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In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
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Französin. Maja, die ihn umarmte und lachte und den Kopf nach hinten warf und sich mit ihren schmalen Händen durch die Haare fuhr. Maja. Ihr Busen auf seiner Brust. Ihre Lippen, rot, feucht, heiß und kühl zugleich.
    Nicht jetzt, nicht jetzt, bettelte Baumer und stützte seinen Kopf in die Hände. »Denk nicht an sie«, sagte er laut und wiederholte es stumm.

    Nicht an sie denken.

    Aber wie konnte er nicht an diese Frau aus Paris denken, an ihre Beziehung, die viel zu kurz gedauert hatte und ihn doch immer noch von Kopf bis Fuß in Beschlag nahm. Wie nicht an Maja denken? An ihr halblanges schwarzes Haar, die vollen Lippen, die berauschende Figur, die samtene Haut. Maja, wie sie verschmitzt lächelt. »Salue Andi, wie geht es dir? Freust du dich, dass ich wieder da bin?«
    Rasch fuhr sich Baumer mit seinen flachen Händen mehrmals über das Gesicht. Alles nur ein böser Traum, sagte er zu sich selbst. Maja war lange fort und nicht mehr hier. Ja. Vor Kurzem, als er sie schon beinahe vergessen hatte, hatte sie einfach seine Nummer gewählt und angerufen. Er hatte den Anruf angenommen, weil er gehofft hatte, dass es um sie beide ging, und nur um ihn und Maja, nichts anderes. Er hatte hören wollen, dass sie ihn vermisst hatte und ihn wiedersehen wollte.
    Er hatte den Anruf angenommen und seine jetzige Beziehung damit aufs Spiel gesetzt. Er war mit Anna zusammen, seiner Krankenschwester aus dem Kantonsspital Basel, als das Gespräch kam. Er hatte sie am Flughafen abgeholt, als sie aus den Ferien zurückkam. Er kannte Anna erst seit wenigen Monaten und wollte sich Zeit für eine romantische Erneuerung ihrer Liebe nehmen. Die hübsche, gebildete, nette Anna hatte das verdient. Aber genau da rief Maja an, und es gab für ihn niemand anderes mehr, nur seine ewige Geliebte.
    Was hatte Maja von ihm gewollt? Hatte sie ihn sehen, sprechen, ihn vielleicht sogar wieder einmal spüren wollen? Es war nichts dergleichen gewesen. Maja hatte von Baumer nur eine Telefonnummer einer alten Kollegin erfragt, zu der sie den Kontakt verloren hatte, die sie aber wegen irgendeiner Sache unbedingt wieder sprechen musste. Die zierliche Französin hatte den Nachnamen nicht mehr in Erinnerung. Wegmann, Wobmann, Weiermann? Weil Sie ohne diese Information die Freundin nicht wiederfinden konnte, hatte sie Baumer angerufen. Das machte sie immer so. Wenn sie nicht mehr weiterwusste, irgendein Problem hatte, rief sie spontan an oder stand gleich vor seiner Tür.

    Stand einfach vor seiner Tür.

    Er verliebte sich dann jedes Mal aufs Neue in seine kleine Französin. Wenn das Problem für Maja aber beseitigt war, dann rauschte sie wieder ab.
    So war es auch bei ihrem letzten Anruf. Baumer gab Maja den Namen durch – Wehrmann. »Merci«, bedankte sich Maja artig. Aber keine Frage, wie es ihm gehe, folgte. Nur: »Mach’s gut.« Baumer hatte noch »Au revoir« sagen wollen, aber die kleine Pariserin hatte ihn schon weggeklickt.
    Das war vor wenigen Monaten gewesen.
    Seither war die junge, erst aufkeimende Beziehung zu Anna schon verhärtet und angeknackst. Baumer hatte sich zwar in die Freundschaft mit Anna gegeben, aber es war mehr ein Wunsch, er möge Maja endlich vergessen, als dass er mit ganzem Herzen bei der Sache gewesen wäre.
    Die kurze Trennung von Anna, als sie auf Kreta Sonnenbäder nahm, hatte die Zuneigung zum Glück erneut befeuert, und Andi hatte sich für Anna entscheiden wollen. Aber diese Mikromomente des Zusammenseins mit der kleinen Pariserin, so selten und kurz sie auch waren, warfen ihn immer wieder auf Feld 1 zurück.
    Mittlerweile merkte es Baumer selbst, dass diese Liebe, diese unerfüllte Hoffnung, nur eine Laune der Natur war. Es waren pure Hormongedanken. Neuronenstürme, gespeist aus traumatischen Zurückweisungen, die mit unerfüllbaren Wünschen gepaart waren. Wünsche, die in ihm wucherten und die sich zu sehr in Hirn und Bauch gefressen hatten, als dass es je eine Erlösung hätte geben können. Und so sinnierte er weiter Maja nach, stellte sich vor, wie sie wieder bei ihm und mit ihm war, ihn zärtlich umfasste und ihm ihre ewige Liebe gestand.
    Für Baumer waren diese Erinnerungen zu Alpträumen geworden. Er versuchte, sich gegen ihr Erscheinen zu wehren. Manchmal sprach er das Traumbild auch an. »Ich glaube dir nicht mehr, dass du zu mir zurückkommen willst. Du bist doch nicht real.«
    »Mais non, Andi«, säuselte die bezaubernde Maja dann. »Das ist kein Traum. Ich bin es wirklich. Ich liebe nur dich, nur dich

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