Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Hitze der Stadt

In der Hitze der Stadt

Titel: In der Hitze der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Aeschbacher
Vom Netzwerk:
Augenbrauen zusammen.
    »Ich sage Ihnen, meine Herren …« Regazzoni wartete mit dem Weiterreden, bis er die volle Aufmerksamkeit aller hatte, fuhr dann mit gestelzter Aussprache fort. »Es gibt weitere Erklärungsmöglichkeiten, wie Herr Azoglu vom Tod seiner Tochter erfahren haben könnte.« Er legte die Hände an den Rand des Alutischchens, als fasse er ein Stehpult. »Zum Beispiel könnte er auf dem Weg zum Spital erfahren haben, dass ein Kind umgekommen war, und daraus geschlossen haben, dass dies sein Kind war.«
    »Wie Regazzoni? Wie hätte er es erfahren können?«, sprang Heinzmann seinem Freund Andi Baumer bei, doch der bekam auch schon leise Zweifel.
    Danner kratzte sich am Hals und nuschelte: »Es kam im Radio. Im Radio haben sie es gemeldet.« Er senkte seine geöffnete Hand. »Erin ist mit einem Taxi angekommen. Ich habe ihn aussteigen sehen.«
    Baumer fiel in seinen Stuhl zurück. Azoglu hatte vom Tod eines Mädchen – seines Mädchens – im Taxi erfahren können, auch wenn das unwahrscheinlich war. Wenn überhaupt hatte das Radio nur ein schreckliches Verbrechen gemeldet, begangen an einer Jugendlichen. Aber selbst dann hätte der Türke den Tod seiner Tochter erahnen können. Das war’s wohl. Kein zwingender Beweis gegen den Vater von Mina.
    Ende der Fahnenstange.
    »Mist!«, fluchte Heinzmann. So gab es keine Chance, den Türken zu schnappen, ihn hinter Gitter zu bringen und ihn wegen Mordes an seinem eigenen Kind zur Rechenschaft zu ziehen, also ihn verdientermaßen fertigzumachen – wenn er es denn war.
    Seitdem den vieren diese ernüchternde Erkenntnis gekommen war, hatten sie alle Energie verloren. Matt und immer träger werdend, waren sie vor dem ilcaffè gesessen. Jeder hatte sich verzweifelt sein Hirn gemartert, was man tun könnte, um irgendwo doch noch einen Hinweis zu ergattern, wer der Mörder von Mina Azoglu gewesen sein könnte.
    »Ich geb’s auf«, hörte man als Erstes Heinzmann brummeln. Er wischte sich mit einer Serviette den Schweiß aus dem Nacken und vom Hals.
    Regazzoni hob seine Hand in Zeitlupe. »Nach Analyse aller Fakten, aller bekannten Details also, komme ich zum Schluss ...« Regazzoni hielt inne. Dann ächzte er: »Ah, porca miseria, wir haben nichts in der Hand.«
    Baumer saß schweigend da.
    Danner bewegte den Kopf nach links und rechts, trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Nichts in der Hand, nichts.« Er fiel noch tiefer in den Klappstuhl, fühlte sich ausgebrannt. Entrückt, traumverloren blickte er auf die Straße, murmelte: »Nüt, nüt …«
    Dann kam ihm ein Geistesblitz. Er riss die Augen auf, fühlte sich plötzlich hellwach. Rasch nahm er seinen Notizblock hervor, überflog die Einträge des heutigen Tages. Er packte sein Handy und tippte eine Telefonnummer ein, die er notiert hatte.
    »Wen rufst du an?«, wollte Heinzmann wissen.
    »Pscht!«, zischte Danner und drückte sein Mobiltelefon noch enger ans Ohr.
    »Hast du eine Idee?«
    Danner antwortete nicht.

    Es läutete.

    *
    »Hallo?«, hörte Danner eine Mädchenstimme am anderen Ende der Leitung.
    »Hallo Tanja, hier ist Rolf Danner«, meldete sich der Journalist.
    »Hallo«, antwortete Tanja.
    »Bist du mit deiner Mutter zu Hause?«
    »Nein, sie ist im Spital.«
    »Zu Clara gegangen?«
    »Ja. Clara geht es etwas besser, aber die Leute im Krankenhaus wollen sie nur entlassen, wenn sie von jemandem nach Hause begleitet wird.«
    »Das ist sehr nett von deiner Mutter, Clara beizustehen.«
    »Hm«, machte der Teenager. Offenbar war ihre Mama momentan bei ihr nicht in hohem Kurs. Dann sagte sie doch: »Wollten Sie mit ihr sprechen?«
    »Nein, Tanja, ich wollte mit dir reden.«
    »Mit mir? Warum?«, fragte die junge Serbin mit Schweizer Pass.
    Der Zürcher Journalist nahm das Misstrauen in der Stimme von Tanja wahr, ging daher behutsam vor. »Weißt du, Tanja. Ich finde es schrecklich, was Mina passiert ist.«
    »Hm.«
    Wieder dieses Wort. Wieder dieses Auf-der-Hut-Sein. Der Journalist wusste, dass er jetzt sehr vorsichtig sein musste, wenn er Informationen wollte. »Also, ich finde es schrecklich. Vor allem für den Freund von Mina.«
    Er wartete einen Augenblick.
    Keine Antwort.
    »Sie hat doch einen Freund, oder?«
    Kein Laut kam von ihr. Das war auch eine Antwort.
    »Also, hm, Mina hat einen Freund.«
    Immer noch keine Antwort des Mädchens, nur ein gepresstes Ausatmen.
    Danner ließ nicht locker. »Dieser Freund von Mina? Ist das ein richtiger Freund?«
    Plötzlich ein scharfes Zischen in der

Weitere Kostenlose Bücher