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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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während der Katamaran in Richtung Helsinki Westhafen über die Ostsee heizte. Die Nacht war pechschwarz, bis zum kürzesten Tag des Jahres war es nicht mehr lange hin.
    Als die Lichter von Helsinki am Horizont auftauchten, überkam Vesa wieder dieses ungute Gefühl. Es war die vierte Tour, und er war immer noch nervös, obwohl es bei den ersten Touren keinerlei Probleme gegeben hatte. Was ihn nervös machte, war der Gedanke, dass ihr Glück trotz aller Sicherheitsvorkehrungen eines Tages aufgebraucht sein würde.
    Vesas Blick war fest auf Irmas Einkaufs-Trolley gerichtet. Er war wieder einmal vollgepackt mit finnischem Exportbier: fünf Tragen Koff, mit einem Spanngummi festgezurrt. Vesas Rucksack stand zwischen seinen Füßen unter seinem Stuhl. Obwohl er nur knapp sechs Kilo wog, trug Vesa daran, als wäre er voller Steine. Vesa fand es unfair, dass nie Irma die Ladung durch den Zoll transportieren musste. Er musste zusätzlich zu seinem Rucksack Irmas vollgepackten Trolley hinter sich herziehen und der wackeligen Alten auch noch den freien Arm reichen.
    Vesa war nicht ganz überzeugt von dem, was Kalju ihm erzählt hatte. Wie Kalju es darstellte, konnte es gar keine Probleme geben, aber Vesa hatte ihm widersprochen. Er sorgte sich wegen der Drogenhunde. Unsinn, hatte Kalju erklärt, den Superhund, der sein Amphetaminversteck aufspürte, müssten sie erst noch erfinden. Der Stoff war in Halbliterdosen estnischen Biers der Marke Saku Gold verborgen, die tatsächlich aussahen, als kämen sie geradewegs aus dem SuperAlko in Viinaranta. Das dicht gepresste Amphetamin hatte man erst in luftdichte zylinderförmige Metalldosen gepackt, die mit Uretankleber überzogen waren. Danach hatte man die Zylinder in einen Epoxkleber getaucht, der auf ihrer Oberfläche eine glatte, glasartige Hülle schuf, die absolut geruchsfrei und wasserfest war. Danach wurden die Behälter, die im Durchmesser sechs Millimeter und in der Länge zwölf Millimeter weniger maßen als die Halbliter-Bierdosen, auf deren Boden festgeklebt und der entstandene Hohlraum mit echtem Bier aufgefüllt.
    »So wiegt die Dose aufs Gramm so viel wie die echte«, hatte Kalju, eine Dose in der Hand, erklärt. »Sieht aus wie eine Saku-Gold -Dose, schwappt wie eine Saku-Gold -Dose, und wenn du sie aufmachst, zischt sie und spuckt Schaum wie eine echte Saku-Gold -Dose. Im Prinzip kannst du das Bier, das in der Dose ist, sogar trinken. Der einzige Unterschied zwischen meinem Produkt und dem der Saku -Brauerei ist der, dass die echte Saku-Gold -Dose einen Euro wert ist und meine bei euch in Finnland sechs- bis siebentausend Euro. Das ist der Unterschied, weshalb ich euch empfehle, dass ihr auch in Zukunft bei den Produkten der Brauerei Kalju bleibt.«
    Und dennoch zweifelte Vesa jedes Mal aufs neue. Kalju hatte ihm eingeschärft, den Rucksack immer und unbedingt aufzubehalten, bis sie aus dem Terminal im Westhafen heraus waren. Die Drogenhunde arbeiteten am Boden. Je höher die Drogen sich befanden, desto schlechter nahmen die Hunde Witterung auf.
    »Ich dachte, die sind absolut geruchsfrei?«, hatte Vesa sich beim ersten Mal gewundert. »Das hast du doch gerade noch behauptet.«
    »Sind sie auch«, hatte Kalju achselzuckend geantwortet. »Aber sicher ist sicher.«
    »Worüber denkst du nach?« Irma war aus einem ihrer Nickerchen erwacht. Ihre Augen hinter den Brillengläsern musterten ihn aufmerksam.
    Vesa schüttelte den Kopf. »Über nichts. Und ein bisschen über alles.«
    »Über nichts nachzudenken lohnt sich nicht, und ein bisschen über alles nachzudenken kann schon zu viel sein«, sagte Irma bedächtig. Dann kramte sie in der Handtasche auf ihrem Schoß und sagte: »Ich will dir was zeigen – da.«
    Sie schob Vesa ein Foto in die Hand. Es zeigte einen alten Schäferhund, der mit schräg geneigtem Kopf und mit vom Blitzlicht roten Augen direkt in die Kamera schaute.
    »Hast du einen Hund?«
    »Ich hatte einen. Masi. Er ist vor sieben Jahren gestorben. Ein wunderbarer Hund«, sagte Irma, in deren Stimme jetzt Rührung und Sehnsucht mitschwangen.
    »Tut mir leid«, sagte Vesa, um irgendetwas zu sagen.
    »Schon gut«, sagte Irma. »Wir müssen alle sterben, Menschen wie Tiere. So ist die Natur.« Sie nahm Vesa das Foto aus der Hand und streichelte es mit den Fingerkuppen. »Masi hatte ein glückliches Hundeleben und ist gestorben, alles ganz normal.«
    Vesa wusste dazu nichts mehr zu sagen. Während der drei vorherigen Touren hatte Irma fast die ganze Zeit

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