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In der Hitze der Nacht

In der Hitze der Nacht

Titel: In der Hitze der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Viehl
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Nein, ich fahre nicht nach Hause – ich geh feiern. Und seien Sie ja pünktlich morgen Abend.

7
     
    Die Dunkelheit senkte sich über das Haus der Martins, begleitet von der quakenden und zirpenden Abendandacht eines stimmgewaltigen Sumpfchors. Sable wünschte sich, draußen auf der Veranda sitzen zu können und nach Glühwürmchen Ausschau zu halten, wie sie und Hilaire es als kleine Mädchen getan hatten. In leeren Gurkengläsern hatten sie versucht, sie gefangen zu halten. J.D. so nah zu sein und den Martins gegenüber weiterhin Normalität heucheln zu müssen, wurde immer schwerer, ja fast unerträglich, insbesondere nachdem er sie im Badezimmer auf diese Art berührt hatte.
    Hier konnten sie auch nicht bleiben. Was passiert morgen, wenn wir in die reale Welt zurückkehren müssen? Er hatte sich so verhalten, als wolle er sie jetzt beschützen, aber er war immer noch Polizist, und sie war immer noch die einzige Zeugin des Mordes an Marc. Würde er sie wirklich beschützen, oder hatte er das bloß gesagt, um ihr Vertrauen zu gewinnen?
    Nachdem Colette sich geweigert hatte, sie irgendetwas anderes tun zu lassen, als süßen, heißen Tee zu trinken, rollte Sable sich in einem der antiken Sessel zusammen und hörte dem Baseballspiel zu, das Old Martin auf seinem uralten Philco-Radio verfolgte. Sie versuchte, keine Notiz davon zu nehmen, als J.D. aus dem Bad kam, die abgetragene Jeans des Enkels trug und sich gerade eins von Old Martins ausgewaschenen Holzfällerhemden überstreifte, ohne es zuzuknöpfen, da es ihm drei Nummern zu klein war. Er warf ihr einen Blick zu, ehe er in der Küche verschwand und nicht wieder herauskam.
    Sie versuchte, sich auf das Spiel zu konzentrieren, aber der Klang von J.D.s Stimme und das Klappern von Pfannen ließen sie neugierig werden und aufstehen. Er leistete der alten Dame wahrscheinlich Gesellschaft, während sie das Abendessen zubereitete, sagte Sable sich und blieb dann in der Tür zu der winzigen Küche stehen.
    J.D. stand vor dem alten Gasherd der Martins, schüttelte eine kleine grüne Konservenbüchse über einem brodelnden Topf und rührte gleichzeitig darin. »Sieht dickflüssiger aus als bei meinem Vater « , sagte er zu Colette, als er einen Löffel davon probierte. »Schmeckt auch besser .«
    »Die in der Stadt nehmen Kidneybohnen statt echte Luziann’ Red Beans .« Colette saß am Küchentisch und setzte Häufchen aus Teig auf ein Backblech. »Aber die werden zu matschig. Richtige Red Beans kann man getrost den ganzen Tag auf dem Herd köcheln lassen, und dabei die Wäsche aufhängen – deswegen gibt es die bei uns immer montags. Man nimmt den Knochen von Sonntagabend und braucht sich nicht groß drum zu kümmern .«
    J.D. legte einen Deckel auf den siedenden Topf und nahm eine andere, kleinere Pfanne vom Herd. »Vielleicht ist es auch die Schweinshaxe. Ich habe noch nie eine so große gesehen .« Als Sable neben ihn an den Herd trat, hielt er ihr den Löffel hin. »Probier mal .«
    Sie reckte den Kopf vor und nahm eine Kostprobe. Red Beans und Reis waren das klassische Gericht, das Cajuns mit geradezu religiösem Eifer montagabends aßen, und zu jedem anderen Zeitpunkt hätte sie es sehr genossen. Aber jetzt fiel es ihr sogar schwer, den pikanten Eintopf zu probieren. »Sehr lecker. Ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst .«
    Um seinen Mund zuckte es. »Ms Martin hat die eigentliche Arbeit gehabt, ich sorge nur dafür, dass nichts anbrennt .« Als Colette aufstand, um die Plätzchen in den Ofen zu schieben, geleitete er Sable zum Küchentisch. »Wir haben alles im Griff. Setz dich .«
    WährendsieJ.D.beiderZubereitungdesschlichtenEssenszusah,versuchteSable,demGanzeneinenSinnzugeben.AlssiedamalsaufdemCollegezusammengewesenwaren,hatteJ.D.sieindieedelstenRestaurantsausgeführt,häufigindasseinesVaters,undhatteganzlässigausgefallenekreolischeMenüsundteurenWeinbestellt.DaseinzigeMal,alssiebeiseinerFamiliegegessenhatte,wardasEssenvoneinemKochzubereitetundvonderHaushälterinundeinemDienstmädchenserviertworden.DaswareinerderGründegewesen,warumsieihnniemitnachHausegenommenundihrenElternvorgestellthatte.Siehättesichniemalsträumenlassen,dassderreiche,verwöhnteJunge,densiedamalsgekannthatte,sichdabeiwohlfühlen könnte,übereineraufdemschäbigenEsstischihrerMutterausgebreitetenZeitunggeräuchertenFlusskrebszupulen.
    Und jetzt rührte er in Töpfen und machte Witze darüber, dass die Rezepte der Hinterwäldler besser seien als die Gourmet-Menüs seines Vaters.

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