hat hier eigentlich nichts verloren?«
»Laut meinem Chef sollten auch Kollegen unserer Staatspolizei hier sein, aber ich hab keinen gesehen. Im Prinzip finde ich das Thema sogar interessant, aber …«
»… das Gelaber hat nichts mit unserer Arbeit zu tun«, fiel Manninen ihm ins Wort. »Auf der Straße interessieren die Statistiken kein Aas.«
»Kann man so sagen«, gab Viitasalo zu.
»Und warum bist du dann gekommen?«
»Gezwungenermaßen«, gestand Viitasalo.
»Dann wären wir schon wieder zwei«, grinste Manninen. »Ich wollte gerade was essen gehen.«
»Gibt’s hier nicht sowieso nach dem nächsten Redner Abendessen?«
»Ja, aber erinnerst du dich ans Mittagessen?« Manninen verzog das Gesicht. »Und das Abendessen wird nicht besser. Ich finde, es reicht für heute. Kommst du mit?«
Viitasalo zögerte. Tuomisto nahm es genau, und nicht alle Referenten lasen aus dem Ordner vor.
»Verstehe«, sagte Manninen. »Du musst deinem Chef Bericht erstatten.«
»Bin ich so leicht zu durchschauen?«
»Nein, ich bin Polizist«, sagte Manninen. Das Lächeln im zerknitterten Gesicht des Mannes hatte etwas Ansteckendes. »Und wenn du’s nicht weitersagst: Zum Abschluss gibt’s von allen Vorträgen und dem ganzen Gelaber drum herum ein Protokoll zum Mitnehmen, das ist bei uns in Schweden so üblich. – Also, kommst du mit? Ich kann dich nach dem Essen wieder ins Hotel fahren.«
»Überredet«, sagte Viitasalo und folgte Manninen in Richtung der Treppe, die in die Eingangshalle hinunterführte. Viitasalo warf noch einen Blick auf sein Handy, dann schob er es in die Tasche und schloss zu Manninen auf.
»In welchem Hotel bist du untergebracht? Im Infra City , nehm ich an?«
»Woher weißt du das?«, wunderte sich
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