In der Glut der Leidenschaft
sie Pistolen. Also musste sie auf eine günstige Gelegenheit warten, doch ohne Diana konnte sie nicht fliehen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie ein Mann sich an einem so jungen Wesen vergreifen konnte.
Hinter einer Tür knarrte ein Bett. Michaela stolperte. Eine Frau schrie auf, ein Mann stöhnte.
Sie schluckte und ging hastig weiter. Man wollte sie zur Hure machen.
Onkel Atwell hätte sich sicher darüber gefreut.
Michaela hörte Stimmen hinter dem Vorhang und stockte. Sie konnte das nicht machen. Ausgeschlossen. Es war unvorstellbar, wie ein Pferd verkauft zu werden. Die anderen Frauen hielten es für eine Ehre, dass sie versteigert wurde, und meinten, sie würde vielleicht die Geliebte eines wohlhabenden Adeligen oder die Kurtisane eines Prinzen. Michaela konnte jedoch nur daran denken, dass es für sie kein Entkommen gab. Zweimal war sie seit dem Bad geschlagen worden. Die Rückseiten ihrer Beine brannten jetzt noch von Madame Gouliers Weidenrute. Wurde sie noch öfter geschlagen, konnte sie nicht mehr sitzen und schon gar nicht auf dem Rücken liegen.
»Soll ich dich eigenhändig mit mir ziehen?«, flüsterte Jean- Pierre ihr zu.
»Ist es Euch nicht vertraut, Monsieur, Frauen zu etwas zu zwingen?«, schleuderte sie ihm entgegen.
»Hüte deine Zunge, chérie.« Er deutete zu einer Nische.
»Diana!«, stieß Michaela hervor. Das Kind stand zwischen zwei kräftigen Männern, die es an den Händen festhielten. Michaela sah die Angst der Kleinen und gehorchte. Jean-Pierre konnte das Mädchen trotzdem töten, doch Michaela durfte kein Risiko eingehen. Sie raffte die Röcke und stieg auf das Podest.
Sie verschränkte die Hände ineinander und straffte die Schultern. Dadurch wurden die Brüste gegen den anstößig tiefen Rand des Ausschnitts des schwarzen Samtkleides gepresst.
»Sehr hübsch«, sagte er, zog den Saum zurecht und umrundete sie bewundernd, als wäre sie seine Schöpfung. In gewisser Weise war sie das wohl auch. Sie sah absolut nicht mehr wie sie selbst aus. Ihr Haar war so frisiert, dass die Aufmerksamkeit auf ihre nackten Schultern gelenkt wurde. Ihr Gesicht war geschminkt und gepudert, und ihr Körper war in das Kleid gezwängt worden.
Wie sehnte sie sich doch jetzt nach dem schlichten alten Kleid, das sie vor Tagen verbrannt hatte. »Lächle!«
»Fahrt in die Hölle«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
Er lachte und warf einen Blick zu Diana. Er spielte mit ihrer Angst und wurde davon erregt.
»Dafür lasse ich euch bezahlen, Sir.«
Er lachte leise und betrat neben ihr das Podest. »Mais non. Ihr und Euer hübscher Körper, ma petite, werden mich bezahlen.« Er legte eine Hand auf ihre Brüste, seine Finger schoben sich unter den Stoff.
Michaela biss die Zähne zusammen. Bitterer Geschmack breitete sich in ihrem Mund aus.
Amüsiert verließ er das Podest Wieder.
Hinter dem Vorhang kündigte eine Frauenstimme ihr Erscheinen an. Ihr Narren, dachte Michaela. Ich töte euch lieber bei der ersten Gelegenheit, als dass ich mich von einem Mann anfassen lasse.
Der Vorhang wurde zurückgezogen. Männer machten anerkennende Bemerkungen, doch Michaela sah ihre Gesichter nicht, sondern starrte auf die gegenüberliegende Wand.
Madame Goulier, schlank, hoch gewachsen, das schwarze Haar auf dem Kopf aufgetürmt, so wenig Französin, wie Michaela Irin war, kam näher und wandte sich an die Männer. Michaela kämpfte gegen den Wunsch an, ihr in den Rücken zu treten und zur Tür zu laufen.
»Habe ich nicht eine wilde irische Schönheit versprochen, Gentlemen? Ist sie nicht reizend?« Verschiedene Stimmen mit fremdartigen Akzenten antworteten. Michaela hatte erfahren, dass in diesem Haus vorwiegend Fremde verkehrten. »Die Versteigerung beginnt bei hundert Pfund.«
Einhundert! Sollte Michaela sich geschmeichelt fühlen?
Zu ihrem Entsetzen stieg das Gebot, und die Männer machten anzügliche Bemerkungen über ihren Körper und was allein ihre Brüste wert seien. Sie hielt sich steif, als Madame ihre Röcke anhob, damit die Käufer die Beine sehen konnten, und ballte die Hände, um ihr nicht die Augen auszukratzen. Madame blickte hoch, lächelte und wandte sich wieder den Männern zu.
Zweihundert Pfund, zweihundertfünfzig, dreihundert, vierhundert. Ein Vermögen. Dann herrschte Schweigen, und Madame sagte: »Ah, fünfhundert Pfund für diese irische Schönheit, Gentlemen. Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten ...«
Michaela wartete atemlos auf das Wort verkauft.
»Ihr könnt nicht
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