In der Hitze der Stadt
Baumer wissen.
»Könnte es einer ihrer Lehrer gewesen sein? Ein alter geiler Bock, der sich vielleicht schon an das Mädchen herangemacht hatte. Als er fürchtete, dass sie reden würde, machte er es kurzerhand kalt.«
Baumer runzelte die Stirn.
Als Heinzmann das sah, schüttelte er sogleich sachte den Kopf. Sein Freund hatte Recht. Das mit dem Lehrer könnte sein, aber war doch sehr unwahrscheinlich. Der gut trainierte Wachtmeister klatschte seine Hand auf den Tisch. »Der Vater ist und bleibt mein Hauptverdächtiger.«
»Okay«, sagte Baumer. »Auch ich finde, dass Erin Azoglu der Täter ist.«
Seine drei Freunde waren zu schlapp, um das großartig zu kommentieren.
»Also, dann machen wir jetzt Nägel mit Köpfen«, trieb Baumer das Gespräch voran. »Einverstanden?«
»Einverstanden«, bestätigte der Wachtmeister sofort.
»Klar, einverstanden. Jetzt legen wir los«, wurde Danners Stimme wieder munter.
Regazzoni begann heftig zu schnaufen. »Porca miseria«, entfuhr es dem Mediziner erneut, und er knallte seine schlanken Hände auf den Bistrotisch. Ein bisschen zu hart, denn sie taten ihm sogleich weh. »Verdammt, Baumer, hoffentlich nicht wieder eine von Ihren berüchtigten Aktionen.« Er schnaufte schwer wie ein Ackergaul im Morast. »Die … die kosten mich irgendwann noch meinen Job. Maledetto !«
»Einverstanden, Regazzoni?«, wiederholte der Kommissar mit sonorer Stimme.
Der Gerichtsmediziner aus dem Süden der Schweiz beruhigte sich langsam, blies die Luft wie ein Pferd aus. »Also gut, wenn es denn unbedingt sein muss.«
»Ob du einverstanden bist?«
»Ja, ich gebe mein Einverständnis«, sagte er gehässig und schob ein letztes, leises Maledetto hinterher.
Dann besprachen sie sich, machten einen Plan.
Sofort hatte einer der Herren wieder Gewissensbisse.
Sogleich beruhigten ihn die drei anderen. Es müsse doch sein, es gehe doch nicht anders.
Dann nickte der Ängstliche doch und gab seine Zustimmung.
Also standen sie auf, zahlten und legten los.
11
Die vier Freunde hatten einen Plan geschmiedet, wie sie Erin Azoglu des Mordes an seiner Tochter überführen könnten – wenn er es denn war. Beweise hatten sie keine. Sie müssten sie kreieren. Das wäre schlimm, doch es musste sein. Alles Weitere ergäbe sich mit dem Geständnis des Türken. Nun gab es noch einige wichtige Dinge für die von ihnen vorgesehene Aktion vorzubereiten. Die vier trennten sich daher, jeder ging seines Weges, machte sich an seine Aufgabe.
Baumer selbst ging vom ilcaffè zum Spiegelhof. Er war per SMS von Schneider zu einer sofortigen Unterredung bestellt worden. Obwohl die Strecke dahin kurz war, schwitzte Baumer erneut sein Hemd durch. Nach wenigen Schritten fühlte er sich bereits, als kochte man ihn.
Als er endlich in den schattigen Innenhof des Polizeistützpunktes trat, betrachtete er einen Moment lang die Skulptur, die an einem kleinen Brunnenbecken aufgestellt worden war. Seit Baumer an einem Mordfall in der Kunstszene ermittelt hatte, kannte er sich ein wenig mit Kunst aus. Besonders Bildhauereien hatten es ihm seither angetan. Zum Glück war Basel reichlich ausgestattet mit öffentlichen Kunstwerken. Überall, wo der Staat baute, machte er auch Geld frei, um die Gebäude zu schmücken. Hier im Hof stand eine Skulptur von Willi Hege. Sie hieß »Gebändigte Kraft« und zeigte eine bronzene Schlange, die sich heftig wand und versuchte, ihren Gegner mit den Reißzähnen zu erwischen. Doch ein mächtiger Dolch – das reichlich plakative Motiv für die Staatsgewalt – hatte das Monster schon aufgespießt.
»Ich wurde auch erstochen«, sagte Mina.
»Ja, ich weiß«, antwortete Baumer dem Mädchen, das er beinahe körperlich neben sich fühlte. Der Schweiß lief ihm über die Augenbrauen in die Augen.
»Aber die Gerechtigkeit wird siegen, nicht wahr, Andi?«
»Ja, die Gerechtigkeit wird siegen.«
»Du findest also meinen Mörder?«
»Sicherlich«, verabschiedete er sich von dem Mädchen, das im Innenhof stehen blieb, während er durch die Eingangstür trat.
Hinter Baumer schloss sich die schwere Tür. Er hatte erwartet, dass ihn sogleich gekühlte Luft einhüllen und wieder auf angenehme Betriebstemperatur bringen würde, aber nichts dergleichen geschah. Die Luft im Spiegelhof war stickig, abgestanden und brühwarm. Vorne an der Treppe war ein Blatt Papier mit einer Information hingehängt.
»Die Klima ist kaput. Reperatur habe angerufen.«
Der Kommissar stöhnte auf, aber nicht wegen der
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